Wirtschaftsforscher fordern jetzt angesichts der anhaltenden Rezession und der Krise der Industrie, dass die Einkommen im Zuge der KV-Verhandlungen heuer weniger stark steigen sollen als die Inflation. Mit geringeren Lohnkosten wären Betriebe wieder etwas wettbewerbsfähiger. Doch die Produktionsgewerkschaft kämpft weiter für den Teuerungsausgleich.
Erst am Samstag hatte auch der Chef des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo), Clemens Fuest, Österreich in einem Ö1-Interview für heuer Lohnzurückhaltung empfohlen: „Es ist so, dass in einer stagnierenden Wirtschaft Löhne nicht steigen können dauerhaft“, so sein Argument. „Gesamtwirtschaftlich ist es klar, auf Dauer ist es nicht möglich, in einer stagnierenden Wirtschaft Löhne auszudehnen.“
„Ein Teuerungsausgleich ist das Wichtigste!“
Zuvor hatten sich schon die heimischen Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS sowie der Fiskalrat für Zurückhaltung bei den Lohnverhandlungen ausgesprochen. Dennoch will Reinhold Binder, Chef der Produktionsgewerkschaft PRO-GE, sowohl in der aktuellen Frühjahrslohnrunde als auch später im Jahr in der Herbstlohnrunde für einen Teuerungsausgleich kämpfen: „Ein Abschluss unter der rollierenden Inflation ist nicht denkbar! Ein Teuerungsausgleich ist in Zeiten wie diesen trotzdem das Wichtigste und notwendig.“ Die Arbeiter sollen nicht das Gefühl haben, sich das Leben oder die Ausbildung ihrer Kinder nicht mehr leisten zu können.
„Eine Nulllohnrunde wird es nicht geben!“
Ein besonderer Dorn im Auge sind Binder Forderungen seitens der Industrie, die Löhne heuer gar nicht anzuheben: „Eine Nulllohnrunde wird es nicht geben!“ Die PRO-GE hat ausgerechnet, was es bedeuten würde, wenn es drei Jahre lang Nulllohnrunden gäbe: Dann gingen für die Arbeiter Beträge in Höhe des Urlaubs- und Weihnachtsgelds eines ganzen Jahres verloren.
Binder bringt fünf Argumente vor, warum die Löhne auch heuer zumindest im Ausmaß der Inflation steigen sollen:
Binder: „Industrievertreter malen seit Monaten den Teufel an die Wand, wenn es um die Lohnrunden geht. Doch wir als Gewerkschaft wollen in keinster Weise eine Entwertung der Arbeit haben.“ Die Mitarbeiter seien ein Schatz, den man „nicht beschädigen oder angreifen“ sollte, sondern „hegen und pflegen“. Viele Unternehmen hätten trotzdem bereits Personal abgebaut. Binder über die Konsequenzen: „Das führt dazu, dass jene, die da sind, zusätzlichen Druck haben und jetzt mehr Arbeit stemmen müssen. Denn die Anlagen müssen ja trotzdem laufen.“
Bereitschaft zu mehr Flexibilität
Der Gewerkschafts-Boss ist aber bereit, mehr Flexibilität in die Kollektivverträge zu bringen. Beispielsweise haben die Sozialpartner beim Metaller-Abschluss für 2023 und 2024 erstmals eine Wettbewerbs- und Beschäftigungssicherungsklausel eingeführt: Unternehmen mit höherem Personalkosten-Anteil konnten die Löhne angesichts der schwierigen Wirtschaftslage in den vergangenen zwei Jahren etwas weniger anheben als andere. Binder: „In der Rückschau war das einer der schlauesten Kollektivvertragsabschlüsse.“
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