Beim „Supertalent“

Joe Tödtling: Der Mann, der mit dem Feuer spielt

Unterhaltung
10.04.2025 06:00

Seit 25 Jahren gehört der Oststeirer Joe Tödtling zu den härtesten Hunden der Filmbranche. Er gehört zu den meistgebuchten Stuntmen und dreht auch immer wieder in Hollywood. Am Samstag (20.15 Uhr, RTL) wechselt er in „Da Supertalent“ brennend Reifen. Der „Krone“ erklärt er im Gespräch, wie jemand tickt, der sich gerne anzündet und die Freude in der Gefahr sucht.

„Krone“: Herr Tödtling, Sie sind am Samstag auf RTL in „Das Supertalent“ zu sehen – wie ist es dazu gekommen?
Joe Tödtling:
 Ich wurde angerufen und gefragt, ob ich irgendwas mit Feuer machen kann – da sind sie bei mir natürlich an der richtigen Adresse. Es gab 20-30 verschiedene Vorschläge und Ideen und am Ende wurde sich darauf geeinigt, dass ich brennend Autoreifen wechsle. Ich habe das so nebenbei gesagt, aber sie waren sofort begeistert davon. Das Reifenwechseln hat super funktioniert, dann kam noch Bruce Darnell zu Hilfe und war ein bisschen enttäuscht, dass ich überhaupt nicht geblutet habe. (lacht)

Bei jemandem, der als Stuntman so viel Erfahrung mit dem Feuer hat wie Sie, hätte man auch keine schnelle Verletzung erwartet.
Ich habe einige Minuten lang gebrannt und dann die Autoreifen gewechselt. Für die Umstände hat das eigentlich super funktioniert. Wer das – nicht brennend – selbst schon einmal gemacht hat, weiß, die Schwierigkeit liegt nicht beim Herunternehmen der Reifen, sondern beim Raufstecken. Im Stress all die richtigen Löcher zu finden, ist nicht so leicht.

Wie viel Zeit steht einem brennend zur Verfügung, bevor es wirklich brenzlig wird?
Es kommt immer darauf an, wie man geschützt ist. Mein Rekord brennend ist 5:43 Minuten, aber da habe ich eine ganz andere Schutzausrüstung getragen. Sagen wir so: Ich habe bei der Aktion schon gemerkt, dass es ziemlich heiß wird, aber ich wollte die Reifen unbedingt fertig wechseln, bevor ich aufgehört habe zu brennen. Wäre es nicht mehr gegangen, hätte ich abbrechen müssen, aber dafür bin ich nicht ins Studio gefahren.

Das Feuer an sich ist Ihre große Spezialdisziplin in Ihrer Profession als Stuntman. Warum denn eigentlich Feuer und nicht etwas anderes? Wie hat sich das herauskristallisiert?
Das hat sich schon herauskristallisiert, als ich auf die Welt kam – da hat es einmal kurz gebrannt. (lacht) Ich habe schon als Kind gerne mit dem Feuer gespielt und ein bisschen Blödsinn gemacht beim Herumzündeln – man kennt das ja. Beim Stunt hat mein erster „Vollburn“ drei Sekunden gedauert. Das war noch nicht so ganz lange, aber es hat mich fasziniert und ich bin einfach drangeblieben und habe zunehmend mit verschiedenen Materialien experimentiert. Ich habe nie bewusst gesagt, ich will dauerhaft mit dem Feuer spielen – das hat sich dann so ergeben, weil ich immer länger gebrannt habe als die anderen Stuntleute. So bin ich dann dort dabeigeblieben. Ich kam erst vor wenigen Tagen von einem Feuer-Workshop aus Rom heim, wo sich Leute aus der ganzen Welt zusammengefunden haben, um sich von mir anzünden zu lassen. Ein interkultureller Austausch mit Feuer. (lacht)

Ursprünglich wollten Sie in die Schauspielerei – war Ihnen die Action als Stuntman dann doch lieber?
Wenn du länger brennst, als du dir einen Text merken kannst, ist es klüger, sich anzuzünden, als groß Texte zu lernen. (lacht) Ich mache nach wie vor Schauspielerei, aber beide Seiten zu kombinieren ist einfacher und man ist vielseitiger. Ich glaube nicht, dass jemand einen Liebesfilm mit mir sehen will und actiontechnisch sind andere Dinge in Österreich nicht so gefragt.

Leben Sie in Amerika?
Nein, in Wien, aber das ist fast dasselbe. Wenn du in Simmering bist, glaubst du, du wärst mitten in der Bronx. (lacht) Ich bin für Dreharbeiten oft in den USA, aber meist werde ich in Europa dazugebucht. Ich pendle zwischen verschiedenen Studios und Orten hin und her und bin oft in Berlin. Letztes Jahr habe ich für den Film „The Phoenician Scheme“ von Wes Anderson als Stuntdouble für Benicio Del Toro gearbeitet. Der Film kommt bald in die US-Kinos und da wurden die Aktionen in den Berliner Babelsberg Studios gedreht.

