Europa sucht neue Partner: Eine Delegation des Europaparlaments rund um ÖVP-Delegationsleiter Reinhold Lopatka reist in die Golfregion, um Chancen für Freihandelsabkommen auszuloten. Die Ziele: wirtschaftliche Stärke, sicherheitspolitische Stabilität – und mehr Unabhängigkeit von den USA.
Der EU-Abgeordnete Reinhold Lopatka reist Sonntag bis Donnerstag gemeinsam mit einer Delegation des Europaparlaments in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und nach Saudi-Arabien. Das Ziel: den politischen Willen für neue Freihandelsabkommen ausloten. Die Europäische Kommission hatte kürzlich offizielle Verhandlungen mit den VAE aufgenommen. Lopatka fordert nun, dass auch mit Saudi-Arabien entsprechende Gespräche beginnen.
„Mit beiden Ländern gibt es ein besonders großes Potenzial für eine engere Partnerschaft in Wirtschaft, Sicherheit und Entwicklungszusammenarbeit“, so Lopatka zur „Krone“. Angesichts der unberechenbaren Außen- und Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump brauche Europa stabile und diversifizierte Partnerschaften.
Zweitwichtigster Handelspartner
Die EU ist für die wirtschaftlich starke Golfregion nach China der zweitwichtigste Handelspartner. Das Handelsvolumen mit den Ländern des Golf-Kooperationsrates GCC beträgt jährlich rund 170 Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte dieses Austauschs entfällt auf die VAE und Saudi-Arabien. Für Lopatka ist klar: „Der Abbau von Handelshürden nützt beiden Seiten und trägt zum wirtschaftlichen Aufschwung bei.“
Ein Freihandelsabkommen mit den Golfstaaten wäre nicht nur wirtschaftlich von Bedeutung. Es könnte auch sicherheitspolitisch wichtig sein. Die Region spielt eine zentrale Rolle für die Stabilität im Nahen Osten. In Ländern wie dem Libanon, in Syrien oder im Gaza-Streifen sind die Konflikte teils außer Kontrolle geraten, teils ist die Lage fragil. Zudem bleibt die Lage im Roten Meer angespannt. Die Golfstaaten verfügen über Ressourcen und politischen Einfluss, um als Vermittler aufzutreten.
Auch in Afrika sehen europäische Politiker die Chance, zusammen mit den Golfstaaten neue Partnerschaften zu schaffen. Dabei könnten europäische Werte wie Rechtsstaatlichkeit, gute Regierungsführung und Nachhaltigkeit eingebracht werden.
Strategische Chancen für Europa
Die Delegation verweist auch auf wirtschaftliche Interessen europäischer Unternehmen. Besonders im Energiesektor, in der Wasserstofftechnologie, aber auch im Maschinenbau und in der Petrochemie bestehen große Möglichkeiten. „Für Österreich sind die VAE ein strategischer Partner“, so Lopatka. Nicht zuletzt durch den Zusammenschluss von OMV und ADNOC, ein Weltkonzern mit mehr als 60 Milliarden Euro Marktwert.
Tatsächlich zeigt sich, dass die Golfstaaten immer stärker in Bereiche investieren, die über den klassischen Energiesektor hinausgehen. In Abu Dhabi etwa entsteht eine Universität für Künstliche Intelligenz, in Riad werden umfassende Bildungs- und Tourismusprojekte geplant. Dabei spielt Europa oft eine Rolle als Technologie- und Knowhow-Partner.
Trotz dieser Chancen bleibt die Zusammenarbeit mit den Golfstaaten komplex. Die politische Lage ist fragil, die Rechtsstaatlichkeit aus europäischer Sicht eingeschränkt. Zwar gebe es inzwischen einen etablierten Menschenrechtsdialog, doch strukturelle Reformen bleiben rar. „Wir sprechen diese Themen an, auch Todesstrafe und Meinungsfreiheit. Aber natürlich bleiben das autoritäre Systeme“, so Lopatka.
Ein Hindernis ist auch die mangelnde Rechtssicherheit für ausländische Unternehmen. Beispielhaft nennt Lopatka den Fall einer österreichischen Baufirma, die beim Bau des Louvre Abu Dhabi zusätzliche Arbeiten übernahm, diese aber nicht bezahlt bekam und in Folge in die Insolvenz rutschte.
Visafreiheit als Zusatzanreiz
Für die Golfstaaten ist eine Visafreiheit für ihre Bürger von großer Bedeutung. Bisher gilt sie nur für die Vereinigten Arabischen Emirate. Ein entsprechender Schritt für Saudi-Arabien wäre aus Sicht der Länder ein Zeichen politischer Aufwertung. Inoffiziell wird das Thema bei fast allen Treffen angesprochen.
Als größter Konkurrent ist China in der Golfregion präsent, besonders mit Investitionen in Infrastruktur und Industrie. Auch die USA bleiben ein wichtiger Partner, vor allem im Rüstungsbereich. Donald Trumps erste Auslandsreise wird nach Saudi-Arabien gehen. Dennoch genießt Europa in vielen wirtschaftlichen Sektoren einen guten Ruf. Maschinen, Autos, technische Ausrüstung – europäische Produkte sind in den Golfstaaten gefragt.
„Die Staaten der Golfregion sehen uns nicht als entfernte Macht, sondern als Nachbarn“, sagt Lopatka. Geografisch trenne uns nur das Mittelmeer. In dieser Nachbarschaft wolle man mehr Einfluss nehmen – durch wirtschaftliche und strategische Partnerschaften.
Auch angesichts neuer Zollmaßnahmen aus Washington wird deutlich, wie wichtig es ist, Handelsstrukturen unabhängig von den USA zu gestalten. „Wir brauchen neue Absatzmärkte, um unsere Industrie abzusichern“, heißt es aus dem Handelsausschuss des Europaparlaments. Vorsitzender Bernd Lange spricht von einer neuen Ära der Weltwirtschaft.
„Die Verhandlungen mit den VAE sind ein erster Schritt. Nun muss auch Saudi-Arabien folgen“, so Lopatka. Der Weg dahin ist nicht einfach, doch die Dringlichkeit ist spürbar: „Wenn wir nicht aktiv werden, tun es andere.“
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