Donald Trump hat das Angebot der EU zu „Nullzöllen“ abgelehnt. In Brüssel werden Gegenmaßnahmen in mehreren Eskalationsstufen vorbereitet. Hinter den Kulissen herrscht offenbar großes Staunen und Belustigung über die „ChatGPT“-Selbstsabotage aus den USA.
„Das ist nicht genug“, ließ der US-Präsident einen Reporter wissen, der ihn gefragt hatte, ob er das Angebot aus Brüssel annehme. EU-Chefin Ursula von der Leyen hatte am Montagabend erneut betont, dass ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA auf dem Tisch liege.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wurde das Angebot für Industriegüter seitens der EU bereits vor den Zollentscheidungen von Trump gemacht. Ein besonderes Augenmerk liege auf der Autobranche. Für eine transatlantische Freihandelszone machte sich zuletzt auch Tesla-Milliardär Elon Musk stark. Trump scheint jedoch nicht empfänglich für eine Erneuerung der Wirtschaftsbeziehung.
Der US-Präsident wiederholte am Montagabend im Weißen Haus stattdessen den Vorwurf, dass die EU nur geformt wurde, um die USA zu „beschädigen“. „Sie formten sich, um ein Monopol zu kreieren. Eine geeinte Kraft gegen die Vereinigten Staaten von Amerika in Sachen Handel.“
Er will einen einseitigen Geldfluss sehen. „Sie werden ihre Energie von uns kaufen müssen, weil sie sie brauchen, und die werden sie von uns kaufen müssen. Sie können sie kaufen, und wir können in einer Woche 350 Milliarden Dollar gutmachen.“
So sieht der Zeitplan der EU aus
In Brüssel wird nun vorsichtig an Vergeltungsmaßnahmen geschraubt. Dabei hat es der Staatenbund aber nicht eilig. Als Reaktion auf bereits von den USA in Kraft gesetzte Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte plant die Europäische Kommission Gegenzölle von 25 Prozent auf zahlreiche US-Produkte.
Ein erstes Paket ist bereits beschlossen. Die Abgaben auf US-amerikanische Waren wie Motorräder (Harley-Davidson) und Kleidung (Levi's) werden ab dem 15. April erhoben, wie krone.at aus dem Wirtschaftsministerium bestätigt wurde. Dabei handelt es sich um Gegenzölle in Höhe von vier Milliarden Euro aus Trumps erster Amtszeit, die nun reaktiviert werden.
Die EU-Mitgliedsländer sollen am Mittwoch darüber abstimmen, welche Güter ein zweites Paket umfassen soll. Diese zweite Tranche könnte 30 Tage nach einer Einigung auf EU-Ebene in Kraft treten. Mitte Mai ist hier realistisch, sollte bis dahin kein Verhandlungserfolg mit dem US-Präsidenten erzielt worden sein. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer zufolge sollen hier vor allem landwirtschaftliche US-Produkte ins Visier genommen werden. Dazu gehören laut der Nachrichtenagentur Reuters beispielsweise Geflügel, Rind, Mandeln oder Sojabohnen, was vor allem republikanische Bundesstaaten unter Druck setzen würde.
Dieser Maßnahmenkatalog würde Güter im Wert von 18 Milliarden Euro umfassen. Danach müsse man sich in „strategischer Geduld“ üben, bevor ein drittes Paket auf Tech-Konzerne „abzielen“ könnte, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. „Verhandlungen mit den USA müssen unser oberstes Ziel sein – aber wer mit Trump verhandeln will, muss selbstbewusst auftreten“, ließ Hattmannsdorfer mitteilen.
Ursprünglich waren auch Zölle auf Bourbon-Whiskey, Wein und Milchprodukte angedacht worden. Der Satz auf Bourbon sollte 50 Prozent betragen. Trump drohte daraufhin mit einem Zollsatz von 200 Prozent auf Alkoholika aus der EU. Das hätte insbesondere Frankreich und Italien getroffen.
EU hofft auf Selbstzerstörung Trumps
Hinter den Kulissen wird wohl darauf gehofft, dass Trump der selbst verursachte Wirtschaftskollaps zum Verhängnis wird. „Niemand in der Kommission hätte gedacht, dass die US-Regierung so dumm und selbstzerstörerisch sein würde“, sagte ein EU-Beamter dem „Handelsblatt“. „Dass sie ihr eigenes Land in die Luft jagen würden, indem sie ChatGPT ihre Handelspolitik bestimmen lassen.“
Die Zeit würde die Arbeit für Brüssel erledigen. „Europäische Politiker sind der Ansicht, dass Trumps Handelschaos nach hinten losgeht – und sehen keinen Grund für eine Eskalation, solange der Schaden von selbst wächst“, berichtete der Reporter Jakob Hanke Vela, der das Brüsseler Büro der deutschen Zeitung leitet, auf der Plattform X.
Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck erklärte: „Wir stehen nicht unter Zeitdruck. Die Amerikaner stehen unter Druck und sind nun in einer Position der Schwäche.“ Der Schaden könne noch größer werden – „deshalb müssen wir ruhig, vorsichtig, aber entschlossen handeln“.
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