Dompfarrer im Gespräch

Faber: „Helnwein war mir ein guter Seelsorger“

Adabei Österreich
20.04.2025 07:00

Kurz vor Ostern trafen wir Dompfarrer Anton „Toni“ Faber in Wien und sprachen mit ihm über den Papst, weltliche Versuchungen, Rücktrittsgedanken und was er Ihnen noch zum Fest sagen will ...

„Krone“: Danke, dass Sie uns heute in der Pfarrkanzlei empfangen, zu Hause durften wir Sie aber nicht besuchen, weil Sie damit „schon einmal eingefahren sind“. Wie das?
Dompfarrer Anton „Toni“ Faber: Eine Homestory zu machen war mir eine ganz ehrliche Sache, weil warum soll ich nicht herzeigen können, wie ich lebe und womit ich mich umgebe, Möbel, liebgewonnen Sachen, ich habe auch hunderte Engel bei mir in der Wohnung. Aber Menschen missverstehen in einer Art von Missgunst und Neid alles, was schön ist und würden fordern von einem Priester, dass er in Sack und Asche nicht nur sich kleidet, sondern in Sack und Asche auch wohnt. Ja, und dieses Missverständnis kann man nicht ausräumen. Auch ganz große Medienprofis wie Wolfgang Rosam – sein schwerster Fehler im Leben war, eine Homestory zu machen. Der hat Kunden verloren, die wesentlich reicher waren als er, die ihm aber missgönnt haben, dass er seinen Swimmingpool zu Hause herzeigt, einen Weinkeller und die Schuhsammlung seiner Frau. Und wirklich, sogar meine Geschwister sind angesprochen worden, was der Toni Faber für ein pompöser Geselle ist, insofern habe ich keine Freude mehr an Homestories, was total schade ist.

Ihr Vater hatte viele Kinder aus unterschiedlichsten Verbindungen und verließ Ihre Familie bald. War ihre Mutter gläubig?
Meine Mutter und mein Vater waren beide gläubig und haben mich beide in die Kirche geschickt. Dann als Jungscharkind, als Erstkommunionskind, als Ministrant habe ich meine neue Heimat, meine neue Familie gefunden in der Pfarrgemeinde. Übrigens gleichzeitig auch mit den Kinderfreunden und den Roten Falken. Als ich jetzt gerade einen großen sozialdemokratischen Politiker und Funktionär, Erik Hanke, der viel für die Vereine getan hat, begraben habe, konnte ich ihn das vor Ort noch einmal sagen. Und dann habe ich mich für die kirchliche Laufbahn entschieden, der liebe Gott wollte mich in der Pfarrgemeinde mit Verantwortung ausrüsten. Ich bin relativ jung, Verantwortlicher geworden für die Jungschar der gesamten Pfarre und für die Ministranten und das mit großer Freude. Dann aber kam noch einmal dieser gesundheitliche Einschnitt, als mir eine Ärztin sagte, dass ich nur mehr zwei drei Jahre zum Leben habe. Am Ende war es nicht so extrem schlimm, ich lebe noch heute und dann wusste ich: Gott braucht mich in der Nachfolge als Priester.

Die Frage ist entlehnt von Giovanni die Lorenzo, er stellte sie auch Papst Franziskus. Glauben Sie auch an den Teufel?
Ich rechne mit seiner Gegenwart und seiner Macht und seinen Versuchungen. Die sind allgegenwärtig in der Weltpolitik, wenn ich mich umschaue. Aber natürlich im Kleinen und im Großen. Der Versucher, der Durcheinandertreiber, der alles durcheinanderbringt und nicht darauf abzielt, Liebe, Gerechtigkeit und Frieden wachsen zu lassen, der ist allgegenwärtig. Das heißt, der Teufel ist allgegenwärtig. Nicht so, dass ich ihn täglich mit dem Namen anspreche, aber ich muss mich jeden Tag neu entscheiden. Für einen Frieden, der nicht Friedhofsfrieden ist, sondern Frieden auf dem Boden der Gerechtigkeit, denn ich kann nicht einfach jemanden anderen was Böses antun und der kommt dann zu mir: „Der Friede sei mit dir“. Nein, noch nicht. Wir müssen noch manches klären. Es muss auch an der Gerechtigkeit gearbeitet werden, damit ich für den Frieden bereit sein kann.

Sind Sie auch sonst ein Papst Franziskus zugewandt?
Hundertprozentig. Ich bin begeistert. Also seit Papst Franziskus, jetzt sind es 13 Jahre, diesen großartigen Dienst leistet, gibt es viele Probleme für mich nicht mehr, weil sehr viele Formen der Scheinheiligkeit und der Buckelei gegenüber Rom, der Ängstlichkeit gegenüber Rom keinen Hintergrund mehr haben. Niemand kann sich mehr in Rom über den Kardinal, über mich beschweren, denn der Papst will, dass wir in die Gesellschaft hinaustreten. Das ist eine oft falsch gedeutete fromme Sicht, „Wir müssen unter uns bleiben, möglichst heilig, dann wird die Welt heilig“. Nein, eine verbeulte Kirche ist dem Papst Franziskus lieber, die hinausgeht, sich schmutzig macht dort und eine Delle bekommt als die, die glaubt, im Elfenbeinturm sitzen bleiben zu können und nur sich selbst zu genügen.

