Ein neuer Tag, ein neues Zoll-Wirrwarr aus den USA: Donald Trump hat mit seinen inkonsistenten Aussagen wieder für Verwirrung gesorgt. Dabei geht es um Ausnahmen, die eigentlich keine sind – aber vielleicht schon ...
US-Präsident Trump will in Kürze neue Sonderzölle im Bereich der Halbleiterindustrie ankündigen. „Ich werde das im Laufe der kommenden Woche bekanntgeben“, erklärte der Republikaner während eines Flugs in der „Air Force One“ gegenüber Reportern und betonte, in der Sache sei „eine gewisse Flexibilität“ erforderlich. Warnung: Ab hier ist Gedanken-Akrobatik gefordert ...
Auf die Frage, ob diese Flexibilität auch für bestimmte Produktgruppen wie Smartphones gelten werde, antwortete Trump: „Für einige Produkte, ja, vielleicht.“ Welche genau, ließ er offen – und verwies lediglich darauf, entsprechende Details „in nicht allzu ferner Zukunft“ mitzuteilen. Halbleiter werden als zentraler Bestandteil in nahezu allen modernen elektronischen Geräten verbaut. Für Unternehmen ist diese Instabilität absolut toxisch, wie ein Beispiel aus Linz zeigt.
Viele Ökonomen versuchen, die absurde Zickzacklinie aus dem Weißen Haus mit Metaphern auf den Punkt zu bringen. Da heißt es etwa: Die Milch im Kühlschrank würde länger halten, als die Kursvorgabe des US-Präsidenten. Durch seine Wankelmütigkeit könnten keine Investitionen getätigt werden.
Das Weiße Haus hatte bereits zuvor signalisiert, dass Trump bald neue Abgaben für bestimmte Warengruppen verhängen könnte, die von seinem umfassenden Maßnahmenpaket ausgenommen worden waren, das aktuell ohnehin teilweise pausiert ist. Zu den betroffenen Warengruppen zählen neben Halbleitern unter anderem auch Arzneimittel.
Ausnahmen sind keine Ausnahmen
Trumps Aussage zu den Halbleiter-Zöllen folgt einiger Verwirrung um eine Ausnahme für Smartphones, Laptops und anderen wichtigen Elektronikprodukten von manchen der US-Sonderzölle.
Laut einem Dokument der US-Zollbehörde CBP gilt diese Erleichterung rückwirkend ab dem 5. April – und betrifft auch Zölle auf Waren aus China. Insgesamt ist von 20 Produktgruppen und Unterkategorien die Rede. Für amerikanische Anbieter von Computertechnik war das eine erfreuliche Nachricht, da sie ihre Geräte größtenteils in Asien – insbesondere in China – fertigen lassen. Diese Sonderbehandlung soll aber bald zurückgenommen werden.
Als Reaktion auf die Berichterstattung erklärte Trump am Sonntag, es handle sich mitnichten um eine Ausnahme. Die in dem Dokument genannten Produktgruppen würden lediglich in einen anderen „Eimer“ verschoben und unterlägen außerdem weiterhin den „Fentanyl-Zöllen“ von 20 Prozent auf Importe aus China (siehe Grafik oben). Diese bereits länger bestehenden Abgaben stehen im Zusammenhang mit Trumps Vorwurf, aus China gelange die gefährliche synthetische Droge Fentanyl in die USA.
Zölle runter, Zölle rauf
Trumps neue Offensive hat wohl damit zu tun, dass sein Zurückrudern bei Big-Tech-Produkten als Einknicken vor Peking aufgenommen wurde. Auch das Team des US-Präsidenten bemühte sich nach Bekanntwerden des CBP-Dokuments, den Eindruck eines weiteren zollpolitischen Rückziehers zu zerstreuen – nachdem Trump seine weltweiten Zölle vergangenen Woche bereits deutlich zurückschraubte.
Während Wirtschaftsberater und Zollguru Peter Navarro beim Sender NBC News wörtlich sagte: „Es gibt keine Ausnahmen“, und die Debatte als Haarspalterei abtat, räumte Handelsminister Howard Lutnick beim Sender ABC News die entsprechenden Sonderfälle ein (Tweet oben).
Gleichzeitig betonte er: Was heute als Ausnahme gilt, wird morgen (möglicherweise) besteuert. Trumps Minister erklärte, dass neue Maßnahmen für Halbleiter und Arzneimittel bereits in Vorbereitung seien. Auf die Frage, ob die Ausnahme für Smartphones, Laptops und andere technische Geräte also nur temporär sei, antwortete Lutnick: „Das ist richtig.“
Zollguru verteidigt Zickzacklinie
Navarro verteidigte die kommunikative Zickzacklinie der Regierung als durchdachte Strategie: „Es entwickelt sich genau so, wie wir es uns vorgestellt haben“, sagte er bei NBC News. Zahlreiche Länder stünden Schlange, um neue Handelsabkommen mit den USA auszuhandeln – „90 Deals in 90 Tagen“ seien möglich.
Als Beispiele nannte er unter anderem Israel, Großbritannien, die Europäische Union, Indien, Japan – und zunächst auch Nordkorea, was er jedoch auf Hinweis der Moderatorin hin zu Südkorea korrigierte. Denn Diktatoren wie Kim Jong-un oder Wladimir Putin wurden von Trumps Zollkeule ausgenommen. Eine Frage zu den Sorgen vieler Amerikaner, die angesichts der Marktturbulenzen um ihre Altersvorsorge (401k) und steigende Preise für Alltagsgüter fürchten, ließ er unbeantwortet.
Der ehemalige US-Finanzminister Larry Summers sagte dem Sender CNN, die Zollpolitik sei „die schlimmste selbst zugefügte Wunde der Wirtschaftspolitik“ seit dem Zweiten Weltkrieg.
„Es ist schlecht für die Wettbewerbsfähigkeit, schlecht für die Arbeitslosigkeit, schlecht für die Inflation“, sagte Summers. Die einflussreiche Demokratin Elizabeth Warren erklärte: „Niemand kann sich vorstellen, wie die Regeln in fünf Tagen aussehen werden, geschweige denn in fünf Jahren.“ Es gebe keine Zoll-Strategie, sondern ausschließlich „Chaos und Korruption“.
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