Ein Fahrrad am Laternenmast? Ein Leiterwagen auf dem Dach? Ein Anhänger mitten auf der Wiese? Wer am Ostermontag durch Obertraun am Hallstättersee spaziert, reibt sich nicht selten verwundert die Augen. Was nach einem nächtlichen Scherz aussieht, hat tatsächlich Tradition – und zwar eine ganz besondere: das „Oaradln“.
In der Nacht von Ostersonntag auf Ostermontag ziehen junge, kräftige Burschen durch den Ort – meist mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht. Ihr Ziel: Gegenstände mit Reifen, die scheinbar „herrenlos“ herumstehen. Fahrräder, Kinderwägen, Scheibtruhen oder Anhänger – alles ist potenzielle „Beute“, wenn es keinen Besitzer zu geben scheint oder es herumsteht.
Keine technischen Hilfsmittel
Manche werden dabei kalt erwischt: „Die Obertrauner kennen den Brauch, aber Zweitwohnbesitzer oder auch Mitarbeiter von Baufirmen, die ihre Gerätschaften bei uns stehen haben, werden von dem lustigen Treiben manchmal überrascht“, erzählt Bürgermeister Egon Höll. Doch gestohlen wird nichts – nur kreativ umdekoriert: Die gefundenen Objekte landen hoch oben auf Bäumen, auf Dächern, an Zäunen oder Laternen. Das Besondere: Es darf kein technisches Hilfsmittel verwendet werden – Muskelkraft, Teamarbeit und ein gutes Maß an Geschick sind gefragt.
Am nächsten Morgen gehört das „Oaradln“ dann ganz offiziell zum Ortsbild. Spaziergänger und Ausflügler durchstöbern die Straßen auf der Suche nach den kurios platzierten Gegenständen – mal belustigt, mal leicht genervt, aber meist mit einem Schmunzeln. „Das ,Oaradln’ bei uns in Obertraun hat eine lange Geschichte. Der eigentliche Sinn war früher, Landwirte, die ihre Gerätschaften herumstehen hatten, darauf aufmerksam zu machen, dass sie wieder einmal zusammenräumen sollen“, erklärt Bürgermeister Höll.
Nicht alles findet sofort wieder seinen Besitzer
Die Tradition lebt: „Heute treffen sich immer noch Jugendliche, die den Brauch hochleben lassen. Wichtig ist, dass niemandem etwas passiert und nichts kaputt wird.“ Nach Ostern dauert es manchmal länger, bis alles wieder an seinem Platz ist, die Besitzer sind selbst verantwortlich. „Wenn aber nach zwei Wochen immer noch ein Radl an der Laterne hängt, rücken auch schon einmal die Mitarbeiter des Bauhofes aus.“
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