Nach 450 Jahren

Admonter Passionsspiel feiert „Wiederauferstehung“

Steiermark
18.04.2025 11:00

Ein Geistlicher verfasste im 16. Jahrhundert im heute weltberühmten obersteirischen Stift Admont ein christliches Drama, das nicht nur das Leiden Jesu, sondern auch die Himmelfahrt zeigt. Nun gibt es eine Neuausgabe dieses einzigartigen, 450 Jahre alten Passions- und Auferstehungsspiels.

Nun merckt mich, ir Juden, eben: Den Barrabam thue ich euch ledig geben, aber Jesum von Nasaret nemet hin und nach eurem Begern creizigt in!

Es war um das Jahr 1585, als ein tiefgläubiger Geistlicher diese Zeilen verfasste, die seine Zeitgenossen ganz in den Bann zogen und mitrissen: Pontius Pilatus, Präfekt des römischen Kaisers Tiberius in Judäa, wird zum irdischen Richter über Jesus. Er lässt den Verbrecher Barrabas frei und überlässt der schreienden Menge den Nazarener: „Kreuzigt ihn, wenn ihr das wollt!“

Eine Seite der Passionsspiel-Handschrift des 16. Jahrhunderts, die auch Gesänge und Melodien enthält. (Bild: Stift Admont)
Eine Seite der Passionsspiel-Handschrift des 16. Jahrhunderts, die auch Gesänge und Melodien enthält.

Die emotionale, den Christen aus der Bibel bestens bekannte Szene ist Teil des faszinierenden Admonter Passionsspiels, dessen einzige Handschrift im Benediktinerstift Admont erhalten ist. Wahrscheinlich also war der Autor des großen Osterspiels aus gegenreformatorischer Zeit ein Mönch im heute ältesten Kloster der Steiermark. Den Auftrag dazu dürfte der gute Mann von seinem damaligen Abt Johann Hoffmann bekommen haben.

Gregorianik galt als göttlich inspiriert
Jetzt feiert das rund 450 Jahre alte Werk eine österliche „Wiederauferstehung“ – und zwar in Form einer Neuausgabe aus den Händen des ehemaligen Professors für Germanistik an der Uni Graz, Wernfried Hofmeister, und des Musikologen Stefan Engels, eines Experten für Gregorianik und mittelalterliche liturgische Musik.

„Wie kaum ein anderes Passions- und Auferstehungsspiel bietet die Admonter Handschrift nicht nur volkssprachlich reizvoll gereimte Sprechtexte, sondern enthält auch ungewöhnlich zahlreiche gregorianische Gesänge in Latein in vollständiger Notation“, erklären die Autoren. „Der Gregorianische Choral wurde als die eigentliche Musik der Kirche angesehen. Seine Melodien galten als göttlich inspiriert“, sagt Engels. Liturgische Gesänge waren für die Menschen im Mittelalter daher „heilig“.

Wernfried Hofmeister, der das Werk (Uni-Press Graz Verlag) gemeinsam mit Stefan Engels in einer Neuausgabe herausgegeben hat. (Bild: Wernfried Hofmeister)
Wernfried Hofmeister, der das Werk (Uni-Press Graz Verlag) gemeinsam mit Stefan Engels in einer Neuausgabe herausgegeben hat.

Bei Admonter Stück gab es „Happy End“
Die Idee hinter der neuen, in das 21. Jahrhundert übertragenen Fassung: Das geistliche Drama solle „mundgerecht“ sein, damit man es auch heute wieder rezitieren, singen und allösterlich aufführen könne. Im Buch abgedruckt ist daher der originale frühneuhochdeutsche Text samt Melodien, zudem sollen Übersetzungen der historischen Zeilen und der lateinischen Gesänge das Verstehen der Leidensgeschichte Jesu erleichtern.

Aber drehen wir das Rad noch einmal zurück in das 16. Jahrhundert und blicken auf den unbekannten, bibelfesten Schreiber, wie er möglicherweise in seiner einsamen Klosterzelle oder der Schreibstube inmitten seiner Mönchsbrüder sitzt.

Er hat die geniale Idee, sein Stück in zwei Abschnitte zu teilen: zum einen die Passionsgeschichte, zum anderen das schon erwähnte Auferstehungsspiel. Im Passionsteil mit dem Gebet im Garten Gethsemane, der Verurteilung, der Kreuzigung und dem Tod Jesu treten unter anderem Judas, Pilatus, der Hohepriester Kaiphas, Maria Magdalena und die zwei mit Jesus Hingerichteten – „der linke und der rechte Schächer“ – auf. Beim zweiten Abschnitt, der die Auferstehung Jesu in Szene setzt, kommen Petrus, Johannes und Thomas zu Wort.

Das Passionsspiel wird im Archiv der weltberühmten Admonter Stiftsbibliothek verwahrt. (Bild: Pail Sepp)
Das Passionsspiel wird im Archiv der weltberühmten Admonter Stiftsbibliothek verwahrt.

Mit dabei: Frühe „Special effects“
„Beim ersten Teil konnten die Zuseher den Atem anhalten, im zweiten Teil ausatmen. Denn da folgte die Himmelfahrt Christi – und damit gewissermaßen ein Happy End“, berichtet Hofmeister. Einzigartig seien die exakten Regie-Anweisungen: Der Geistliche wusste genau, wie man Bühnentechnik clever einsetzt und welche frühen „Special effects“ dem Publikum kalte Schauer über den Rücken jagen konnten.

Licht, Feuer, tierisches Blut, wackelnde Sessel – all das fand sich im trickreichen Repertoire. Das Spiel dürfte im freien Gelände stattgefunden haben, es gab Prozessionselemente, Bühnen wurden aufgestellt, Kulissen getauscht, das herbeiströmende Volk in die fesselnde Handlung eingebunden. „Das Admonter Passionsspiel wurde so zu einem multimedialen Gesamterlebnis für die Gläubigen und einem religiösen Gesamtkunstwerk“, betont der Professor.

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