Er war eine Urgewalt auf dem Rugbyfeld: Muskelbepackt, mit langen schwarzen Haaren, wildem Rauschebart und gefürchtet in den Zweikämpfen. Doch Sébastien Chabal, auch „die französische Bestie“ genannt, kann sich an seine aktive Karriere nicht mehr erinnern. Der 47-Jährige leidet an einem dramatischen Gedächtnisverlust.
Chabal war eine Ikone des französischen Rugbys. Zwischen 2000 und 2011 stand er 62-mal für die Nationalmannschaft auf dem Platz. Wegen seiner imposanten Erscheinung – massig, wild, furchteinflößend – wurde er nicht nur „die französische Bestie“, sondern auch „Caveman“ genannt. Sein Markenzeichen: kompromisslose Zweikämpfe. Chabal teilte aus – und steckte ebenso ein. Es kam häufig vor, dass seine Gegner nach einem Zusammenstoß das Bewusstsein verloren. Doch auch er selbst kassierte immer wieder harte Treffer am Kopf. Der Schmerz verging schnell, die Spätfolgen aber sind dramatisch.
„Ich dachte immer, dass ich ein Hochstapler bin, ...“
„Ich erinnere mich an keine einzige Sekunde eines Rugbyspiels, das ich gespielt habe“, gestand der 47-Jährige nun in einem Interview auf dem YouTube-Kanal „Legend“. Elf Jahre nach dem Karriereende scheint Chabal den Preis für seine Zähigkeit auf dem Feld zu zahlen. „Jedes Mal erzähle ich meiner Frau davon und sage: ‘Ich habe das Gefühl, dass nicht ich es war, der Rugby gespielt hat‘. Ich dachte immer, dass ich ein Hochstapler bin, weil ich zufällig dorthin gekommen bin. Da ich mich nicht erinnern kann, habe ich den Eindruck, dass ich es nicht war.“
Einen Neurologen will der Ex-Nationalspieler nicht aufsuchen. „Was soll man machen, mein Gedächtnis kehrt nicht zurück“, sagte Chabal. Und das, obwohl selbst einschneidende, persönliche Erlebnisse aus seiner Erinnerung gelöscht sind – wie etwa die Geburt seiner Tochter.
Bei Weltmeisterschaften war für Chabal 2003 und 2007 stets im Halbfinale Endstation, 2007 und 2010 gewann er mit Frankreich das Six-Nations-Turnier.
Hirnverletzungen durch Kopfstöße und Folgeschäden wie Demenz oder Epilepsie sind keine Seltenheit unter Rugbyspielern. Im Dezember 2023 hatte eine Gruppe von fast 300 ehemaligen Spielern dem Weltverband World Rugby und den Rugby-Verbänden aus England und Wales vorgeworfen, keine ausreichenden Maßnahmen zum Schutz der Spieler getroffen zu haben. Teil der Gruppe waren der englische Weltmeister Steve Thompson und der ehemalige walisische Nationalspieler Alix Popham, die beide an Demenz leiden.
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