Der Saal 401 im Wiener Landl ist gesäumt von Polizeibeamten, denn es wird gegen jenen 23-Jährigen verhandelt, der im Dezember in den frühen Morgenstunden dem Rapid-Kicker Guido Burgstaller einen „Schicksalsschlag“ versetzte. Der junge Niederösterreicher kommt nun erstmals zu Wort: „Ich kann mir die Kurzschlussreaktion nicht erklären.“ Er wird zu einer Bewährungsstrafe von 16 Monaten verurteilt.
Selten sind die Sicherheitsmaßnahmen im Wiener Landesgericht so hoch, wie bei dem Prozess gegen einen 23-Jährigen. Das aber wohl eher zum Schutz des Angeklagten. Auch Kameras dürfen den Saal 401 unter keinen Umständen betreten, Beamte kontrollieren immer wieder Zuschauer, die ihr Handy in der Hand haben.
„Sind von heimtückischer Attacke ausgegangen“
Denn es geht heute um den verheerenden Schlag gegen Rapid-Kicker Guido Burgstaller am 14. Dezember vor dem Wiener Nachtklub „Volksgarten“. Das Opfer knallte auf den Asphalt, erlitt einen Schädelbasisbruch. Der Anfangsverdacht der Staatsanwaltschaft: absichtlich schwere Körperverletzung. „Wir sind vom Schlimmsten ausgegangen, und zwar, dass es eine heimtückische Attacke war aufgrund der Tätigkeit von Herrn Burgstaller als Profifußballer“, erklärt die Anklägerin.
Morddrohungen nach Faustschlag
Der junge Niederösterreicher sitzt nun „nur“ wegen schwerer Körperverletzung vor dem Einzelrichter – eine Absicht war nämlich nicht gegeben. „Es waren alle alkoholisiert, aber das tut eigentlich in Wirklichkeit nichts zur Sache. Es geht meinem Mandanten nicht ein, warum er sich dazu hinreißen hat lassen“, kündigt Verteidiger Klaus Ainedter ein Geständnis des 23-Jährigen an.
Der Schlag ist ein Schicksalsschlag. Es hat zwei Menschenleben nachhaltig verändert.
Verteidiger Klaus Ainedter
Er möchte aber auch ins Treffen führen, dass die letzten Monate auch seinem Mandanten zugesetzt haben: „Er hat Morddrohungen bekommen. Sie können sich vorstellen, dass das alles andere als lustig war. Die Sicherheitsmaßnahmen sprechen, glaube ich, für sich.“ Nach dem folgenschweren Faustschlag saß der 23-Jährige auch kurze Zeit in U-Haft: „Er hat sich schon fast vor seiner Entlassung gefürchtet.“
Video zeigt Schlag und Sturz
Monate später erklärt der Angeklagte dem Richter: „Ich kann mir die Kurzschlussreaktion bis heute nicht erklären.“ Er sei auf der Weihnachtsfeier seines damaligen Arbeitgebers gewesen. Danach sei man in den „Volksgarten“ gegangen – genau wie Rapid-Star Burgstaller. Draußen stieß man aufeinander. Der Arbeitskollege habe dann der Freundin des Fußballers eine Rose geschenkt. „Es ist sehr schnell zu einer Streiterei und einem Geschubse gekommen“, erklärt der 23-Jährige.
Auf dem Überwachungsvideo ist davon aber wenig zu sehen. Burgstaller steht mit beiden Händen in den Hosentaschen vor dem jungen Mann, der mit der linken Hand ausholt und zuschlägt. Der Kicker taumelt zurück und schlägt mit dem Kopf auf. „Der schaut aber alles andere als aggressiv aus“, hält der Richter dem 23-Jährigen vor. Er stimmt zu ...
Burgstaller lehnt Entschuldigung ab
Guido Burgstaller selbst kann am Zeugenstand zu dem Angriff nicht mehr viel sagen: „An den Vorfall selbst kann ich mich eigentlich nicht erinnern.“ Um sechs Uhr früh hätte er sich mit seiner weiblichen Begleitung um ein Taxi bemüht. „Wir haben wegen des Preises verhandelt. Dann ist nichts mehr. Das Nächste ist, dass ich im Krankenhaus aufgewacht bin.“ Versöhnlich ist der Kicker nicht. Eine Entschuldigung von seinem reumütigen Angreifer lehnt er entschlossen ab.
Ich riech‘ nix. Ich schmeck‘ nix. Ich hab‘ mit dem linken Ohr und linken Auge Probleme.
Guido Burgstaller im Zeugenstand
Was den Richter natürlich interessiert: Wie geht es dem Profi-Fußballer jetzt? „Körperlich geht's mir wieder sehr gut.“ Er habe eine Reha gemacht, trainiere gerade wieder für sein Comeback. Was noch bleibt: „Ich riech‘ nix. Ich schmeck‘ nix. Ich hab‘ mit dem linken Ohr und linken Auge Probleme.“ Außerdem habe ihn der SK Rapid nur acht Wochen weiter bezahlt, seitdem würde er nichts mehr verdienen.
140.000 Euro Privatbeteiligtenanschluss
Er schließt sich mit 80.000 Euro Schadensersatz an. Der Fußballverein selbst möchte 60.000 Euro von dem 23-Jährigen. Verteidiger Klaus Ainedter übergibt noch im Prozess 4200 Euro – das errechnete Schmerzensgeld – an den Privatbeteiligtenvertreter von Burgstaller. Über den Rest müsse man zivilrechtlich streiten.
Strafrechtlich fasst der junge Niederösterreicher 16 Monate bedingte Haft aus – nicht rechtskräftig. „Sie haben hier aus Dummheit und Impuls gehandelt. Es ist vollkommen irrelevant, was für Alkohol das Opfer intus hatte. Der Sturz ist Ihnen zuzurechnen“, begründet der Richter. Dennoch: „Wer einen einmaligen Fehltritt begeht, den braucht man nicht gleich ins Gefängnis zu stecken.“ Der 23-Jährige bittet um Bedenkzeit.
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