Die Regierung nimmt trotz des Sparzwangs deutlich mehr Geld für die Deutschförderung an Schulen in die Hand. Mit kommendem Schuljahr werden die entsprechenden Lehrer-Planstellen von 577 auf 1324 mehr als verdoppelt. Eine bisher geltende Deckelung, durch die nicht alle Kinder bei Bedarf Förderung bekommen haben, fällt. Während die Lehrergewerkschaft und die Arbeiterkammer die Maßnahme begrüßen, spricht die FPÖ von „einem Tropfen auf den heißen Stein“.
Die Zahl an außerordentlichen Schülern, deren Deutsch nicht reicht, um dem regulären Unterricht zu folgen, sei bundesweit an den Pflichtschulen und vor allem in den Ballungsräumen deutlich gestiegen. Seit 2021 gab es ein Plus um 54 Prozent auf 48.400, in den ersten Klassen der Volksschulen haben 23 Prozent Deutschförderbedarf.
„Das sind deutlich zu viel, deshalb ist es notwendig, jetzt eine Aufholjagd zu starten“, erklärte Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS) am Freitag bei einer Pressekonferenz. Das für den Ausbau der Deutschförderung nötige Lehrpersonal zu finden, werde freilich eine Herausforderung. „Leicht wird‘s nicht, wir sind immer noch in Zeiten von Lehrermangel“, weiß der NEOS-Politiker, der nun genau jenes Modell umsetzt, das er in seiner Zeit als Wiener Bildungsstadtrat so vehement vom Bildungsministerium eingefordert hatte.
Wiederkehr: Alle Bundesländer profitieren davon
Das neue Modell sorge dafür, dass es dort, wo die Herausforderungen besonders groß sind, langfristig mehr Mittel gibt. Für die Schulen bringe es zudem mehr Planungssicherheit, weil bisherige, teilweise befristete Programme wie die Sondermittel für ukrainische Schüler dauerhaft darin integriert werden. Von der Neuerung werden laut Wiederkehr alle Bundesländer profitieren, besonders groß falle das Plus in Bundesländern mit sehr vielen außerordentlichen Schülern aus. In Oberösterreich etwa gebe es damit ab Herbst 237 Planstellen für Deutschförderung (bisher 78), in Wien 521 (bisher 231).
Insgesamt werden damit im kommenden Schuljahr 108 Millionen Euro in die schulische Deutschförderung investiert, das sind 62 Millionen Euro mehr als zuletzt. Dass das trotz des angespannten Budgets passiere, zeige den Stellenwert, den die Bildung für die Bundesregierung habe. Ohne gute Deutschkenntnisse könne schließlich auch Integration nicht funktionieren, die Sprache sei zudem der Schlüssel zu einem selbstbestimmten und erfolgreichen Leben, so Wiederkehr.
„Mogelpackung“ und „Tropfen auf den heißen Stein“
Die Grünen bewerteten die Aufstockung der Mittel und die Verteilung zwischen den Bundesländern nach tatsächlichem Bedarf grundsätzlich positiv. Allerdings sah Bildungssprecherin Sigrid Maurer eine „Mogelpackung“, weil die bisherigen befristeten Sonderpakete der schwarz-grünen Vorgängerregierung für Ukraineflüchtlinge und den Familiennachzug im Umfang von knapp 60 Millionen Euro darin aufgehen. „Wenn die bisherigen Ukraine-Hilfen nun zu gewidmeten Deutschförderstellen umetikettiert werden, steht damit keine einzige Lehrkraft mehr in der Klasse“, so Maurer.
In der Lehrergewerkschaft versteht man diesen Vorwurf nicht. Über die Sondermittel sei man auf insgesamt 815 Planstellen gekommen, nun sollen es 1324 werden. „Ich kann nicht ganz nachvollziehen, wo da die Mogelpackung sein soll“, entgegnete der oberste Pflichtschullehrervertreter Paul Kimberger (FCG). Die FPÖ sieht das ganze Vorhaben überhaupt als „einen Tropfen auf den heißen Stein“, solange die Ursachen nicht bekämpft würden. FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl forderte einen „umfassenden Zuwanderungsstopp“.
Für AK und Industrie „wichtiger Schritt“
Die Arbeiterkammer wiederum sprach in einer Aussendung von einem wichtigen Schritt in Richtung wirksamer Deutschförderung. „Nun muss es darum gehen, diese Planstellen zu besetzen und Schulen die Autonomie zu geben, dieses Personal flexibel entsprechend der Bedürfnisse am Standort einsetzen zu können“, so die Leiterin des Bildungsbereichs der AK Wien, Ilkim Erdost. Für die Industriellenvereinigung (IV) sind mehr Förderplanstellen und verstärkte Lehrerausbildung in dem Bereich „zentrale Schritte, um Integration, Sprachkompetenz und Bildungschancen nachhaltig zu stärken“. Die Umsetzung werde aber maßgeblich davon abhängen, ob genügend qualifiziertes Lehrpersonal zur Verfügung steht.
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