Wegen Budgetloch

Österreich braucht jetzt eine Föderalismusreform

Innenpolitik
03.04.2025 05:55

Die angespannte Finanzsituation sollte von der Politik zum Anlass genommen werden, um echte Strukturreformen anzugehen. Das erwarte sie sich nach dem Gipfel zwischen Bund, Gemeinden und Ländern, sagt Wifo-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller im Gespräch mit der „Krone“.

Am Mittwochabend verkündeten die Politgranden der Nation nach einem Krisengipfel im Kanzleramt Unangenehmes. Kanzler und Regierung, Länder-. und Gemeindevertreter versuchten, rund um die jüngst bekannt gewordene Budgetdefizit-Explosion Panik zu vermeiden. Man argumentierte Gemeinsamkeit, um die schwierige Situation zu meistern. ÖVP-Kanzler Christian Stocker: „Es braucht weitere Anstrengungen.“ Da sind sich einmal alle einig.

Die größten Sparpotenziale liegen in Strukturreformen und im Sozialbereich. „Eine große Föderalismusreform wäre der zentrale Hebel, um mittelfristig Effizienzpotenziale zu heben“, sagt Wifo-Budgetexpertin Schratzenstaller. Bei einer solchen Reform sollten alle wichtigen Bereiche auf den Tisch gelegt werden, dann sei zu überlegen, „wie man diese möglichst rational verteilt, möglichst ohne Doppelgleisigkeiten und Überschneidungen.“ Im Wesentlichen geht es hier um Spitäler, Kindergärten und Altenpflege.

Wifo-Budgetexpertin Schratzenstaller (Bild: Jöchl Martin)
Wifo-Budgetexpertin Schratzenstaller

Neben der Aufgabenentflechtung sollte es auch wieder um das Thema Abgabenautonomie für Länder und Gemeinden gehen. „Ein heißer Kandidat hier ist die Grundsteuer. Aber auch auf Länderebene könnte man sich überlegen, ob man nicht doch mehr Abgabenautonomie braucht.“ Das wäre die Grundlage dafür, die Verantwortlichkeit zu stärken und die Verbindung zwischen Aufgaben, Ausgaben und Einnahmenverantwortung herzustellen. Salzburgs Landeshauptmann Haslauer hat in diese Richtung angedeutet.

Kurzfristig ist budgetär nicht mehr drinnen als das, was die Regierung bereits nach Brüssel gemeldet hat, bestätigt Schratzenstaller die Argumentationslinie von Finanzminister Markus Marterbauer. Es wäre schwierig, „substanziell mehr aufzustellen oder zumindest so viel mehr aufzustellen, dass man das Defizitverfahren vermeiden kann“. Es sei schon eine Herausforderung, die 6,4 Milliarden noch heuer umzusetzen. „Wir haben schon Anfang April“, so Schratzenstaller. Spannend wird es, was in den Ministerien eingespart werden soll. Das werden wir Mitte Mai mit der Budgetrede erfahren.

  • Die Budgetkonsolidierung ist durch jüngste Zahlen für das Jahr 2024 noch einmal erschwert worden, betrug das Defizit im Vorjahr doch erstaunlich hohe 4,7 Prozent des BIP. Dafür verantwortlich waren auch überraschend starke Abgänge bei den Ländern.
  • Insgesamt konzentriert sich die Schuldenlast stark auf den Bund: Die Gesamtschuldenquote Österreichs lag im Vorjahr bei 81,8 Prozent des BIP. 70,8 Prozent entfielen auf den Bund.
  • Einziges Land mit einem positiven Budget-Saldo 2024 war Oberösterreich (plus 29,8 Mio. Euro). Am höchsten fiel das Minus 2024 mit 1,67 Mrd. Euro in Wien (exklusive Landeskammern) aus, gefolgt von der Steiermark (525,5 Mio.) und Niederösterreich (486,5). Salzburg kam auf einen negativen Saldo von 330,8 Mio. Euro, in Kärnten waren es 184,0 Mio., in Vorarlberg 150,8 und im Burgenland 141,2 Mio. Euro.

Kurzfristig nur Steuererhöhungen möglich
Die einzige Möglichkeit, kurzfristig etwas zu machen, wären Steuererhöhungen in relativ großem Umfang. „Das ist angesichts der Konjunktursituation natürlich auch nicht sehr gescheit.“ Überhaupt solle man wegkommen davon, „was kann man jetzt alles kurzfristig machen kann, denn da sind die Spielräume relativ begrenzt“.

Selbstbehalte in Diskussion
Gemeindebund-Präsident Pressl plädierte zuletzt für eine Debatte über Selbstbehalte, um besser zu steuern, wie gewisse öffentlichen Dienstleistungen genutzt werden. Man solle etwa über Ambulanzgebühren oder Rettungsdienstbeiträge nachdenken, wenn es sich nicht um Notfälle handelt. Als Beispiele nannte er auch die Nutzung kostenloser Kindergartenangebote an den Randzeiten, obwohl Eltern die Kinder leicht auch früher holen könnten, oder Anmeldungen für Gratis-Sommerbetreuung, die dann doch nicht genutzt wird und wo dann Personal umsonst im Dienst steht und bezahlt werden muss.

Der Zeitpunkt für große, schmerzhafte Reformen ist ideal, nicht nur wegen des Budgetdrucks. Nach der Wien-Wahl am 27. April kommt eine lange, wahlfreie Zeit. Die nächsten großen Wahlen sind die Landtagswahlen in Oberösterreich und Tirol 2027. 

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