Zu Ostern bleibt für den Dompfarrer wenig Zeit zum Plaudern. (Bild: Eva Manhart)
Zu Ostern bleibt für den Dompfarrer wenig Zeit zum Plaudern.

Kritisieren Sie etwas an der Kirche?
Vor allem mich. Da beginne ich, dass ich nicht dem nachkomme, was ich mir eigentlich vorgenommen habe, was der Wille Gottes für mich und klar erkennbar ist. Aber natürlich dann auch Verhältnisse innerkirchlich, wo ein Beharrungsvermögen, eine Scheinheiligkeit, ein „Obermoralistentum“ noch immer nicht ausgerottet ist. Das ist Jesus nicht anders ergangen, mit den Pharisäern und Hohepriestern. Diese Gefahr besteht in jeder spirituellen oder gläubigen Gemeinde, dass man nur sich selbst genügt, aber zu wenig nach außen geht. Zu viel an innerkirchlichen Dingen herumbasteln und glauben, damit die Welt zu retten, dabei aber noch nichts geleistet zu haben für den Dienst an den Menschen, an der Not der Welt.

Sie kritisieren sich selbst, wie ist das gemeint?
Dass ich gut daran tue, mir selbst den Spiegel vorzuhalten. Gestern sagte ich meinem Beichtvater, dass es höchste Zeit ist für einen Termin bei ihm und heute habe ich noch einen bei meinem Psychiater, auch um meine Lebensbalance zu betrachten und mich und meine Beweggründe immer wieder zu hinterfragen. Will ich glänzen? Will ich nur gefallen? Bin ich nicht faul? Bin ich nicht auf mich selbst gekrümmt? Nein. Ich soll auf Gott ausgerichtet werden, damit ich mehr Freude und mehr Einsatz habe für die Menschen.

Was bringen Sie denn mit, dass Sie trotz aller Gerüchte um Frauen, Auftritte in der Klatschpresse, Führerscheinabnahmen etc. eine solch schützende Hand über sich genießen?
Die schützende Hand Gottes weiß ich ganz sicher über mir, weil ich wirklich seit 27 Jahren sehr gerne als Dompfarrer hier arbeite und weiß, dass dieser Dienst, diese Bereitschaft, in die Stadt hinauszugehen, sehr willkommen ist. Gleichzeitig muss ich sagen, ich bin jetzt 63 geworden, ich muss Schwerpunkte setzen und manches kann ich eben besonders gut, und manches können andere viel besser, da klatsche ich dann auch Beifall. Ich habe viele Fehler. Sie haben vielleicht schon in manche Richtungen was aufgezählt, aber ich habe keine Eifersucht und keinen Neid und das wappnet mich ein bisschen vor missmutig werden und sich ärgern über. Ich habe früher Kritik ein bisschen zu wenig ernst genommen, wo ich Neid und Eifersucht dahinter vermutet, habe aber auch solche Menschen können sehr viel Sand ins Getriebe bringen, dass insgesamt der Sache schadet und mir und meinen Beziehungen, meinen Möglichkeiten zu wirken. Das muss ich einfach auch Kritik gelten lassen. Ich habe jetzt gerade am Vormittag in der Früh noch mit der Kritik vom Fastentuch voriges Jahr von Gottfried Helnwein beschäftigt, was mir sehr, sehr schmerzvoll noch immer am Herzen liegt. Aber nur beleidigt darauf zu regieren wäre keine adäquate Lösung, überlegen, was kann ich in der Zukunft anders machen und ich freue mich schon auf das ein oder andere Projekt in Zukunft mit Gottfried Helnwein und anderen Künstlerinnen und Künstlern. Und nächstes Jahr steht wieder was Besonderes an!

Sie behaupten wirklich von sich, frei von Neid zu sein?
Ja, das habe ich in die Wiege mitbekommen. Ich habe andere Fehler, aber ich bin nicht neidig.

Das Kunstprojekt von Gottfried Helnwein im Stephansdom hatte für Schlagzeilen gesorgt. (Bild: APA/HANS KLAUS TECHT / APA / picturedesk.com)
Das Kunstprojekt von Gottfried Helnwein im Stephansdom hatte für Schlagzeilen gesorgt.