Bei der dieswöchigen Ausgabe von „Das Supertalent“ auf RTL ist Tödtling wieder Feuer und Flamme. (Bild: RTL / Stefan Gregorowius)
Bei der dieswöchigen Ausgabe von „Das Supertalent“ auf RTL ist Tödtling wieder Feuer und Flamme.

Stuntman zu sein, bedeutet auch, physisch in Topform sein zu müssen. Wird es zunehmend schwieriger, den Beruf im steigenden Alter auszuführen?
Wenn man jünger ist, macht man mehr Stunts. Ist man älter, hat man mehr Erfahrung und weiß besser, wie es geht. Ich mache mittlerweile viel Stunt-Koordination, arbeite in der „Second Unit“ und eröffne in Wien-Simmering bald auch ein Actionstudio. Ich bin stärker im Hintergrund tätig, aber das bleibt am Ende jeden selbst überlassen.

Wie sieht dieser Job verletzungstechnisch aus? Was ist das Schlimmste, das Ihnen zugestoßen ist?
Wenn man mit dem Feuer spielt, verbrennt man sich gelegentlich. Ich zog mir einige Verbrennungen zu und habe mir bei einem Autoüberschlag die Schulter verletzt, aber gebrochen ist in dem Sinn noch nichts. In den letzten 25 Jahren lag ich noch nie ernsthaft im Krankenhaus.

Ein Schauspieler und Stuntman wie Jackie Chan zum Beispiel hat sich im Laufe seiner Karriere so gut wie alles gebrochen und eingerissen …
Da ist er aber auch ein bisschen selbst schuld, denn dafür hat man die Stuntmen und Stuntdoubles. Wenn sich da jemand den Fuß bricht, kommt am nächsten Tag der nächste und der Dreh geht weiter. Chan wollte immer alles selbst machen, hat seine Produktionen aber auch selbst finanziert. Bricht sich ein Schauspieler das Bein, steht eine Produktion mehrere Wochen. Wer zahlt das dann? Das ist versicherungstechnisch kaum möglich. Wenn ein Tom Cruise für eine Produktion selbst 500 Millionen Euro für einen „Mission: Impossible“ in die Hand nimmt, ist das natürlich wieder was anderes. Da wird niemand etwas dagegen sagen.

Tom Cruise gilt als einer jener Schauspieler, die ihre Stunts gerne selbst ausführen. Ist das auch Ihre Erfahrung?
Er geht jetzt nicht hin, hängt sich ans Flugzeug und fliegt eine Runde durch die Gegend. Das wird schon ausgiebig geprobt und natürlich gibt es da Stuntleute, die akribisch proben. Cruise kommt dann, wird hineingehängt und es wird gedreht. Er braucht aber die Stuntleute, die diese Stunts vorbereiten. Wenn wir Kämpfe proben, dauert es oft Wochen, bis die Choreografien sitzen und dann erst werden die Schauspieler dazugeholt, damit sie die Bewegungen selbst lernen können. Es wird dann in der gesamten Kombination von allen Leuten gedreht. Eine aufwändige Mühle, die auch viel kostet.

Gibt es Stunts, die Sie ungern machen? Bereiche, bei denen Ihnen selbst mulmig wird?
Es gibt Sachen, die ich einfach nicht kann. Ich bin kein Parkour-Läufer, schlage keine Saltos und bin kein Akrobat – die Leute wissen, dass ich das nicht kann. Ich kann die Stuntkoordination übernehmen, aber hole mir dafür trotzdem einen erfahrenen Fachmann, bevor ich mich zwei Meter wo rausziehe und es schaut lächerlich aus. (lacht)

Stuntman zu werden ist ein bisschen so wie der Kinder-Berufswunsch, Astronaut zu werden - man will es, aber in der Realität kommt es dann meist doch ganz anders. Wie hat es bei Ihnen geklappt?
Jeder hat seinen eigenen Weg dorthin. Manche kommen über Parkour rein oder über den Kampfsport, andere sind Kletterer. Ich habe in den USA eine Ausbildung gemacht, andere machen sie in Paris, wo es eine Stuntschule gibt. Man muss es wollen und auch die Leute kennenlernen. Ich bin viel herumgefahren und habe mich persönlich bei den Koordinatoren vorgestellt. Ein E-Mail mit einem Foto auszuschicken, ist heute zu wenig. Der Job ist gefährlich und man muss die Leute kennen und ihnen vertrauen können. Sie müssen wissen, was sie tun. Wenn jemand mit 150 km/h auf 200 Leute zufährt, muss er rechtzeitig abbremsen, damit es wirklich gut aussieht und sicher ist. Da kann man nicht irgendjemanden nehmen, der glaubt, er könne es.

