Riesiger Datenbunker

Das ist Österreichs “geheimster Ort”

Österreich
14.09.2013 17:00
Hunderte Meter unter Tag, kilometertief im Berg - hier liegt das Herz der österreichischen Luftraumüberwachung. Aber nicht nur das. Dieser atombombensichere Bunker soll im Krisenfall auch Schutz für die Regierung bieten. Und: Geheimste Daten werden hier gesichert. Die "Krone" hat sich den Salzburger "Berg" genauer angeschaut.

"Staatsgeheimnis Nr. 1". Über Jahre hinweg war selbst der Ort der "Einsatzzentrale Basisraum", besser bekannt als "Regierungsbunker", ein streng gehütetes Geheimnis. Mittlerweile, das heißt 31 Jahre nach Inbetriebnahme, im Zeitalter von Internet und Google, reicht ein Mausklick - und der Computer spuckt alle Eckdaten und Koordinaten zum Tunnelsystem im Salzburger Pongau aus. Und ist man einmal in der Region, so flüstern einem Einheimische den Weg zum "Berg" - wie er im Volksmund genannt wird - schmunzelnd zu.

Regierungszentrale im Krisenfall
Die Geschichte zu "Österreichs verborgenstem Ort" ist rasch erzählt: Von 1977 bis 1982 im Kalten Krieg als fünfstöckige Bunkeranlage in St. Johann im Pongau erbaut, dient das Hunderte Meter tiefe und kilometerlange Tunnelsystem als bombensichere Regierungszentrale für den Ernstfall - auch heute noch. Bis zu 500 Personen finden Schutz, um das Krisenmanagement Österreichs von dort aus zu lenken. Bis zu drei Monate ist es - dank Astronautennahrung und eigenem Energiesystem - möglich, im Berginneren autark zu überleben. Im Bunker befindet sich auch die Schaltstelle für die militärische Luftraumüberwachung.

(Bild: BMLV)
(Bild: Krone-Archiv)
(Bild: BMLV)
(Bild: BMLV)
(Bild: BMLV)
(Bild: Krone-Archiv)
(Bild: Krone-Archiv)
(Bild: BMLV)

Fototour durch "Datensafe"
Heute gilt St. Johann als "Datenberg" - nämlich als digitaler Safe brisantester "Daten des Bundeskanzleramtes und aller Ressorts, vom Innen- bis zum Finanzministerium", wie Sektionschef Manfred Matzka bestätigt. Der "Datenbunker der Republik" wird mit strengsten Zutrittskontrollen abgeschirmt. Doch was nützen ausgeklügeltste Sicherheitsmaßnahmen, wenn ein Verteidigungsminister - wie vor sieben Jahren - Fotoreporter persönlich (!) durchs Stollensystem führt? "Beweisbilder" aus dem Inneren sind seither österreichweit zu bestaunen. Und im Vorjahr berichtete ein TV-Team dann stolz "von seinen ersten Eindrücken aus dem Regierungsbunker".

Auch Schengen-Daten gespeichert
Auch wenn geografische Lage und Dimension des Bunkers somit kein wirkliches Staatsgeheimnis mehr darstellen, so ist seine neue Aufgabe als "Datenspeicher und Schaltzentrale" äußerst geheimnisvoll. Schließlich werden im Pongau auch geheimdienstlich relevante Daten der EU-Sicherheits- und Justizbehörden gesammelt: Backup-Kopien von Schengen! Etwa Visa und Fingerabdrücke von Asylwerbern, wie das Kanzleramt bestätigt.

"Stiller Vertrag" aus Kaltem Krieg
"Ausländische Agenten in Uniformen" gehen offiziell im Datenberg zwar nicht ein und aus, doch in Zeiten der Überwachungsangst - Stichwort NSA - drängt sich die Frage auf, inwieweit US-amerikanische Spione ihre Nasen in österreichische oder EU-Daten stecken können. Dass Österreich im Kalten Krieg mit dem US-Nachrichtendienst einen Vertrag abgeschlossen und diesen nach dem Terror vom 11. September 2001 erneuert hat, wird zwar nicht bestätigt, doch davon ist wohl auszugehen.

Klug will keine "Blindflüge"
Am klarsten bejaht Verteidigungsminister Gerald Klug eine "fallweise bilaterale Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten wie der NSA". "Denn für die Auslandseinsätze österreichischer Soldaten ist das Wissen um die Gegebenheiten in neuen Einsatzgebieten - vom Tschad bis in den Libanon - militärisch sinnvoll. Soldaten ohne vorherige internationale Abklärung in einen Einsatzraum zu schicken, käme einem Kamikaze-Blindflug gleich und wäre unverantwortlich", heißt es aus dem Verteidigungsministerium. Ein kleines Land wie Österreich habe schließlich gar nicht die Ressourcen, global bestens informiert zu sein.

Fekter "will keine Bomben in Schönbrunn"
Aus derselben Überlegung heraus schloss die damalige Innenministerin Maria Fekter bereits 2011 mit FBI und CIA einen "Polizei-Pakt" - gleichsam als US-Schützenhilfe gegen islamistischen Terror. Verfassungsschutzdirektor Peter Gridling handelte mit den US-Profis auch einen Info-Plan aus: Während sich die Amerikaner für Österreichs jahrelanges "Ost-Mafia-Know-how" interessieren, erhält die Alpenrepublik Informationen, wenn Terroristen "soft targets" wie Fremdenverkehrszentren im Visier haben. "Ich will keine Bomben in Schönbrunn", so Ministerin Fekter selbstbewusst.

Faymann: "Globale Zusammenarbeit sinnvoll"
Auch Regierungschef Werner Faymann weiß, dass Österreich keine Insel der Seligen ist, die sich allein vor weltweiter Bedrohung schützen kann. Faymann: "Die globale Zusammenarbeit von Geheimdiensten ist sinnvoll, weil sie der Sicherheit von Österreichern dient, die sich in Krisenregionen aufhalten, und Geiseln, wie jene im Jemen, nur so befreit werden können. Zudem liefert Nachrichtenkooperation die Grundlage für Reisewarnungen sowie die Basis im Kampf gegen Menschenhandel."

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