Historischer Rückblick

„Chronik schreibt man nicht im stillen Kämmerlein“

Steiermark
13.04.2025 17:00

Starke historische Fotos, viel Tiefgang: Die neue Ortschronik der steirischen Gemeinde Eibiswald ist besonders. „Chroniken werden nicht im stillen Kämmerlein geschrieben, sondern draußen bei den Höfen“, weiß ein Experte. 

Die Ortsgeschichte von Eibiswald im Bezirk Deutschlandsberg wurde bislang in zwei Büchern dokumentiert. 1933 ist die Chronik von Hans Kloepfer, 1995 eine Arbeit von Werner Tscherne erschienen. Nun liegt mit „Eibiswald – Der Markt und seine Bewohner“ ein neues Werk vor. Die zeitgeschichtliche Chronik, verfasst von Heimatforscher Herbert Blatnik, beleuchtet auf mehr als 300 Seiten die vergangenen 150 Jahre. Die Idee stammt von Bürgermeister Andreas Thürschweller.

Blatnik ist für seine gründliche Recherche und seinen großen Erfahrungsschatz bekannt. Seit mehr als einem halben Jahrhundert sammelt er sämtliche Zeitungsartikel, die mit Eibiswald in Zusammenhang stehen. Hinzu kommt, dass er sein Ohr stets an der Basis, also direkt bei den Menschen, hat.

Die Idee zur Chronik stammt von Bürgermeister Andreas Thürschweller (rechts), nun liegt das umfassende Werk von Herbert Blatnik vor.  (Bild: Fürbass Josef)
Die Idee zur Chronik stammt von Bürgermeister Andreas Thürschweller (rechts), nun liegt das umfassende Werk von Herbert Blatnik vor. 

Seit mehr als 30 Jahren fungiert Blatnik zudem als Korrespondent der Historischen Landeskommission (HLK). „Dadurch habe ich einen besseren Zugang zu Archiven. Ich kann beispielsweise auch Einsicht in alte Gendarmerie-Chroniken nehmen.“

Wahre Schätze: Viele Bilder aus Privatbesitz
Was das Buch über Eibiswald unter anderem besonders macht, ist die Tatsache, dass nicht nur aus Dokumenten zitiert wird, sondern auch 20 Zeitzeugen zu Wort kommen. Geschichte von unten quasi.

Klicken Sie sich hier durch historische Aufnahmen aus der Eibiswalder Chronik: 

Die für tauglich befundenen Männer feierten 1914 ausgelassen im Gasthaus Simperl, ohne zu ahnen, was im Ersten Weltkrieg auf sie zukommen würde. (Bild: Sammlung Josef Simperl, Eibiswald)
Die für tauglich befundenen Männer feierten 1914 ausgelassen im Gasthaus Simperl, ohne zu ahnen, was im Ersten Weltkrieg auf sie zukommen würde.
Das Eibiswalder Schloss im Jahr 1897.  (Bild: Sammlung Johann Krasser, Oberhaag)
Das Eibiswalder Schloss im Jahr 1897. 
Die „Waldhanslkeusche“ in Laaken mit dem Jäger Johann Lassnig um 1930. Die entlegene Keusche kommt im Gedicht „Dahoam“ von Hans Kloepfer vor.  (Bild: Sammlung Gerti Kröll, Eibiswald)
Die „Waldhanslkeusche“ in Laaken mit dem Jäger Johann Lassnig um 1930. Die entlegene Keusche kommt im Gedicht „Dahoam“ von Hans Kloepfer vor. 
Auch wenn das Geld eher knapp war, tat dies der Stimmung beim Glasmacherball im Gasthaus Gensinger im Februar 1924 keinen Abbruch. (Bild: Sammlung Eibiswalder Kloepfermuseum)
Auch wenn das Geld eher knapp war, tat dies der Stimmung beim Glasmacherball im Gasthaus Gensinger im Februar 1924 keinen Abbruch.
Auf Ansichtskarten wurde der Eibiswalder Schilcher gerne wohlwollend ins Bild gerückt.  (Bild: Verlag Franz Pöltl, Eibiswald)
Auf Ansichtskarten wurde der Eibiswalder Schilcher gerne wohlwollend ins Bild gerückt. 

