Einsparmaßnahmen machen es nötig, doch die geplante Abschaffung des Klimabonus könnte für viele Österreicher zu einem finanziellen Albtraum werden. Während die Regierung auf Budgetsanierung setzt, zeigen zwei aktuelle Studien nun ein alarmierendes Bild.
Seit 2022 gilt in Österreich eine CO2-Bepreisung bei Heiz- und Kraftstoffen, der zur Kompensation der Mehrkosten eingeführte Klimabonus soll zur Budgetsanierung wieder abgeschafft werden. Eine ersatzlose Streichung würde aber vor allem Menschen in ärmeren Haushalten und am Land treffen, zeigen die am Montag präsentierten Studien.
Kosten steigen damit für alle
Die CO2-Bepreisung sei ein international verbreitetes, wirksames Instrument zur Emissionsreduktion, betonte Thomas Leoni, Leiter der Wirtschaftsfakultät der Fachhochschule Wiener Neustadt, bei einem Online-Pressegespräch von „Diskurs. Das Wissenschaftsnetz“. Ohne Kompensationsmaßnahme würden dadurch aber laut Berechnungen im Projekt FAREcarbon die Lebenshaltungskosten in allen Einkommenszehnteln steigen.
Am stärksten wäre die Belastung demnach für einkommensärmere Haushalte insbesondere im ländlichen Raum, wo die Abhängigkeit vom Auto und von fossilen Brennstoffen zum Heizen größer ist.
Effekte könnten abgefedert werden
In Haushalten mit wenig Geld und hohen Energie- und Kraftstoffausgaben steigen durch die CO2-Bepreisung die Lebenshaltungskosten etwa doppelt so stark an wie für einen durchschnittlichen Haushalt, zeigt eine ebenfalls bei dem Termin vorgestellte Untersuchung zu steirischen Haushalten der Expertin für Wetter- und Klimarisikomanagement, Judith Köberl, von Joanneum Research. Werden die Einnahmen an die Haushalte refundiert, können diese Effekte allerdings abgefedert und soziale Ungleichheiten reduziert werden.
Regierungsplan treffsicher genug?
Im aktuellen Regierungsprogramm ist derzeit nur vorgesehen, dass es zu einer „Teilkompensation für Pendlerinnen und Pendler in Form eines Absetzbetrages ab 1.1.2026“ kommen soll, wobei dieses laut Leoni derzeit weder treffsicher gestaltet ist, noch höhere Kosten bei Heizen und Wohnen ausgleichen würde. Der Klima-Sozialfonds der EU, der Belastungen durch den Emissionshandel für Gebäude und Verkehr abfedern soll, wird wiederum erst ab 2027 schlagend.
„Durch die Komplettabschaffung vom Klimabonus ist zu erwarten, dass vulnerable Gruppen die Last etwas stärker tragen“, betonte Köberl. Aus Sicht der Studienergebnisse wäre zu bevorzugen, den Klimabonus zumindest den vulnerablen Gruppen weiter auszubezahlen. Einen Einsparungseffekt fürs Budget hätte das trotzdem. Bisher wurde nämlich mehr Geld über den Klimabonus ausgezahlt, als über die CO2-Bepreisung eingenommen wurde, wie Leoni betonte.
Soziale und regionale Staffelung
Er und Köberl stellten auch die laut ihren Studien sinnvollsten Kompensationsmethoden vor. Laut dem FAREcarbon-Projekt würde sich ein Klimabonus am besten zum Ausgleich von sozial unerwünschten Effekten und zur Verminderung von Ungleichheit eignen, vor allem bei einer sozialen Staffelung der Auszahlung.
Alternative Kompensationsmaßnahmen wie eine Mehrwertsteuersenkung auf lebensnotwendige Güter brächten zwar etwas geringere Lebenshaltungskosten für alle, aber keine signifikante Verringerung der sozialen Ungleichheit. Eine Senkung der Lohnnebenkosten wiederum könnte den Anstieg der Lebenshaltungskosten in keiner Einkommensgruppe kompensieren. Auch regionale Unterschiede dürften nicht ausgeblendet werden.
Teilweise Überkompensation möglich
Laut Köberls Berechnungen können Rückvergütungssysteme, die stärker auf vulnerable Gruppen oder einkommensschwächere Haushalte abzielen, negative Wohlfahrtseffekte einer CO2-Bepreisung und Einkommensungleichheiten wirksamer verringern als eine pauschale Rückvergütung. Auch eine regional differenzierte Rückvergütung, ähnlich wie bisher beim Klimabonus, schneidet etwas besser ab.
Nachdem bei all diesen Systemen die ärmeren Haushalte sogar eine Überkompensation erhielten, könnten aus Köberls Sicht Teile der Einnahmen auch für Begleitmaßnahmen verwendet werden, die einen Umstieg auf ein emissionsärmeres Verhalten erleichtern – sei es ein Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel, gratis Öffi-Nutzung für einkommensschwache Haushalte oder zusätzliche Subventionen für Heizsystemtausch und thermische Gebäudesanierung.
Grüne sehen sich bestätigt
Die Grünen, auf deren Wunsch die Einführung des Klimabonus in der vergangenen schwarz-grünen Bundesregierung zurückgeht, sahen sich am Montag durch die Studien in ihrer Kritik an der Abschaffung bestätigt. Klimaschutz funktioniere nur, wenn man auch die Bevölkerung mitnehme und sich klimafreundliches Verhalten auszahle, so Budgetsprecher Jakob Schwarz. „Eine CO2-Bepreisung ohne Kompensation ist das genau nicht. Wir unterstützen Verbesserungen, insbesondere eine soziale Staffelung, aber eine Streichung des Klimabonus wäre kontraproduktiv und würde die Wirtschaft nur schädigen.“
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