Telekom-Prozess

Zeuge: “Gorbach-Kabinett war Paralleluniversum”

Österreich
09.09.2013 15:45
Ein ehemaliger Spitzenbeamter im Verkehrsministerium hat am Montag im Telekom-Prozess betont, keine Erinnerung an Kontakte externer Lobbyisten im Zusammenhang mit der Änderung der sogenannten Universaldienstverordnung zu haben. Was damals auf politischer Ebene rund um den damaligen Ressortchef Hubert Gorbach (BZÖ) passiert sei, wollte der frühere Abteilungsleiter für Post und Telekom nicht beurteilen. "Das Kabinett ist eine eigene Welt gewesen, quasi ein Paralleluniversum."

Der Zeuge berichtete von der Problematik rund um die "Payphone Access Charge" und die Universaldienstverordnung. Wegen des Aufschwungs der Mobiltelefonie seien höchstens 5.000 der 17.000 Telefonzellen der Telekom Austria kostendeckend zu betreiben gewesen. 

2002/03 seien dann vermehrt "Payphone Access Betreiber" aufgetreten, bei denen die Kunden fürs Telefonieren nicht einmal Münzen einwerfen mussten und die Telekom um ihr Basisentgelt umfiel. Ein Bescheid der Regulierungsbehörde zur Lösung der Problematik sei Ende 2004 vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden. Dadurch sei klar gewesen, dass man dies im Rahmen der Universaldienstverordnung lösen musste. Eine Gesetzesänderung habe man für "nicht notwendig" gehalten.

"Dann entwickeln die Dinge ein Eigenleben"
Das Ministerium sei auf fachlicher Ebene ab 2003/04 eingebunden gewesen, man habe sich um eine "juristisch saubere Lösung" bemüht. Im Sommer 2006 sei dann der Entwurf in Begutachtung gegangen, mit durchaus positiven Stellungnahmen auch der anderen Marktteilnehmer, wie der frühere Abteilungsleiter betonte. Dann habe man den Entwurf finalisiert und an das Ministerbüro weitergeleitet. "Und dann entwickeln die Dinge ein Eigenleben, wo die Fachabteilung keinen Einfluss hat", sagte er zum Amüsement der Zuhörer. Manche Entwürfe kämen nach zwei Wochen zurück, "manche nie".

Dass der Lobbyist Peter Hochegger an irgendjemanden herangetreten sei, habe er nicht mitbekommen, so der Zeuge. "Zu mir ist niemand gekommen, den ich nicht gekannt habe." Außerdem habe er sein Büro zunächst in der Kelsenstraße, dann in einem Gebäude in der Ghegastraße in Wien-Landstraße gehabt. "Da hat sich niemand hin verirrt." Mit "Kämmerern" und auf fachlicher Ebene der Unternehmungen habe es aber sehr wohl Kontakte gegeben. Dass es der Telekom um die Abdeckung eines Verlusts im Ausmaß von 10 Millionen Euro gegangen sei, "diese Ziffer ist herumgegeistert bei Besprechungen".

"Keine Erinnerung" bei Hochegger
Hochegger selbst wurde vom Staatsanwalt ebenfalls kurz befragt. Er betonte erneut, er habe "keine Erinnerung, dass ich irgendetwas Konkretes bei ihm (Gorbach, Anm.) lobbyiert habe". Auch dass er 2006 nur für ÖVP-Kontakte zuständig gewesen sei, wiederholte er.

Urteil dürfte sich verzögern
Gleich zu Beginn der Prozesswoche wurden vom Gericht fünf weitere Zeugenbefragungen beschlossen, wodurch die ursprünglich für Freitag vorgesehene Urteilsverkündung nicht mehr haltbar sein dürfte. Beantragt wurden die fünf zusätzlichen Zeugen vom Verteidiger des mitangeklagten Lobbyisten Hochegger, Karl Schön. Er erwartet sich von den Aussagen u.a. Indizien, die die Verteidigungslinie Hocheggers stützen.

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