Das Schreiben war bis zuletzt ihr „Lebenszustand“. Die große steirische Autorin Barbara Frischmuth ist am 30. März 2025 im Alter von 83 Jahren in ihrer Heimat in Altaussee verstorben. Das gab ihr Verlag eben bekannt. Sie war eine Pionierin der heimischen Literaturszene.
„In meinen Adern fließen an die fünfhundert Jahre Wirtshaus“, hat Barbara Frischmuth im Gespräch mit der „Krone“ einmal gesagt. Am 30. März hat ihr Herz nach einer kurzen Krankheit zu schlagen aufgehört. Und die Trauer ist groß, denn mit Frischmuth starb eine Pionierin der heimischen Nachkriegsliteratur.
1941 kam sie als Tochter der Parkhotel-Besitzer in Altaussee zur Welt. Ihr Vater fiel im Krieg, fortan prägten starke Frauen wie ihre Mutter und ihre Tante, die Autorin war, ihren Weg. „Ich bin daher mit einem anderen Selbstbewusstsein aufgewachsen als die meisten Frauen damals. Meinem Bruder und mir wurde genau das Gleiche ermöglicht, solange wir die Mutter damit nicht belästigt haben.“ Nach der Volksschule kam sie zu den Kreuzschwestern nach Gmunden.
Durchbruch mit „Klosterschule“
Über diese Zeit schrieb sie ihren ersten Roman – „Die Klosterschule“ machte sie schlagartig berühmt, das Buch wurde in viele Sprachen übersetzt und ist auf Deutsch seit 1968 durchgehend in Druck. Es folgte eine reiche Karriere mit vielen Erfolgen – nicht nur als Romanautorin, sondern auch als Übersetzerin, Verfasserin von Hörspielen, Theaterstücken und Kinder- und Jugendbüchern.
In ihrer Literatur hat Frischmuth stets Frauen ins Zentrum gestellt, war jedoch nie eine Feministin um des sturen Feminismus’ willen. Dennoch war sie in vielen Bereichen ihrer Karriere die Erste, die Einzige.
Als erste europäische Studentin erhielt sie etwa ein Stipendium an der Universität im anatolischen Erzurum: „Ich musste in jungen Jahren die Enge der Alpen verlassen“, begründete sie ihre Entscheidung in die Türkei zu gehen, die von der Lektüre von „1001 Nacht“ inspiriert war. Viele Jahre verbrachte sie dort und wurde zu einer literarischen Brückenbauerin zwischen Orient und Okzident.
Lange war sie die „einzige Frau“
Als einzige Frau stand Frischmuth aber auch auf der Liste der Gründungsmitglieder des Forum Stadtpark. Und das obwohl sie zu dem Zeitpunkt gar nicht in Graz war – so stark war offensichtlich der Eindruck, den sie bei den Herren im Forum hinterlassen hatte: „Weibliche Groupies gab es dort zu der Zeit viele, aber ich war am Anfang die einzige Frau, die konsequent ihren literarischen Weg ging. Erst später kamen Elfriede Jelinek und andere dazu.“
Und Frischmuth war wohl auch eine der ersten Autorin, die sich derart intensiv mit dem Thema Garten auseinandergesetzt und damit auch den aktuellen Trend zum „nature writing“ vorweggenommen hat. Nach Jahren als Weltenbummlerin, ließ sie sich 1998 wieder im Ausseerland nieder, half dort nicht nur ein Literaturmuseum aufzubauen, sondern kultivierte hinter ihrem Haus auch ein blühendes Paradies, das mit Büchern wie „Der unwiderstehliche Garten“ auch in den Mittelpunkt ihrer literarischen Tätigkeit rückte.
Schreiben war für sie „Lebenszustand“
Im Jahr 2019 kehrte sie mit dem Roman „Verschüttete Milch“ noch einmal in ihre Kindheit zurück und formte aus ihren Erinnerungen große Literatur. Und auch im hohen Alter fühlte sie sich für ihre literarische Arbeit alles andere als zu alt: „Das Schreiben ist für mich ja nicht nur ein Beruf, aus dem ich mich irgendwann in die Pension verabschieden hätte können“, sagte sie – und weiter: „Das Schreiben ist für mich ein Lebenszustand. In meinem Hirn gären unentwegt neue Geschichten. Welche davon noch rauskommen, das wird die Zeit zeigen.“
Nach einem Leben voller wunderbar ausgegärter Geschichten, ist nun die Zeit gekommen, sich von Barbara Frischmuth zu verabschieden.
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