Steiner im Interview

„Wem das nicht gefällt, muss mir ja nicht zuhören“

Formel 1
11.04.2025 05:58

Ex-Haas-Teamchef Günther Steiner hat längst Kultstatus erreicht. Bekannt für seine direkte Art und Expertise, eckt der Südtiroler gerne auch mal an. Mit „sportkrone.at“ hat der 60-Jährige über Aufreger-Themen der aktuellen Saison, Unruhe bei Red Bull, eine mögliche Rückkehr in die Formel 1 und seine unnachahmliche Art gesprochen. 

„Krone“: Günther, es war durchaus ein turbulenter Start in die neue Formel-1-Saison. Dürfen wir uns heuer auf noch mehr Spannung und Drama als im vergangenen Jahr freuen?

Günther Steiner: Ich glaube, man kann sich etwa die gleiche Spannung erwarten wie vergangene Saison. Da ist es am Anfang so losgegangen, dass Max Verstappen gewonnen hat und dann wurde alles auf den Kopf gestellt. Es hat sieben verschiedene Sieger gegeben. Ich würde sagen, es wird sicher eine aufregende Saison. Man kann so wenig voraussagen, denn alle sind so nahe beieinander. Und wie man ja gesehen hat: In Japan, wenn Max die Gelegenheit gegeben wird, kann er auch dann gewinnen, wenn er nicht das beste Auto hat. Diese Saison wird noch richtig spannend.

Das größte Aufreger-Thema war wohl der Fahrertausch bei Red Bull. Liam Lawson nach nur zwei Rennen zu ersetzen, sorgte für Kritik. Wie siehst du das?
Ich glaube, die Lösung war eigentlich gut. Auch, damit nicht noch mehr Kritik gegenüber Lawson entsteht. Weil seine Leistung war nicht das, was sich Red Bull erwartet hat – so ehrlich muss man sein. Max Verstappen kann vorne mitfahren, Liam Lawson hingegen, befindet sich ganz hinten im Feld. Doch Red Bull hat ihn ja nicht fallen lassen, sondern ihm eine weiche Landung ermöglicht, indem man ihm den Platz bei den Racing Bulls gegeben hat. Dort hat man ein gutes Auto, wie es auch zuletzt Isack Hadjar gezeigt hat. Red Bull hat Lawson also die Chance gegeben, zu zeigen, was er kann – allerdings mit erheblich weniger Druck. Das muss man auch positiv sehen.

Und Yuki Tsunoda?
Dem hat man die Chance gegeben, nach vier Jahren bei den Racing Bulls ins A-Team zu kommen und zu zeigen, was er kann. Der ist ja auch davon überzeugt, dass er es draufhat. Wenn man fünf Jahre im gleichen Team ist und immer im Mittelfeld fährt, brennt man schließlich drauf, mal zu zeigen, was in einem steckt. Für ihn ist es eine gute Chance. Deswegen, glaube ich, war die Entscheidung, auch wenn sie nach nur zwei Rennen erfolgte, die richtige.

Generell wird beklagt, dass junge Fahrer zu wenig Zeit zum Weiterentwickeln bekommen. Ein anhaltendes Problem in der Königsklasse?
Die Formel 1 war immer schon schwierig. Für junge Piloten dort zu überzeugen, ist nicht einfach. Allerdings finde ich, dass sie aktuell so gut vorbereitet dort ankommen, wie es in früheren Zeiten gar nicht möglich war.  Formel 3, Formel 2 – wenngleich der Schritt in die Formel 1 natürlich immer noch ein großer ist. Aber wenn du gut bist in der Formel 2 und ein richtiges Talent, dann schaffst du es. Man sieht es ja an einigen Beispielen: Hadjar, Bearman und natürlich Kimi Antonelli. Aber man darf halt nicht davon ausgehen, dass jeder, der in die Formel 1 kommt, es schafft. Mit dem Druck umzugehen und so, ist eine andere Sache.

Mick Schumacher (Bild: GEPA)
Mick Schumacher

Bei dir wurde in diesem Zusammenhang auch die Situation mit Mick Schumacher kritisiert. Der immer wieder aufflammende Schlagabtausch mit Familie Schumacher wurde medial gerne aufgegriffen. Zuletzt wurde es ruhiger, hat man das Kriegsbeil begraben?
Ich habe damals eine Entscheidung getroffen, für das Team. Logischerweise wurde meine Entscheidung nicht von allen gutgeheißen, was ich auch respektieren muss. Und ich glaube, in diesem Zusammenhang gilt: Die Zeit heilt alle Wunden.

Zurück zur aktuellen Saison. Max Verstappen konnte mit seinem Sieg in Suzuka für etwas Ruhe bei Red Bull sorgen. Allerdings hat man das Gefühl, dass hier intern doch weiter Unruhe herrscht. Ist der Rennstall ein Pulverfass, das jederzeit zu explodieren droht?
Pulverfass ist wohl ein bisschen übertrieben. Logischerweise hat sich dort in den letzten Jahren viel verändert, seit Dietrich Mateschitz gestorben ist. Und die Leistung ist einfach nicht mehr die, die sie vor zwei Jahren war. Man muss auch sagen, wenn man gewinnt, ist alles in Ordnung. Aber es ist dann erstmal schwierig, wenn die Erfolge ein bisschen ausbleiben. Max hat einen super Job gemacht in Japan und sicher vorerst für Ruhe gesorgt. Wie es ist, wenn mal länger kein Sieg gefeiert wird, muss sich zeigen. Auch letztes Jahr, Anfang der Saison, mit all den Sachen, die passiert sind, war es ziemlich unruhig. Aber das gehört dazu. Es ist ein großes Team – da ist es einfach so, dass man ohne Siege nicht glücklich ist.

