

War die Bestattete in Frög bei Rosegg eine Priesterin? Waren die Toten von Waisenberg bei Mittertrixen so etwas wie Kärntner Kleinkönige? Wem gehörte der Goldschmuck von Tscherberg bei St. Michael ob Bleiburg? Auf Fragen wie diese sucht der Archäologe Paul Gleirscher Antworten.
Umfangreiche Ausgrabungen in den hallstattzeitlichen Grabhügeln Kärntens hat Paul Gleirscher schon mit der Landesmuseums-Abteilung für Ur- und Frühgeschichte, dessen Leiter er über 30 Jahre lang war, durchgeführt. „Jene in Waisenberg bei Mittertrixen waren gigantische zehn Meter hoch und hatten einen Durchmesser von 30 beziehungsweise 40 Meter“, berichtet der Archäologe.
In Kärnten ist man auf drei Arten von Hügelgräberfeldern gestoßen: herausragende Groß- und Prunkgrablegen, elitäre Grablegen einer Oberschicht sowie Familien- oder Sippengrablegen von über das Land verteilten Eliten. „Die Leichen wurden auf einem Scheiterhaufen verbrannt und man verfüllte dann eine Grabkammer mit der Asche“, erklärt Gleirscher.
Außerdem wurden den herausragenden Toten umfangreiche Grabbeigaben mitgegeben. „Das waren Schmuck, Waffen und Werkzeug, oder auch Ess- und Trinkgeschirr für üppige Gelage im Jenseits“, so der Archäologe. Manchmal mussten Frauen ihren hochrangigen Männern in den Tod und ins Grab folgen. Hinweise auf so eine Witwentotenfolge hat Gleirscher in Waisenberg entdeckt.
Nach den Grabfunden in Hallstatt wurde eine Epoche der älteren Eisenzeit (800/750-500/400 v. Chr.) Hallstattkultur genannt. Für Werkzeuge und Waffen wurde in dieser Zeit immer häufiger Eisen verwendet. Die Menschen lebten meist in Freilandsiedlungen, waren Bauern, Handwerker und Händler. Regiert wurde das Volk von Kriegerfürsten, die in Hügelgräbern beigesetzt wurden.
In Tscherberg bei St. Michael ob Bleiburg hatte Carl Freiherr von Hauser schon im Jahr 1885 im Auftrag des Geschichtsvereines Untersuchungen an drei Grabhügeln durchgeführt. Über 100 Jahre später konnte Gleirschers Team dennoch noch Bruchstücke eines goldenen Armreifens und einer Halskette finden. „Hier muss eine gehobene Bevölkerungsschicht gelebt haben, die auch den Weg zwischen Unterkärnten und der ehemaligen Untersteiermark gesichert oder auch überwacht hat“, meint Gleirscher.
Symbol für den Faden des Lebens im Grab einer Frau in Frög
1882 wurde das große Hügelgräberfeld in Frög entdeckt, das für seine einzigartigen Bleifiguren bekannt ist. „Alles spricht dafür, dass die ,Herren von Rosegg‘ über den Kärntner Raum – vermutlich mit Ausnahme des Lavanttales – herrschten“, so Gleirscher. Besonders spannend ist hier eine Grablege aus der Zeit um 700 vor Christus: „Es ist eines der am üppigsten ausgestatteten Frauengräber im Südostalpenraum.“ Gefunden wurden darin auch Spinn- und Webgeräte. „Das könnte für die Frau als ,Walterin des Hauses‘ stehen oder man kann es mit den Schicksalsgöttinnen und dem ,Faden des Lebens‘ in Verbindung bringen – dann hätten wir es hier wohl mit einer Priesterin zu tun“, sagt der Archäologe.
Prunkvolle Gräber für wohlhabende Herrscher am Waisenberg
Die Prunkgrabhügel von Waisenberg gehören zu den größten Grabdenkmälern der Hallstattkultur – ob ihrer Größe und ob ihrer kostspieligen und umfangreichen Ausstattung der Toten. Diese Grabhügel wurden für einst mächtige Männer errichtet. Die Römer bezeichneten sie mit „regulus“, der Verkleinerungsform von „rex“. Als eine Art Kleinkönige haben sie Gebühren für das Durchqueren des Landes bezogen und Erträge aus dem Eisenbergbau im Görtschitztal und dem Bleibergbau im Villacher Raum gehabt.
Ein entdecktes Ritualgerät um einen Hirschkult könnte gut mit dem Kult der eisenzeitlichen Mutter- und Stammesgottheit Noreia zusammenhängen. „Wir nehmen an, dass herausragende Tote auch als Mittler zwischen den Göttern und Hinterbliebenen galten. An den herausragenden Grabdenkmälern fand eine Ahnenverehrung statt“, sagt Paul Gleirscher.
Das druckfrische Buch „Neues zur Hallstattkultur in Kärnten“ wird am Dienstag, 8. April (18 Uhr), im Kärntner Landesarchiv in Klagenfurt präsentiert. Der Eintritt ist frei. Das Buch ist um 45 Euro im Buchhandel und über den Geschichtsverein für Kärnten erhältlich.
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