„In Schranken weisen“

Mercosur spaltet ÖVP – und jetzt auch Koalition

Innenpolitik
08.04.2025 19:55

Die Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS deckt die gesamte Meinungsvielfalt bezüglich des Handelsabkommens Mercosur ab. Die NEOS sind dafür, die SPÖ dagegen und die ÖVP ist gespalten. ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer bekommt Unterstützung aus Brüssel.

Reinhold Lopatka, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, pflichtet Hattmannsdorfer bei: „Angesichts des von Trump angezettelten Zollkrieges brauchen wir dieses Abkommen. Aber wir müssen auf die Bedenken der Bauern eingehen“, betont er im Gespräch mit der „Krone“. Ein Deal dürfe nicht auf Kosten der heimischen Landwirte gehen. Hier müsse nachverhandelt werden. Auch im Bereich der Arbeitsrechte gebe es Gesprächsbedarf mit Argentinien.

Grundsätzlich brauche die Union neue Märkte und entsprechende Handelsabkommen. Neben Südamerika sind auch Indien und die Golf-Staaten im Visier der EU. „Die EU hat bereits jetzt an die 40 Handelsabkommen. Dabei gab es auch bei den Verhandlungen mit Kanada und Neuseeland große Diskussionen und Bedenken, aber diese konnten ausgeräumt werden. Die Landwirte haben am Ende sogar davon profitiert“, so Lopatka.

Lopatka springt Hattmannsdorfer bei, versteht aber auch die Bauern. (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Lopatka springt Hattmannsdorfer bei, versteht aber auch die Bauern.

Hattmannsdorfers „eigenwillige Aussagen“
Die Bauernschaft in der ÖVP steigt gegen die Mercosur-Befürworter auf die Barrikaden und ging mit Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer nicht gerade zimperlich um. Man werde den Minister nach dessen „eigenwilligen Aussagen in die Schranken weisen“ und bezeichnet ihn als „vermeintlichen neuen ÖVP-Star“, hieß es vom Bauernbund.

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) war wenig überraschend aufseiten der Bauern, relativierte jüngst aber seine Ansagen. „Wenn der Freihandel fair und gerecht ist, sind wir dabei, das ist unsere Position auf EU-Ebene“, sagte Totschnig und ergänzte: „Österreich ist exportorientiert, auch die landwirtschaftliche Produktion, wir brauchen Export“, so Totschnig. Daher sei man dem Freihandel gegenüber grundsätzlich positiv eingestellt. „Für uns ist entscheidend, dass es bei Handelsabkommen einen Interessenausgleich braucht“, hält der Minister abschließend fest.

Wirtschafts- und Handelsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (Bild: AFP/JEAN-CHRISTOPHE VERHAEGEN)
Wirtschafts- und Handelsminister Wolfgang Hattmannsdorfer

SPÖ bleibt bei ihrer Ablehnung
Während es in der ÖVP also Bewegung gibt, bleibt die SPÖ auf ihrem Kurs. Den Handelskrieg Trumps sieht man „aktuell“ nicht als Grund für ein Umdenken. Im Büro von Vizekanzler Andreas Babler verweist man auf Anfrage der „Krone“ auf den Beschluss des Nationalrates gegen Mercosur. „Es gibt noch keinen Grund, daran zu rütteln“, heißt es. Und auch von der NGO Greenpeace kommt einmal mehr Kritik am Abkommen. 

Alexander Egit, Greenpeace-Europachef, warnt: „Trump zeigt uns, wie schnell globale Regeln fallen können. Die EU darf sich nicht freiwillig in eine Abhängigkeit begeben, die dazu beiträgt, unseren Planeten zu zerstören.“

NEOS wollen in der Regierung diskutieren
Anders sehen das die NEOS. Sie sprechen sich schon länger für weitere Handelsabkommen aus, auch für Mercosur, bekräftigt Parteichefin und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger. „Wir glauben ganz fest daran, dass das die Basis unseres Wohlstands ist und dass wir durch Verträge besser miteinander Handel treiben können als in einer Welt, wie sie jetzt offensichtlich Trump vorschwebt.“ Meinl-Reisinger begrüßt es, dass Hattmannsdorfer jetzt für Mercosur eintritt und will in der Koalition darüber diskutieren. Im Regierungsprogramm ist dazu nichts festgeschrieben. Man hält nur im Allgemeinen fest, dass man für faire Handelsabkommen ist.

Auf EU-Ebene wird die Angelegenheit ebenfalls heiß diskutiert. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat erst im Dezember eine Einigung mit den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay erzielt. Von den mächtigen EU-Staaten sträubt sich vor allem Frankreich gegen das Abkommen. Die Regierung in Paris befürchtet Nachteile für die heimische Wirtschaft, insbesondere die Landwirte.

Zum Hintergrund

Am 18. September 2019 hatte der EU-Unterausschuss im Nationalrat in einer seltenen Ministerbindung den österreichischen Vertreter zu einem Veto gegen das EU-Mercosur-Abkommen verpflichtet. An der Rechtslage hat sich seither nichts geändert. Allenfalls könnte sich die Frage stellen, ob die damalige Bindung auch für das seither abgewandelte Abkommen noch gilt. Darüber gibt es aber vorerst in Österreich keine Diskussion.

Bewegung auch in Frankreich
Nach der jüngsten Zollrunde von Trump hatte die französische Regierung aber mit zehn anderen EU-Ländern mit Bedenken über Lösungsmöglichkeiten beraten. Damit signalisierte sie auch den Willen, Handelspartnerschaften breiter aufzustellen. Im Herbst könnten die EU-Länder neuerlich über den Deal abstimmen.

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