Angeklagter belastet

Sprachnachricht von toter Ärztin im Gerichtssaal

Oberösterreich
08.04.2025 17:00

Es war still im großen Schwurgerichtssaal des Welser Landesgerichts, als die Stimme von Lisa-Maria Kellermayr zu hören war. Am dritten Tag kam sie selbst zu Wort, als Sprachnachrichten an eine Freundin abgespielt wurden. Diese Freundin belastete den Angeklagten schwer, sprach davon, dass „Lisa den Lynchmob fürchtete“.

In den Vernehmungen wurde bisher immer ein noch nicht identifizierter „Claas“ genannt, der mit seinen Todesdrohungen die Seewalchener Ärztin in Angst und Unruhe versetzt haben soll. Doch eine Freundin von Lisa-Maria Kellermayr, die auch einen Verein gründen wollte, um die Security-Kosten in der Ordination zu übernehmen, sprach als Zeugin bei dem Prozess am Dienstag auch sehr deutlich Roman M. (61) an, der erneut auf der Anklagebank saß.

„Sie sprach oft vom Volkstribunal“, sagte die Wienerin, die sich über soziale Plattformen mit Lisa-Maria Kellermayr angefreundet und sie auch zweimal persönlich getroffen hatte. Und dass Kellermayr neben „Claas“ auch den angeklagten Roman M. immer wieder namentlich erwähnt hatte. Dieser gab zu, die Mails mit den Drohungen zum Volkstribunal verfasst zu haben.

„Er könnte in zwei Stunden bei mir sein“
„Er ist jetzt wieder aktiv“, hörte man die Stimme der verstorbenen Lisa-Maria Kellermayr kurz vor Mittag, als zwei alte Sprachnachrichten an ihre Freundin im Gerichtssaal abgespielt wurden. „Er“ – damit war der nun angeklagte Deutsche gemeint. Roman M. würde auf sozialen Medien erneut Leute beschimpfen und angehen, die sich ihrer Meinung anschließen, erzählte Lisa-Maria Kellermayr weiter. 

Wie mehrere Internet-Einträge belegen, handelt es sich bei dem deutschen Droher um einen vehementen Corona-Impfgegner, während sich Kellermayr klar als Befürworterin der Maßnahmen öffentlich zu erkennen gab. Die oberösterreichische Ärztin sprach davon, dass sie damit beschäftigt sei, die Meldungen per Screenshots zu dokumentieren, um sie der Staatsanwaltschaft zur Verfügung zu stellen. Und dann ein entscheidender Satz: „Ich bin froh, dass ich gerade nicht in Seewalchen bin, er könnte in zwei Stunden bei mir sein.“ „Die räumliche Nähe machte ihr Angst“, erklärte die Freundin im Zeugenstand, weil man ja wusste, wer der 61-Jährige sei und wo er lebe.

Zusatzkosten als Folge der Drohungen
Die Freundin erzählte von einem Treffen mit Lisa-Maria Kellermayr kurz vor deren Suizid. Sie beschrieb, dass die Ärztin „ein Häufchen Elend“ gewesen sei und sich die Angst vor den Verfolgern immer mehr gesteigert habe. Hinzu seien Existenzängste gekommen, weil die finanzielle Belastung nicht mehr stemmbar war und dass Kellermayr deshalb auch von Suizid gesprochen habe. „Hier waren die Zusatzausgaben für die Sicherheitsmaßnahmen und Umbauten ausschlaggebend gewesen“, nannte die Zeugin diese Kosten als unmittelbare Folge der Bedrohungen.

„Mittelbarer Anteil“ an der Angst
Der Gerichtssachverständige, der erforschen sollte, welche Rolle die Mails von Roman M. am Suizid von Lisa-Maria Kellermayr hatten, kam zu einem zumindest „mittelbaren Zusammenhang“. Hauptursache wären diese Mails aber nicht gewesen. Die Ärztin habe an einer psychologischen Erkrankung gelitten, die auch dazu führte, dass der Erfolg im Leben und der Arbeit nicht so eintraten, wie gewünscht. Hinzu käme auch noch Angst.

Und an der Angst hätten „Claas“ und eben Roman M. einen Anteil gehabt. Wie groß jener des Angeklagten war, könne aber nicht konkret gesagt werden. Aber: „Der Herr M. zieht sich durch, kommt öfter vor. Und am Ende fand er sogar Eingang im Abschiedsbrief.“ Das sei eine „Gesamtentwicklung“ gewesen, an welcher der Angeklagte einen „gravierenden Anteil“ gehabt habe.

„Suizid nicht vorhersehbar“
Auf die Frage, ob der Angeklagte vorhersehen hätte können, dass seine Drohungen einen Suizid zur Folge haben, meinte der Sachverständige, dass dies nicht zu erwarten gewesen sei. Denn der Deutsche konnte die Vorgeschichte von Lisa-Maria Kellermayr nicht kennen, wusste nicht, dass seine Drohungen „auf fruchtbaren Boden fallen“ würden. 

Für Mittwoch ist der letzte Tag im Prozess anberaumt, ein Urteil wird erwartet. Im Falle eines Schuldspruchs wegen gefährlicher Drohung mit Todesfolge drohen bis zu zehn Jahre Haft. Eine Verurteilung „nur“ wegen gefährlicher Drohung ist laut Ansicht der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung nicht möglich. Dann müsste ein Freispruch folgen und der Fall nach Deutschland zurückgegeben werden, von wo die E-Mails versendet wurden. 

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