



Wenn Kinder nicht nur laut sein dürfen, sondern sogar müssen, dann ist der Vorabend zum Gedenktag des Heiligen Georg angebrochen. Am Faaker See zieht der Brauch immer größere Kreise. Immer mehr Kinder ziehen lärmend umher, bald vielleicht mit dem Siegel UNESCO-Welterbe.
Auf einem Schimmel soll Georg von Kärnten nach Krain geritten sein, so erzählt es zumindest eine Legende. Der aus der heutigen Türkei stammende Georg soll den Drachen und damit das Böse bezwungen haben, was ihn zu einem der 14 Nothelfer machte. Nach ihm ist der alte Frühlingsbrauch des Georgijagens, im slowenischen Dialekt Šentjuria jahat, benannt.
„Der Brauch hat vorchristliche und slawische Wurzeln, ging von Weißkrain aus, wo Georg verehrt wurde, vermischte sich mit christlichen und deutschen Elementen und wurde in der zweisprachigen Kärntner Region beliebt“, weiß Herbert Sternig von der Dorfgemeinschaft Latschach. Die Latschacher beleben seit Jahren den alten Brauch und haben mittlerweile Volkskundler gebeten, Expertisen über das Georgijagen zu verfassen, um in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen zu werden - vielleicht kann das bereits im Herbst gefeiert werden. „Der Antrag wird von der Gemeinde Finkenstein, von 22 Gemeinschaften beider Volksgruppen, von acht Schulen und sieben Pfarren unterstützt“, so Sternig. Diese breite Unterstützung spricht für die große Beliebtheit des Brauches.
Kuhhornunterricht durch die Dorfgemeinschaft in der Schule
Jahrzehntelang war das Georgijagen, das einst zwischen Drau und Gail, rund um den Faaker See und auf den Ossiacher Tauern üblich gewesen war, nicht so häufig zu erleben gewesen. Die Dorfgemeinschaft Latschach wollte den Brauch aber wieder beleben, konnte in Volksschulklassen gehen, um mit den Kindern zu üben, wie man den Bocks- und Kuhhörnern Töne entlockt. Die Lehrerinnen studierten mit den Mädchen und Buben die Segenssprüche in deutscher und slowenischer Sprache ein.
Der Heilige Georg klopft an die Tür und bittet um ein Nachtquartier. Er wünscht Unglück hinaus und Glück hinein, das ganze Haus soll gesegnet sein. Er segnet den Herrn, die Frau, die Kinder, die Tiere im Stall und die Hühner, dass sie viel Eier legen und uns auch ein paar geben. Die Ratzen und die Tatzen soll der Teufel zerkratzen. Nun gebt, was euer Wille ist.
Ein Spruch der Georgijäger
Beinahe vergessen, nun in sechs Gemeinden lebendig
Und damit wurde das Georgijagen wieder ein äußerst lebendiger Brauch, der heute in sechs Gemeinden ausgeübt wird: in Finkenstein, im Süden von Villach, also in der früheren Gemeinde Maria Gail, in Wernberg rund um den Sternberg, in Velden, konkret von Lind bis Latschach, in Feldkirchen und Rosegg.
„Es handelt sich dabei um einen uralten Hirten- und Heischebrauch, der am Vorabend des Georgitages stattfindet. Der Lärm soll die Wintergeister vertreiben und der Segen den eigentlichen Frühlingsbeginn markieren“, so Sternig. Am 22. April treffen einander also die Kinder – früher ausschließlich Buben, heute natürlich auch Mädchen – beim schon zuvor zusammengetragene Reisighaufen, der entzündet wird. Nach dem Gebet vor dem brennenden Haufen stürmen die Buben und Mädchen ins Dorf, blasen laut in ihre Hörner und schlagen mit den Glocken.
Eierspeise beim Capo
Für ihre bei den Häusern aufgesagten Segenssprüche bekommen sie zum Dank Brot, Eier, Butter und Sasaka, also Verhackertes. Nach dem Georgijagen gibt es beim Capo, beim Anführer der Kinder-Bande, eine Eierspeise. „Der Brauch ist identitätsstiftend. Er verbindet die Volksgruppen, stärkt die slowenische Sprache und macht zugewanderte mit schon länger ansässigen Familien besser bekannt“, beobachtet Sternig. „Seit der UNESCO-Antrag läuft, haben noch mehr Gemeinschaften das Georgijagen wieder aufleben lassen. In der Gemeinde Finkenstein sind die Kinder in fast allen Dörfern von Mallenitzen bis Korpitsch unterwegs. Und der Funke ist auf andere Gemeinden übergesprungen“, freut sich die Dorfgemeinschaft Lataschach, die als Motor großartige Arbeit geleistet hat.
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