Angesichts der Budgetmisere muss das Land Vorarlberg sparen. Unter anderem hat die Landesregierung eine Strukturreform für die Spitäler angekündigt. Obwohl konkrete Eckpunkte noch ausstehen, läuten bei der Ärztekammer bereits die Alarmglocken.
Zu teuer, zu kleinteilig, zu bürokratisch: Dass die Krankenhausstruktur in Vorarlberg erheblichen Reformbedarf aufweist, ist wahrlich keine neue Erkenntnis. Nun aber scheint das Land tatsächlich ernst mit einer echten Strukturreform machen zu wollen. Landeshauptmann Markus Wallner hat eine solche im Zuge seiner Rede bei der „Aktuellen Stunde“ am Mittwoch angekündigt, die zuständige Landesrätin Martin Rüscher (ÖVP) tat selbiges im Rahmen eines Interviews mit den Vorarlberger Nachrichten. Rüscher scheint bereits in Gefechtsbereitschaft zu sein: „Das wird richtig viel Wirbel geben, aber wir werden das durchziehen.“
Ärzte fordern bessere Arbeitsbedingungen
Eine Aussage, die bei der Ärzteschaft nicht sonderlich gut ankommt: „Die Spitalsärztinnen und Spitalsärzte werden keinen Wirbel machen, solange die Maßnahmen nicht nur die Kostendämpfung zum Ziel haben, sondern auch nachhaltig die Arbeitsbedingungen verbessern“, sagt Hermann Blaßnig, Kurienobmann der angestellten Ärzte in der Vorarlberger Ärztekammer. Er betont, dass die schlechten Arbeitsbedingungen die größte Herausforderung für die Versorgungssicherheit seien und verweist auf eine aktuelle Spitalsärztebefragung: Demnach ist für 60 Prozent der Befragten die Arbeit im Spital unangenehmer geworden. Fast 40 Prozent der Arbeitszeit muss für Administration aufgewendet werden, diese Zeit fehlt für die Versorgung der Patienten. Als weitere Mankos wurden angeführt: mangelnde Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit, zu lange Arbeitszeiten, zu viele Überstunden und Nachtdienste, Personalmangel und zunehmende Patientenströme. Das Resultat dieser Mängelliste: Nur noch wenige der Befragten können sich vorstellen, den Job im Spital bis zur Pension zu machen.
Die Spitalsärztinnen und Spitalsärzte werden keinen Wirbel machen, solange die Maßnahmen nicht nur die Kostendämpfung zum Ziel haben, sondern auch nachhaltig die Arbeitsbedingungen verbessern.
Hermann Blaßnig, Kurienobmann der angestellten Ärzte in der Vorarlberger Ärztekammer
„Land und Krankenhausmanagement kennen diese Ergebnisse, die nichts anderes als ein Hilferuf der Betroffenen sind“, sagt der Kurienobmann. Jetzt anzukündigen, dass man die Strukturreform durchziehen werde, auch wenn es Wirbel gebe, lasse vermuten, dass dieser Hilferuf bewusst überhört werde.
Strukturreform als Spagatakt
Den Reformbedarf stellt auch Blaßnig außer Streit: So sei es etwa sinnvoll, Fachabteilungen an bestimmten Standorten zusammenzulegen. Allerdings nütze es nichts, kostengünstige Strukturen zu schaffen, wenn sich keine Ärzte mehr finden, die sich die Arbeit antun wollen. Dass eine Massenabwanderung fatal wäre, weiß natürlich auch das Land. So weist etwa die aktuelle Ärztebedarfsstudie einen zusätzlichen Bedarf von 70 Fachärzten bis 2031 aus, nur um den Status quo in der Versorgung aufrechterhalten zu können. Die Strukturreform dürfte also zu einem veritablen Spagatakt werden.
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