„Ist ein Systemfehler“

Rechtspraktikant klickte sich unbefugt durch Akten

Gericht
28.03.2025 14:00

Er wollte eigentlich selbst Richter werden und jetzt sitzt er im Wiener Landl – seinem früheren Arbeitsplatz – vor einem. Der 27-jährige Jurist soll unbefugt elektronische Akten eingesehen haben, obwohl er als Praktikant gar nicht mehr dem Strafgericht zugeteilt war. Sein Verteidiger spricht von einem „Systemfehler“. Der Schöffensenat entscheidet schnell.

„Das ist ein eher ungewöhnliches Verfahren“, leitet die Staatsanwältin im Wiener Landl ein – mit Blick auf den 27-jährigen Juristen, in der Mitte des Saals. Das graue Haus ist für ihn nicht fremd. Anfang 2023 war er dort als Rechtspraktikant bei einer Strafrichterin tätig. Jetzt sitzt er vor einem ihrer Kollegen auf der Anklagebank. Der Vorwurf: Amtsmissbrauch.

„Das ist ein Systemfehler“
Nach seiner Zeit im Landl ging es für ihn mit seiner Rechtspraxis im Landesgericht für Zivilrechtssachen weiter – den Zugang auf die elektronischen Akten von Strafsachen hatte der damalige Student aber immer noch. „Das ist ein Systemfehler“, kritisiert Verteidiger Otto Dietrich. Sein Mandant hätte weiterhin auf die sogenannten „Tasks“ seines alten Praktikums zugreifen können. Dass er dadurch einen Amtsmissbrauch begehen würde, hätte er überhaupt nicht gewusst.

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Ich finde das nicht nur als Verteidiger, sondern auch als Mensch sehr ungerecht.

(Bild: Reinhard Holl)

Verteidiger Otto Dietrich

„Mein Bestreben war, so viel wie möglich zu sehen und auch zu lernen“, versucht der 27-Jährige zu erklären. Er hätte sich gerade auf die mündliche Prüfung vorbereitet. Interessiert hätten ihn nur die Abläufe und nicht der Akteninhalt. „Er hat sie nicht durchsucht“, argumentiert Anwalt Dietrich. 

Richterin im Zeugenstand
Als Zeugin in der Causa ist auch die Strafrichterin geladen, die den jungen Wiener ausgebildet hat. Sie wird gefragt, ob sie denn ihre Praktikantinnen belehrt, dass sie nach ihrer Zeit im Landl nicht mehr auf die elektronischen Akten zugreifen dürfen. „Es war so, dass ich und alle anderen Richter nicht gewusst haben, dass das möglich ist“, gibt sie zu Protokoll. Auf diverse Datenschutzrichtlinien würde sie ihre Schützlinge aber freilich aufmerksam machen.

Angeklagter wollte selber Richter werden
Die nicht rechtskräftige Entscheidung des Schöffensenats fällt schnell: Freispruch! Für einen Amtsmissbrauch ist nämlich die Wissentlichkeit erforderlich. Herr Rat begründet: „Das glauben wir einfach nicht, dass Sie das gewusst haben.“ Eine Erleichterung für den 27-Jährigen. Trotzdem: „Er ist ein sehr guter Jurist. Er wollte Richter werden“, so Verteidiger Otto Dietrich. Trotz Freispruch sei das jetzt aber sehr schwierig ...

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