Die angekündigten Zufahrtsbeschränkungen für die Innenstadt lassen kaum einen Wiener kalt. Wirklich begeistert von den Plänen zeigen sich nur die wenigen, die tatsächlich dort wohnen.
Wenn man am Tag nach der entsprechenden Ankündigung in der Innenstadt Fragen zum Thema Verkehrsberuhigung stellt, weiß man schon vor der Antwort, mit wem man es zu tun hat: Ein breites Lächeln bedeutet, dass ein Bewohner der City vor einem steht – und tiefe Sorgenfalten, dass jemand dort ein Geschäft hat. Bei allen anderen verdüstert sich die Miene vor ihrer Antwort mit steigendem Lebensalter.
Für Sima braucht es Kameras oder Telepathie
Natürlich hat niemand etwas gegen mehr Freiraum, mehr Grün und unverparkte Flächen, die die Schönheit der Innenstadt zur Geltung bringen. Und gerade den Innenstadtbewohnern, die sich um Zufahrt und Parkplatz nicht sorgen müssen, können die Beschränkungen nicht weit genug gehen. Doch die Innenstadt gehört irgendwie ja auch allen Wienern – und hier scheiden sich die Geister.
Auf die Art der geplanten Kontrolle der Zufahrt hat man sich in der Innenstadt geeinigt. Da ist es nicht meine Aufgabe, das von vorn aufzurollen. Wir sind damit ja aber nicht allein auf der Welt.
Verkehrsstadträtin Ulli Sima
Bild: Jöchl Martin
Die Sorgen hinsichtlich der künftigen Regelung betreffen einerseits die Kamera-Überwachung und Bedenken wegen des Datenschutzes. Der überwiegende Teil der Befragten hofft einfach, dass es zu keinen Pannen und Datenlücken kommt. Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) sieht ihrerseits keine andere Möglichkeit, wenn man Verkehrsberuhigung wolle. Für eine effektive Regelung brauche es auch – wie bei jeder Tempomessung – effektive Kontrollen, die Polizei könne schließlich „nicht Gedanken lesen“ und auf diese Art feststellen, wie lange und warum man mit dem Auto die Innenstadt ansteuere.
Wenn ich aufsperre, sind die Parkplätze schon voll. Das sind keine Kunden. Daher hoffe ich, dass die Folgen gering bleiben.
Ronald W.
Bild: Urbantschitsch Mario
Sima verweist einmal mehr auf das 150 Seiten starke Gutachten, mit dem Datenschutz-Experte Nikolaus Forgó den Maßnahmen Unbedenklichkeit bescheinigte. Das, was man in der Innenstadt vorhabe, „machen wir ohnehin schon jeden Tag bei der Asfinag“.
Für ältere Personen sind die Wege in der Innenstadt oft immer noch zu weit von den Öffi-Stationen entfernt.
Elisabeth T.
Bild: Urbantschitsch Mario
Weit mehr als Datenschutzbedenken beschäftigt die Wiener jedoch die Regel, dass nur eine 30-minütige Zufahrt und eine 30-minütige Abfahrt gestattet bleiben sollen – und für alles andere ein Tiefgaragenplatz gesucht werden muss. Die Kosten sind dabei die geringste Sorge.
Für die Anwohner ist das sicher gut. Aber wenn ich eine ältere Person in ein Lokal ausführen will, habe ich schon ein Problem.
Josef M.
Bild: Urbantschitsch Mario
Vor „Katastrophe“ für Geschäftsinhaber?
Handel und Transport von größeren Gegenständen könne man damit vergessen, geben gleich mehrere Geschäftsinhaber zu Protokoll: „Oft kommen Leute mit Erbstücken zu uns und wollen eine Einschätzung dazu. Die können die ja nicht mit der U-Bahn herbringen!“, meint ein Antiquitätenhändler. Ein Juwelier in der Innenstadt spricht sogar von einer kommenden „Katastrophe“ für den Geschäftsgang – aber nur unter der Zusicherung der Anonymität, denn auch Vertreter der Stadtpolitik zählen zu seinen Kunden.
Am Anfang werden wir sicher weniger Gäste haben. Aber das wird sich einspielen. In anderen Städten klappt es ja auch.
Berndt Querfeld
Bild: Urbantschitsch Mario
Gastronomen sorgen sich vor allem um ältere Kundschaft, für die die Öffi-Anreise zu beschwerlich und die Taxifahrt zu teuer ist. Cafetier Berndt Querfeld rechnet zumindest zum Beginn der Zufahrtsbeschränkung mit Gästeschwund.
Er zählt jedoch auf das Naturell der Wiener: Die hätten sich schon an so viel gewöhnt – das werde am Ende wohl auch bei einer Innenstadt ohne Autos so sein.
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