Die rechtsnationale französische Politikerin Marine Le Pen (56) ist am Montag wegen Veruntreuung von EU-Geldern verurteilt worden. Ihr Traum, Präsidentin zu werden, ist damit vorerst geplatzt. Das Urteil war kaum verkündet, schon meldeten sich ihre Verbündeten zu Wort.
Die 56-Jährige wurde in Paris zu zwei Jahren Hausarrest mit Fußfessel sowie zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Zudem erhielt sie eine Geldstrafe von 100.000 Euro und ein fünfjähriges Politikverbot. Dadurch kann sie aller Voraussicht nach nicht bei der Präsidentschaftswahl 2027 kandidieren.
Anwalt kündigt Berufung gegen Urteil an
Nach Angaben ihres Anwalts wird Le Pen allerdings Berufung gegen ihre Verurteilung einlegen. Das Urteil sei ein „Schlag für die Demokratie“, sagte Rodolphe Bosselut vor der Zentrale von Le Pens Partei Rassemblement National (RN) in Paris. Le Pen bleibe weiter „kämpferisch“, betonte ein Parteisprecher.
Die Verurteilung sorgte besonders im rechtspopulistischen Lager in Europa für Empörung.
Vilimsky: „Skandal-Urteil“
Der FPÖ-EU-Parlamentarier Harald Vilimsky sprach auf X von einem „Skandal-Urteil“. „Linke Justiz als Waffe, wenn es mit den Wahlen nicht mehr klappt. Das neue EUropa hat heute die Demokratie beerdigt“, schrieb der Delegationsleiter der Freiheitlichen in Brüssel. Die FPÖ und Le Perns Partei sind im EU-Parlament in derselben Fraktion (Patrioten für Europa, PfE).
Italiens Vize-Regierungschef Matteo Salvini sah in der richterlichen Entscheidung ein Übergehen des demokratischen Willens der Franzosen. „Diejenigen, die das Urteil der Wähler fürchten, sehen sich oft in den Urteilen der Gerichte bestätigt“, erklärte er.
Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders zeigte sich auf X „schockiert über das unglaublich harte Urteil“ gegen Le Pen. Er sei jedoch zuversichtlich, dass „sie die Berufung gewinnen und die Präsidentin Frankreichs werden wird“. „Je suis Marine!“ (
„Je suis Marine!“
Auch Ungarns Regierungschef Viktor Orbán drückte Le Pen in Reaktion auf das Urteil seine Unterstützung aus. „Je suis Marine!“ („Ich bin Marine“) der 61-Jährige auf Französisch auf X.
Damit spielte er auf den Slogan „Je suis Charlie“ an, der nach dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“ 2015 Solidarität mit den ermordeten Redaktionsmitgliedern symbolisierte. Orbán hatte Le Pen in der Vergangenheit aufgerufen weiterzukämpfen, wie andere verurteilte „Patrioten“.
Empörung auch in Russland
Auch Russland meldete sich zu Wort. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warf europäischen Regierungen die Verletzung demokratischer Regeln vor. „Immer mehr europäische Hauptstädte beschreiten den Weg der Verletzung demokratischer Normen“, sagte er, als er auf das Urteil angesprochen wurde.
Zwischen dem Kreml und Le Pens RN bestehen seit Jahren enge Verbindungen, wie ein Bericht des französischen Parlaments aus dem Jahr 2023 dokumentierte. Russland pflegt zu vielen rechtspopulistischen Parteien Europas gute Kontakte und wird immer wieder der Einmischung in Wahlen in westlichen Demokratien bezichtigt. Parteien wie der RN vertreten häufig pro-russische Positionen.
Urteil wegen großer Beliebtheit Le Pens heikel
Für den RN und Le Pens politische Ambitionen ist das Ergebnis des Prozesses ein Desaster. Der vorübergehende Verlust des passiven Wahlrechts ist in Frankreich eine gängige Strafe, wenn Politiker wegen Korruption und Untreue verurteilt werden. Dennoch gilt es aufgrund der großen Beliebtheit von Le Pen als heikel – auch moderate Politiker hatten Bedenken angemeldet, da es das Narrativ befeuern könnte, das Urteil sei politisch motiviert, um Le Pen als Präsidentin zu verhindern.
Rassemblement National so stark wie nie
Das Debakel vor Gericht trifft die rechtsnationale Partei in Frankreich in einem ungünstigen Moment, denn schon seit einer Weile ist sie beständig auf dem Vormarsch und im Parlament inzwischen so stark vertreten wie noch nie. Die von ihrem kürzlich gestorbenen Vater Jean-Marie gegründete rechtsextremistische Front National benannte Marine Le Pen 2018 in Rassemblement National um und verzichtete auf allzu radikale Positionen, um sie auch in breiteren Schichten der Bevölkerung wählbar zu machen.
Der bisherige Plan war gewesen, dass bei einem Sieg Le Pens bei der Präsidentschaftswahl und einem Sieg ihrer Partei bei der nachfolgenden Parlamentswahl RN-Chef Jordan Bardella (29) Premierminister geworden wäre. Ob Bardella nun für das Präsidentenamt kandidieren will, ist noch nicht bekannt.
Bardella bezeichnete den Schuldspruch seiner Parteikollegin Le Pen als Todesstoß für Frankreichs Demokratie. „Es ist nicht nur Marine Le Pen, die heute ungerechterweise verurteilt wurde: Das ist die Hinrichtung der französischen Demokratie“, schrieb er auf der Plattform X.
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