Von Kommentaren und Blicken bis zu Zwangsheirat und Gewalt in den eigenen vier Wänden: Alexandra Muth und Birgit Hofstadler stehen hinter einem neuen Projekt des Vereins Mafalda, das für geschlechterbasierte Gewalt sensibilisieren soll. In Workshops wird laut ausgesprochen, was sonst oft totgeschwiegen wird.
Während Männern eher Gewalt im öffentlichen Raum widerfährt, ist für Frauen der gefährlichste Ort das eigene Zuhause. Zwar mag die „g‘sunde Watschn“ seltener werden, doch eine toxische Beziehung kennen die meisten aus dem eigenen Umfeld. „Geschlechterbasierte Gewalt gibt es überall, wo es patriarchale Strukturen gibt. Sie fängt ab dem Moment an, wo sich jemand diskriminiert oder eingeengt fühlt“, erklärt Alexandra Muth von Mafalda, dem Grazer Verein zur Unterstützung von Mädchen.
Diese ersten Anzeichen sind vielen nicht bewusst: „Junge Menschen denken oft, dass bei Gewalt jemand bluten muss.“ Das weiß Muth aus Erfahrung – denn für das neue Projekt „Her*Power“, finanziert über das Bundeskanzleramt, steht sie selbst im Klassenzimmer und hält Workshops, die Mädchen wie Jungs vor der Gewaltspirale bewahren sollen. Sie sagt: Verwandtschaftsbasierte Gewalt könne alle Geschlechter betreffen.
Und die Sozialpädagogin macht eine weitere Beobachtung: „Die Gewalt hat durch Social Media zugenommen.“ Diese Meinung teilt auch Birgit Hofstadler, Leiterin des Jam-Mädchenzentrums, dem Jugendzentrum von Mafalda. So würden Jugendliche Trend-Personen wie Andrew Tate (bekannt für seine frauenfeindlichen Aussagen) nacheifern oder Halbwissen verbreiten, mit der Anmerkung: „Das habe ich auf TikTok gesehen.“
Junge Menschen denken oft, dass bei Gewalt jemand bluten muss. Dabei fängt sie ab dem Moment an, wo sich jemand diskriminiert oder eingeengt fühlt. Lehrer und Lehrerinnen erzählen uns unter anderem von Gewaltvorfällen oder sexistischen Vorfällen in den Schulen.
Alexandra Muth
Mitarbeiterin Projekt „Her*Power“
Bild: Fanny Gasser
Aber wie wollen die beiden dem entgegenwirken? „Her*Power“ gliedert sich in drei Bereiche, wobei es vor allem um Prävention und Sensibilisierung geht. Das primäre Angebot sind Workshops für Schulklassen – geblockt in drei Einheiten für alle Steirer und Steirerinnen ab 14 Jahren. Zweitens bietet das Mafalda-Team geschützte Gesprächsräume im Jam-Mädchenzentrum (Arche Noah 11, 8020 Graz). „Auch hier geht es stark um Prävention. Treten junge Frauen mit konkreten Fällen an uns heran, so vermitteln wir weiter“, sagt Muth.
Zwangsheirat als besonders sensibles Thema
Die dritte Säule bilden Vertreterinnen aus der jungen Altersgruppe, die sie noch mobilisieren wollen. Sie sollen die Inhalte niederschwellig in den Klassenräumen verbreiten. „Oft dauert es, bis sich jemand öffnet“, sagt Hofstadler. Hier sei es wichtig, dass Freundinnen hartnäckig bleiben. Besonders sensibel ist das Thema Zwangsheirat, von dem in Österreich offiziell jährlich etwa 200 Frauen betroffen sind – die Dunkelziffer ist weitaus höher. „Und es trifft alle Religionen und Kulturen“, sagt Hofstadler.
„Häufig waren jungen Frauen die Zwänge und Einschränkungen, unter denen sie leben, lange gar nicht bewusst. Dann ist es sehr schwierig, daraus auszubrechen, weil man möglicherweise mit Menschen, die man liebt, brechen muss“, sagt Hofstadler. Mafalda hat für solche Themen mit gezielter Jugendarbeit für Frauen seit 35 Jahren an drei Standorten und in Form von 50 Mitarbeiterinnen ein offenes Ohr. „Bei Mafalda hat jedes Thema - von Liebeskummer bis zu massiver Gewalt – einen geschützten Rahmen, wo es ohne Angst angesprochen werden kann.“
Der Workshop „Her*Power“ kann von steirischen Schulen und Jugendeinrichtungen gebucht werden. Über Alexandra Muth, alexandra.muth@mafalda.at, oder online.
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