Ein jahrelanges Martyrium durchlebte eine 72-Jährige in der Obersteiermark: Zuerst verprügelte sie offenbar ihr (inzwischen) verstorbener Ehemann, dann ihr eigener Sohn. Letzterer wurde nun in Leoben zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
„Mama, ich tu das nicht mehr wieder, echt!“ – Unter Tränen entschuldigt sich der Angeklagte am Montag beim Prozess um fortgesetzte Gewalt bei seiner Mutter. „Jahrelang musste sie enormes Leid ertragen“, schildert Staatsanwalt Andreas Riedler. Wie groß dieses Leid tatsächlich war, lässt sich nur erahnen. Denn die 72-Jährige muss als Mutter vor Gericht nicht aussagen, was sie auch nicht tat. Somit durften ihre Angaben vor der Polizei nicht mehr verwertet werden.
Doch das Martyrium dürfte mindestens 14 Jahre gedauert haben, denn da musste der angeklagte Steirer das erste Mal wegen Faustschlägen gegen die Rippen der zarten Frau zu Gerichtspsychiater Manfred Walzl, der dem Angeklagten unter anderem eine hohe Impulsivität und eine Intelligenzminderung attestierte: „Und schon damals haben Sie es bereut und versprochen, dass das nicht mehr passieren wird.“
Ihnen ist schon klar, was Sie ihrer Mutter damit angetan haben?
Staatsanwalt Andreas Riedler
In der Zelle kam nach 15 Jahren die Reue
„Ich bereue es jetzt wirklich aus tiefstem Herzen. In der Zelle hatte ich Zeit zum Nachdenken. Und da hab‘ ich es kapiert. Ich hab‘ meine Mama wirklich sehr gern“, beteuert der kräftig gebaute 50-Jährige. „Aber Ihnen ist schon klar, was Sie ihrer Mutter damit angetan haben?“, will Andreas Riedler wissen. „Ja, ich bereue es echt.“
Mehrmals im Monat soll er auf die 72-Jährige eingeprügelt haben. „So, mit der Faust“, demonstriert der Steirer Richter Roman Weiß und reckt die Hand in die Höhe. Warum er das getan hat, kann er sich nicht erklären. „Ich will nicht schlecht über Tote reden, aber mein Vater hat die Mama, die Schwestern und mich auch schon immer gedroschen, wenn er im Schnapsrausch war, mit dem Gürtel oder dem Schlapfen“, erinnert er sich.
„Erb-Last der Vorfahren“
„Dann hätten Sie es doch erst recht besser wissen müssen“, schüttelt der Staatsanwalt den Kopf und fordert eine Weisung, dass der 50-Jährige nicht mehr nach Hause darf, sondern woanders untergebracht wird. Der Verteidiger spricht von einer Erb-Last der Vorfahren, für die sein Mandant jetzt büßen müsse. Und hofft auf eine Therapie, damit der Steirer „einen Weg aus dem sozialen Schlamassel findet“.
Sie haben Glück, dass die dramatischen Schilderungen Ihrer Mutter nicht verwertet werden dürfen.
Richter Roman Weiß
Bild: Eva Stockner
Das Urteil – zwölf Monate teilbedingt, drei Monate davon muss er in Haft verbüßen – nimmt der fünffach vorbestrafte Steirer an. Und auch die Weisung zum Betreuten Wohnen, wenn er draußen ist.
„Ich mag dich eh trotzdem“
„Sie haben Glück, dass die dramatischen Schilderungen Ihrer Mutter nicht verwertet werden dürfen, sonst würde die Strafe ganz anders aussehen“, betont der Richter. „Also ab sofort ein straffreies Leben führen, verstanden!“ – „Ja, ich habe verstanden“, nickt der Mann. Dann umarmt er noch in Handschellen seine weinende Mutter und drückt sie fest. „Ich bereue es wirklich, Mama.“ – „Ich weiß, ich mag dich eh trotzdem“, schluchzt sie. Das Urteil ist rechtskräftig.
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