„Tatsächlich hat es für jede Generation Vorkommnisse gegeben, welche die Ortsgeschichte entscheidend mitgeprägt haben und nicht ganz in Vergessenheit geraten sollen“, so Blatnik. „Das Buch ist mit 130 Fotos reich bebildert, die meisten sind noch nie gezeigt worden, weil sie aus Privatbesitz stammen.“

Der Heimatforscher betont auch, dass sich die zwölf Kapitel nicht nur auf die Ereignisse im Markt selbst beschränken, sondern die ganze heutige Großgemeinde Eibiswald von der Soboth bis nach Pitschgau behandeln. Vom Sichten der Daten bis zum Verfassen und Tippen der Texte hat Blatnik sieben Jahre an diesem Projekt gearbeitet.

Eibiswalder Chronik

Die 318 Seiten starke Chronik ist in einer Auflage von 700 Stück im Eigenverlag der Marktgemeinde Eibiswald erschienen. Erhältlich ist sie um Selbstkostenpreis von 20 Euro im Gemeindeamt und in der Bücherei. Auch ein Postversand (zzgl. Versandspesen) ist möglich.

Josef Hasitschka
„Sammelt Quellen jeder Art“

„Chroniken werden nicht im stillen Kämmerlein geschrieben, sondern draußen bei den Höfen. Es bedeutet sehr viel Mühe, aber auch sehr viel Kontakt mit den Einheimischen.“ Josef Hasitschka ist einer der bekanntesten Chronisten des Landes.

„Die Arbeit an einer Chronik kann für den Ort identitätsstiftend sein“, so der Admonter. Die Autoren müssten jedenfalls mit dem Gemeindegebiet gut vertraut sein. „Ich habe mir im Laufe der Jahrzehnte die Region erwandert und ,erfahren‘, dafür viel Neues und Vergessenes entdeckt.“

Josef Hasitschka ist einer der profundesten Chronisten des Landes.  (Bild: Hasitschka/zVg)
Josef Hasitschka ist einer der profundesten Chronisten des Landes. 

Wissen soll digital verfügbar sein
Immer häufiger sucht der Steirer Quellen für Recherchen online, das digital verfügbare Wissen „ist auch für uns Regional-Historiker äußert wichtig“. Er bittet daher alle Kulturschaffende und Forscher, möglichst viel Fachliteratur zu scannen und in seriöse Kulturplattformen zu stellen. Hasitschka selbst hat 35 Bücher und weit mehr als 200 Artikel verfasst, sie sind großteils digital abrufbar. 

In Liezen hält Hasitschka mit Martin Parth und anderen Historiker-Freunden Landeskundekurse ab. „Wir halten Kontakt mit allen, die an Ortsgeschichte interessiert sind.“ Meist werden handschriftliche Quellen wie Urgroßvaters Feldpostbriefe, Uromas Liebesbriefe, Kochbücher in Kurrent oder noch heute gültige Servitutsverträge aus dem 19. Jahrhundert mitgebracht. „Das sind wertvolle Quellen für Chroniken.“ 

Zitat Icon

Sammelt Quellen jeder Art, lasst euch möglichst viel erzählen, freut euch, wenn ihr Zusammenhänge erkennt und wenn Einzigartiges gefunden wird.

Josef Hasitschka

„Lasst euch möglichst viel erzählen“
Bei den Treffen wird das Kurrentlesen geübt und angeregt, nach Bildmaterial zu suchen, einzuscannen, zu ordnen und in einen Textzusammenhang zu bringen. So kann eine Häuser-, Hof-, Familien oder sogar Ortschronik entstehen. „Sammelt Quellen jeder Art, lasst euch möglichst viel erzählen, freut euch, wenn ihr Zusammenhänge erkennt und wenn Einzigartiges gefunden wird." 

Josef Fürbass und Jakob Traby, Kronen Zeitung

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Steirerkrone
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