Wissen Sie, wo Ihre persönlichen Grenzen liegen?
Jein. Es hat mich noch nie jemand nach etwas gefragt, was ich nicht umsetzen konnte. Ich bin kein Akrobat oder Turner, das wäre nicht authentisch. Man kann mich auch gerne auf ein Pferd setzen und ich kann sicher von A nach B kommen, aber ob das dann so aussieht, als wäre ich ein toller Cowboy steht auf einem anderen Blatt Papier. (lacht)

Welche Produktion hat Ihnen am meisten Spaß gemacht oder war im Endeffekt am herausforderndsten?
Jeder Stunt ist herausfordernd, denn es ist nie das Gleiche. Man muss immer etwas Neues dazuleisten und man weiß nie, was auf einen zukommt. Mit Anderson und Del Toro zu drehen, war aber schon eine besondere Erfahrung. Ich musste mit dem Double von Benedict Cumberbatch einen Treppensturz üben und Anderson hat einen ganz eigenen Stil, da muss alles synchron sein. Bei Kampfszenen wirkt das wie tanzen. Es war sehr aufwändig in der Vorbereitung. Ich musste in einer Szene im Treibsand ertrinken – so etwas probt man vorher nicht, das macht man einfach und schaut, was passiert. Da war ein riesengroßer Swimming Pool, der so vorbereitet wurde. Ein Taucher hat mich gehalten und ich hatte einen Bleigurt um. Auf ein Zeichen ließ er mich aus und ich sank runter. Es war stockdunkel und ich bin runter zu einem Taschenlampenlicht und dann eine Leiter durch den Treibsand wieder nach oben – da habe ich einfach die Luft angehalten. Da darf man die Nerven nicht wegschmeißen.

Wenn ein Stuntman ins Büro geht, dann bringt jeder Tag etwas Neues.
Da wiederholt sich gar nichts, es ist immer alles anders. Ich habe mich etwa unlängst sehr wertgeschätzt gefühlt, als ich für ServusTV „Alpentod“ drehte. Veronica Ferres spielt dort eine Hauptrolle und gilt allgemein als schwierig, aber sie war so ein herzlicher, liebenswerter Mensch. Es ist ein sehr menschlicher Beruf, weil man auf jede Person eingehen muss.

Tödtling als „Ikraus“ bei der Klangwolke in Linz. (Bild: zVg)
Tödtling als „Ikraus“ bei der Klangwolke in Linz.

Haben Sie mit Menschen wie Benicio Del Toro als dessen Stuntman sehr viel Kontakt?
Mit den Schauspielern hat man recht viel Kontakt, weil man mit ihnen gemeinsam alles ausarbeitet. Sie spielen eine Rolle, die sie repräsentieren. Als Stuntman denkt man oft nicht daran, wie jemand seine Rolle spielt und dann muss man kommunizieren, um das richtigzumachen. Da muss man sich auch bei Stunts etwas überlegen, weil etwa mein Stil bei einem solchen Stunt nicht mit der Auffassung der Rolle kompatibel ist. Del Toro hat mich als sein Stuntdouble vor Medien auch vorgestellt – so etwas ist natürlich toll, da fühlt man sich sehr geehrt.

Gibt es eine Hollywood-Produktion, an der Sie gerne mitgearbeitet hätten?
Es gibt einige Filme, wo ich gerne dabei gewesen wäre, aber die Vergangenheit lasse ich ruhen. Ich würde gerne mit Arnold Schwarzenegger oder Sylvester Stallone arbeiten, aber die werden schon allein aus Altersgründen keine großen Actionrollen mehr spielen. Ich habe zum Beispiel David Hasselhoff gedoubelt, das war auch etwas ganz Besonderes. Ich bin mit „Kitt“ auf der Autobahn gefahren und dann wurde das Auto an David übergeben und der fuhr natürlich irgendwas zusammen. Also hat der Regisseur gesagt, ich solle einsteigen und David zeigen, was er zu tun hat. Als ich dann nach links rübergeschaut habe, habe ich mir gedacht, dass das jetzt der Traum von Millionen Kids aus den 80er- und 90er-Jahren war, mit Michael Knight im „Kitt“ zu fahren. Im Endeffekt ist es schön, mit den Helden der eigenen Kindheit drehen und arbeiten zu können.

Welche Projekte stehen bei Ihnen in nächster Zeit an? Was dürfen Sie bereits verraten?
Jetzt wird einmal „Das Supertalent“ ausgestrahlt und sonst konzentriere ich mich gerade voll darauf, mein Actionstudio in Wien fertig aufzubauen. Hier können sich Schauspieler für Stuntmanrollen und Produktionen einmieten, man kann vor Greenscreens drehen und ich werde Workshops abhalten. Das wird einzigartig und eines der größeren in Europa sein – die Eröffnung ist für Ende Mai geplant.

Werden Sie sich selbst in Zukunft verstärkt aufs Ausbilden und Schulen konzentrieren?
Ich versuche mich so breit wie möglich aufzustellen. Von Stuntman über die Koordination bis hin zur „Second Unit“ und der Schauspielerei – das wird ganz groß.

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