Im Prozess gegen Gérard Depardieu (76) wegen sexueller Übergriffe auf zwei Frauen während der Dreharbeiten zu „Les Volets Verts“ im Jahr 2021 hat die Staatsanwaltschaft am Donnerstag eine 18-monatige Bewährungsstrafe gefordert.
Das Missbrauchsverfahren gegen Depardieu zeigt nicht nur einen berühmten Schauspieler auf der Anklagebank – es offenbarte einen tiefen und notwendigen gesellschaftlichen Wandel. Hier prallen zwei Welten aufeinander: eine Vergangenheit, in der Männer ungestraft zupacken konnten und übergriffiges Verhalten als harmloses Kavaliersdelikt galt, und eine Gegenwart, in der solche Taten strafrechtlich verfolgt werden.
Depardieu ist wegen sexueller Übergriffe auf zwei Frauen bei Dreharbeiten in einer Pariser Wohnung 2021 angeklagt. Beide schilderten vor Gericht, dass sie der Schauspielere an Po und Busen begrapscht habe. Der Beschuldigte räumte zwar den Gebrauch vulgärer Sprache ein, wies aber die Vorwürfe sexueller Übergriffe zurück.
„Es handelte sich eindeutig um sexuelle Übergriffe“, konstatiert Staatsanwalt Laurent Guy am Donnerstag in Paris. Der Angeklagte habe die niedrige soziale Stellung der gegen ihn klagenden Frauen und seinen Status als Schauspielstar ausgenutzt.
Höchststrafe beträgt in dem Fall fünf Jahre Haft
Die Staatsanwaltschaft fordert neben der 18-monatigen Bewährungsstrafe eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 Euro, eine Entschädigungszahlung an seine Opfer, die Verpflichtung zur psychologischen Betreuung, sowie die Eintragung ins Sexualstraftäterregister. Depardieu wies die Anschuldigungen zurück.
Heult doch, Ihr hysterischen Lügnerinnen!
Gérard Depardieu
Bild: AFP
Der preisgekrönte Schauspieler hat in mehr als 200 Filmen gespielt und war eine gefeierte französische Filmikone. Seit Jahren melden sich immer mehr Frauen zu Wort, die Depardieu sexuelle Übergriffe vorwerfen. Der Darsteller bestreitet sämtliche Anschuldigungen und sieht sich als Opfer einer „medialen Lynchjustiz“.
„Er ist nicht so wie die Rollen, die er gespielt hat“
Depardieus Verteidigung habe während des Prozesses vor allem eine „Rechtfertigung von Sexismus“ geliefert, kritisierte die Anwältin Claude Vincent, die eine der Klägerinnen vertritt. Der Prozess zeige, dass der Künstler nicht vom Menschen getrennt werden könne. „Er ist nicht so wie die Rollen, die er gespielt hat. Er ist Gérard Depardieu, und er ist frauenfeindlich.“
Am Vortag hatten vier Zeuginnen ähnliche Erfahrungen mit Depardieu beschrieben wie die Klägerinnen: Grapschereien unter der Unterwäsche, zwischen den Beinen, an den Brüsten, Gestöhne und obszöne Bemerkungen. Die Vorfälle ereigneten sich zwischen 2007 und 2015 und hatten nicht zu Anzeigen geführt. „Mit 20 ist es nicht so einfach, auf eine Polizeiwache zu gehen und gegen Herrn Depardieu Klage einzureichen“, sagte eine von ihnen.
Die Verteidigung ließ ihrerseits mehrere Zeugen auftreten, die am Drehtag anwesend waren, aber von den von den Klägerinnen beschriebenen Vorfällen nichts mitbekommen haben. Depardieus Anwalt Jérémie Assous wies Vorwürfe zurück, dass Depardieu mehrfach seine Darstellung geändert habe. Er zeigte sich den Nebenklägerinnen gegenüber aggressiv und fuhr sie an: „Heult doch, Ihr hysterischen Lügnerinnen.“
Die mit Depardieu befreundete Schauspielerin Fanny Ardant verteidigte ihrerseits den Angeklagten. „Ich habe niemals eine unangemessene Geste beobachtet“, schilderte die 76-Jährige am Mittwoch. In dem Film, bei dessen Dreharbeiten es zu den mutmaßlichen sexuellen Übergriffen kam, spielt Ardant die Hauptrolle. „Ich weiß, dass man zu Gérard Nein sagen kann“, fügte sie hinzu.
Weitere Verfahren könnten folgen
Es ist das erste Missbrauchsverfahren gegen den Schauspieler, der jahrzehntelang zu den bekanntesten und beliebtesten Darstellern Frankreichs zählte. Insgesamt haben etwa 20 Frauen öffentlich Missbrauchsvorwürfe erhoben, davon zwei wegen Vergewaltigung. Eine der Frauen, die Depardieu eine zweifache Vergewaltigung vorwirft, ist die Schauspielerin Charlotte Arnould, die bei dem laufenden Prozess im Gerichtssaal saß. Sie war die Erste, die den Filmstar 2018 angezeigt hatte. Eine Entscheidung darüber, ob es in ihrem Fall zu einem Prozess kommt, steht noch aus.
Depardieu hatte lange zu den Vorwürfen geschwiegen und im Oktober 2023 dann in einem offenen Brief erklärt, er habe „niemals eine Frau missbraucht“. Er sei sein Leben lang „provokant, überschwänglich und manchmal grob“ gewesen, „aber nie ein Vergewaltiger“.
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