Von der Schultafel bis zum Smartphone und vom „Waldbauernbuben“ bis zu „Harry Potter“: Eine neue Ausstellung im Studierstüberl des Rosegger-Museums in Krieglach begibt sich auf einen spannenden Streifzug durch die Geschichte der Kindheit.
Wohl kaum ein deutschsprachiger Autor des 19. Jahrhunderts hat der Kindheit – im Besonderen der ländlichen Kindheit in den Alpen – ein so bleibendes literarisches Denkmal geschaffen wie Peter Rosegger in seinen Waldbauernbub-Geschichten: „Die Texte geben einerseits einen sehr realistischen Einblick in den Alltag von Kindern zu dieser Zeit, andererseits sind sie aber auch stark idealisiert und romantisierend“, sagt Bianca Russ-Panhofer vom Rosegger-Museum in Krieglach. Sie hat im Studierstüberl des Museums die neue Ausstellung „Kindheit im Wandel“ kuratiert.
Denn Rosegger ist nicht der Einzige, der zu seiner Zeit viel über dieses Thema nachdenkt: „Vor allem im Bürgertum entwickelt sich ein neues Bewusstsein für die Kindheit und Jugend als schützenswerte und prägende Zeit in der Entwicklung eines Menschen“, sagt Russ-Panhofer.
Denn das war nicht immer so: „Noch im Mittelalter gab es etwa die Denkschule, dass ein Mensch spätestens mit sieben Jahren, wenn er vernünftig sprechen konnte, ein selbstständiges Wesen ist, das zur Arbeit in andere Haushalte oder Betriebe gegeben werden konnte“, weiß Russ-Panhofer.
Kindererziehung: Rosegger las Älplern die Leviten
All das ändert sich in Roseggers Zeit, und der steirische Autor schreibt viel darüber – vor allem in seinem „Heimgarten“: „In einem Text etwa liest er den Älplern in puncto Kindererziehung die Leviten und wirft ihnen vor, dass sie sich oft besser um ihr Vieh kümmern als um ihre Kinder. Er fordert auch von den Vätern ein, dass sie ihre Freizeit mehr mit den Kindern als im Wirtshaus verbringen“, sagt Russ-Panhofer.
Aber Rosegger kritisiert auch die Städter, die ihre Kinder „in Watte packen“ und „wie eine Puppe behandeln“. Zudem spricht er sich etwa gegen gekauftes Spielzeug aus, das zu jener Zeit in Mode kommt, weil diese vorgefertigten Spiele „die natürliche Kreativität der Kinder“ hemmen würden.
Rosegger: Schulanstalten liefern nur „Alltagsmenschen“
Viel zu sagen hat Rosegger auch über das Schulwesen. Er spricht sich zwar sehr klar für die Schulpflicht aus, zeigt aber auch „eine gewisse Scheu gegen manche Erziehungsanstalten“, weil sie der Individualität der Buben und Mädchen nicht gerecht würden: „Sie gleichen und ebnen alles und liefern Alltagsmenschen“, schreibt Rosegger.
Russ-Panhofer findet aber auch kritische Worte über Roseggers Äußerungen: „So fortschrittlich er in manchen Belangen auch war, in Bezug auf die Kindererziehung hat er fest am Patriarchat festgehalten. Für Buben wollte er die bestmögliche Bildung, für Mädchen wollte er gerade soviel Wissen, wie sie für eine gute Führung des Haushalts brauchten – und mehr nicht!“
Anhand von literarischen und essayistischen Texten Roseggers hat die Kuratorin einen spannenden Streifzug durch die Geschichte der Kindheit der letzten 200 Jahre gestaltet, der von Schnellfeuerhosen bis Stramplern, von Schultafeln bis Smartphones und vom „Waldbauernbuben“ bis „Harry Potter“ reicht.
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