Der internationale Automobilzulieferer Pollmann tritt von der Expansion im Waldviertel in Niederösterreich zurück und wird bis Ende 2025 das Werk in Vitis wieder schließen. 71 Mitarbeiter sind betroffen, 15 Arbeitsplätze werden reduziert. Was Chef Stefan Pollmann dazu sagt.
Der Kurs lag mit dem Bau der Produktion in Vitis auf „brutalem Wachstum“, wie Geschäftsführer Stefan Pollmann gegenüber der „Krone“ erklärt. Das erst 2020 eröffnete und damals neu gebaute Werk soll nun bis Ende des Jahres wieder geschlossen werden, denn dieses massive Wachstum habe es nicht gegeben, meint der Chef des 137 Jahre alten Familienkonzerns.
Für Kräftebündelung alle im Boot
Das angestrebte massive Wachstum blieb aus. Daher folge nun die Schließung bis Ende 2025 als ein wohlüberlegter Schritt. Sehr wichtig, so betont Pollmann, sei gewesen, Mitarbeiter- und Interessensvertreter schon zuvor einzubinden. Alle würden es für das einzig Richtige halten. Man tue es, um auch in Zukunft hohe wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten, und bündle damit die Fertigungskapazitäten. „Das ist der einzig wirtschaftlich und strategisch vernünftige Schritt“, erklärt der Geschäftsführer.
Die Schließung war ein wohlüberlegter Schritt. Uns war wichtig, schon vorher Mitarbeiter und Interessensvertreter einzubinden. Wir tun das, um auch in Zukunft wirtschaftlich stabiles Unternehmen zu sein.
Stefan Pollmann, Geschäftsführer
Bild: Pollmann International/Kurt Hörbst
„Operation am offenen Herzen“
Der Hauptsitz des weltweiten Automobilzulieferers liegt ebenfalls im Waldviertel – im nur 25 Kilometer entfernten Karlstein an der Thaya. 71 Mitarbeiter haben die Chance, zum Hauptstandort zu pendeln. 15 Arbeitsplätze werden aber dort gestrichen. „Simply Pollmann“ heiße der neue Leitgedanke, mit dem alle Unternehmensbereiche überprüft, Strukturen hinterfragt und Prozesse neu ausgerichtet werden sollen.
In Vitis werden derzeit noch 24 Stunden sieben Tage die Woche Türschlossgehäuse angefertigt. Die Auslastung liege dort zwischen 50 und 60 Prozent. Etwa bei 55 Prozent liege laut Pollmann auch die Auslastung am weitaus größeren Hauptstandort Karlstein, wohin man nun die Produktion verlagert. Das passiert aber während der Serienfertigung, was einer „Operation am offenen Herzen“ gleiche, wie der Unternehmer betont.
Die Pandemie oder der Krieg in Europa hätten den wirtschaftlichen Erfolg zwar beeinflusst, trotzdem sei die Entscheidung für den Werksneubau in Vitis, die Jahre vor Corona getroffen wurde, aus heutiger Sicht falsch gewesen.
Große Nummer am Automobilsektor
Pollmann produziert hochwertige Mechaniken und andere Entwicklungen für die Automobilindustrie und besitzt Werke in Tschechien, Mexiko und China. Noch vor der Jahrtausendwende war man stolz, dass in jedem dritten Automobil in Europa mit Schiebedach eine Pollmann-Mechanik eingebaut war. Große Expansionen nach Mexiko und China folgten.
2024 lag der weltweite Jahresumsatz bei etwa 165 Millionen Euro. 550 der 1300 Mitarbeiter arbeiten derzeit im Waldviertel. Auch heute liegt der Schwerpunkt auf Schiebedach- und Türschlossmechaniken. Weiters steuert das Unternehmen innovative Entwicklungen für autonomes Fahren, Verbrauchsoptimierung und Elektromobilität bei.
„Für Elektromobilität kommt die Hälfte aller neuen Anfragen herein. In diesem Bereich tut sich enorm viel. Diese neuen Projekte werden in zwei, drei Jahren in Serienproduktion gehen und damit erst spürbar werden“, gibt der Firmenchef Ausblicke.
Zukunft für hochmodernes Werk ungewiss
Wie es mit dem hochmodernen Werk in Vitis weitergeht, ist derzeit noch offen. So habe man dort neueste Technik, speziell auch im Lager, verbaut. Ob man mit einer anderen Firma in einem neuen Bereich gemeinsam dort etwas Neues aufbaut oder man die Fabrik verkauft, sei ungewiss.
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