Hat Helmut Marko da zuletzt vielleicht auch einiges an Einfluss verloren und Christian Horner dazugewonnen?
Ich kenne die interne Politik nicht so ganz genau, deshalb ist es etwas schwer das ganze einzuschätzen. Seit dem Ableben von Herrn Mateschitz ist aber auf jeden Fall die große Führungspersönlichkeit abhandengekommen. Er hatte bis zum Schluss alles im Griff. Logischerweise sind seither mehrere Fronten entstanden. Wie man das managt, muss intern entschieden werden. Darüber spekulieren will ich nicht. Aber, dass da nicht alles immer eine glückliche Familie ist, ist auch zu verstehen. Ich glaube, man ist bei Red Bull gut aufgestellt. Die haben Weltmeisterschaften gewonnen und werden sich auch wieder finden. Dass man ewig gewinnen kann, gibt es einfach nicht in der Formel 1.

Das sieht man auch bei Ferrari. Ein großes Thema vor Beginn der Saison war Lewis Hamilton, der dorthin gewechselt ist. Die Bilanz zum Saisonstart ist ernüchternd. Ist das Projekt gescheitert oder traust du Fahrer und Rennstall noch zu, die Kurve zu kratzen?
Ich glaube, die Erwartungshaltung war vielleicht ein bisschen zu hoch bei allen. Letztes Jahr war die zweite Saisonhälfte von Ferrari sehr gut. Man erwartet sich halt, es geht dann in der neuen Saison gleich weiter. Aber die anderen schlafen auch nicht. Mit der Ankunft von Lewis wurden die Erwartung dann nochmal nach oben geschraubt. Der Sprintsieg in China nach dem Auftakt in Australien war dann auch fast schon märchenhaft. Die anschließende Disqualifikation hat aber nicht geholfen, nachhaltig Vertrauen zu gewinnen. Und über allem schwebt diese Sehnsucht von Ferrari, endlich wieder eine Weltmeisterschaft zu gewinnen.

Lewis Hamilton (Bild: AFP/APA/Jade GAO)
Lewis Hamilton

Nach deinem Aus bei Haas hast du angekündigt, dass das Kapitel Formel 1 für dich noch nicht beendet sein muss. Gibt es aktuell schon konkrete Pläne für eine Rückkehr? 
Im Moment noch nicht. Es ist die Formel 1 und ich lasse es auf mich zukommen. Aktuell lerne ich neue Sachen und es macht mir Spaß. Auf Druck zu probieren, wieder in die Formel 1 zu kommen, das will ich nicht. Wenn eine Möglichkeit besteht, dass ein Projekt da ist, das mich reizt, bin ich sicher noch dafür zu haben. Aber es muss passen.

Und was wäre so ein Projekt, das dir zusagen würde?
Entweder, wieder etwas neu aufzubauen oder mit jemandem etwas angehen, der dieselben Ziele verfolgt. Keine Lust habe ich in ein Unternehmen zu kommen, wo alles schon steht, wo die Vision schon festgelegt ist. Nur einem bestimmten Plan folgen, das möchte ich nicht. Mir ist es wichtig, Teil einer Vision zu sein. Und so ein Projekt gibt es in der Formel 1 derzeit nicht. Doch die Formel 1 ist auch eine Industrie, die sich schnell ändert. Also wenn sich in Zukunft nochmal was ergibt, freut es mich – ansonsten ist es auch kein Drama. 

Du bist zu einer Kultfigur geworden. Viele schätzen deine direkte und transparente Art. Wie schwer ist es, sich, diese im ganzen Trubel der Formel 1 und der ständigen Aufmerksamkeit zu bewahren?
Für mich ist es nicht schwierig, weil ich bin, wer ich bin. Ich verstelle mich nicht – und da geht es eben auch wieder um diesen Aspekt mit den Projekten für große Konzerne. Ich respektiere große Konzerne, aber da muss man auch Konzernsprache sprechen. Dafür darf man die Leute auch nicht kritisieren. Aber ich glaube, ich bin das einfach nicht – das spiegelt meinen Charakter nicht wider. Ich tue mir nicht schwer damit, zu sagen, was ich denke. Personen zu beleidigen, geht natürlich nicht. Das tue ich nicht, das brauche ich auch nicht. Aber, dass man eine Meinung hat, die nicht gekünstelt ist und dazu steht, das finde ich wichtig. Das will ich mir auch bewahren – wem es nicht gefällt, der muss mir ja nicht zuhören.

Am Ende noch die Frage aller Fragen. Wer holt sich in diesem Jahr den WM-Titel – Norris, Verstappen oder doch jemand anderes?
Ich setze auf einen McLaren-Fahrer. Im Moment haben sie klar das beste Auto und Konsistenz. Einfach wird es aber mit Sicherheit nicht. Mein Tipp ist Oscar Piastri. Für mich haben Lando und Oscar dasselbe Talent. Mein Gefühl sagt mir aber, dass Oscar Piastri Weltmeister wird. Er und Lando müssen allerdings immer auf der Hut sein, wie man in Japan gesehen hat. Wenn man Max Verstappen nur eine kleine Chance bietet, dann nutzt er diese gnadenlos aus. Er ist momentan einfach der beste Fahrer und ist auch mental unglaublich stark. 

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(Bild: KMM)
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