Sie hatten im Zuge der „Causa Helnwein“ auch Rücktrittsgedanken, stimmt das?
Das war natürlich sehr schmerzlich, weil man gedacht hat, was wir ausgemacht haben, gilt und dass es nicht wegen Hunderter, Tausender Proteste abgehängt wird. Aber Gottfried Helnwein war mir ein sehr guter Seelsorger. Der hat mich aufgerichtet, als ich ihn angerufen habe, in meiner völligen Depression und gesagt, ich soll es nicht so ernst nehmen, wir werden etwas anderes finden. Am Tag darauf durfte ich ihm wieder Seelsorger sein, weil er zerstört war und sehr verärgert, dass das so gelaufen ist. Ich habe viele gute Freunde, die sagen, wegen eines Ärgers zurückzutreten wäre ganz dumm und das möchte ich auch auf die Seite schieben.

Wovor haben Sie denn persönlich Angst?
Da muss ich an die Spitzenpolitiker in der Kronen Zeitung denken, die sich zuletzt Spinnen, Geschwindigkeit und so weiter stellen mussten. Das war spannend, aber auch davor habe ich keine Nagst. Auch nicht vor dem Tod, weil ich eben mit 17, 18 Jahren konfrontiert war damit. Aber sicher gibt es Gefahren, denen ich mich nicht mehr aussetzen will, Beispiel das Motorradfahren, aber das ist keine Angst. Ich habe auch mal eine Bungee-Jumping Anlage gesegnet, eröffnet und bin als Erster gesprungen, ich war auch Turmspringer als Student und habe das gerne gemacht.

Also frei von Angst und Neid?
Angst, Neid und Eifersucht. Aber mit meinen vielen, vielen anderen Fehlern, gleicht sich das ja wieder aus.

Haben Sie eigentlich Zeit für private Osterfeierlichkeiten?
Ich werde schauen, dass ich meine Mama im Pflegeheim besuche und ihr auch einen Ostergruß bringe. Sie wird sich freuen, wenn ich dort bin. Sie ist leider in einer Phase des Alters mit 89 Jahren und einer Form der Demenz, in der sie sich nur mehr für die Gegenwart freut. Aber wenn ich sie frage, wie es mit meiner Schwester war, die vor zwei Stunden da war, weiß sie das nicht mehr. Aber ich teile diese kurzen und die ganz wenigen, ausgewählten Freuden mit ihr.

Was möchten Sie unseren Lesern zum bevorstehenden Fest sagen?
Ostern ist für mich nach wie vor ein Fest gegen die Schwerkraft. So vieles könnte uns beschweren und uns herunterdrücken, aber was wir brauchen, ist Hoffnung und Zuversicht. Schau hinauf, lass dich nicht niederdrücken, von dem, was privat in deinem Umkreis zugrunde geht, wo jemand stirbt, oder wo jemand schwer krank ist. Und lass dich vor allem von dieser wahnsinnigen Weltpolitik nicht herunterziehen. Weil wenn ich auf Putin, Trump und andere Konsorten schaue, müsste ich mir jeden Tag die Kugel geben. Das tue ich aber nicht, sondern ich setze mich fürs Leben ein. Und wenn jeder Mensch sich in seiner Umgebung für mehr Leben einsetzt, haben wir eine bessere Welt.

Und aus gegebenem Anlass: Möchten Sie so kurz vor der Wien-Wahl auch dazu noch etwas sagen?
Ich bin sehr froh, ein Wiener zu sein und wahlberechtigt zu sein und würde alle ermutigen, zur Wahl zu gehen. Treffen Sie Ihre gute Wahl. Und natürlich will und kann ich gar keine Wahlempfehlung geben. Aber dass Sie die Wahl wahrnehmen, nicht sich von der Sonne verleiten zu lassen oder zu glauben, dass es eh immer derselbe wird. Wie viele Länder würden sich alle zehn Finger abschlecken, wenn sie frei wählen könnten, unbeeinflusst von Medieneinschränkungen, von Machtgelüsten, von Potentaten … Nützen wir die Wahl, um weiter einer der lebenswertesten Städte der Welt zu bleiben!

Eine allerletzte Frage: Was ist Ihr „Guilty Pleasure“? Etwas, das sie mögen, dies aber ungern zugeben.
Ich habe mich heut in der Früh beim Morgengebet darüber geärgert, dass ich gestern Nacht noch zwei übrig gebliebene Baumstämme gegessen habe, die sind halt herumgelegen und die werden nicht besser. Und da sind so Sachen, die ich eigentlich mir vorgenommen habe, nicht zu machen, aber das ist zum Glück keine wirkliche Sünde natürlich. Ich habe gestern ein paar Klassik CDs geschenkt bekommen von einer lieben Mitarbeiterin – ein Harfenkonzert von Mozart, ist etwas, was mich aufrichtet. Ach ja – und ich habe gemerkt, diese Künstlerin taugt mir. Die habe ich mir gestern auch angehört. Sekunde, ich hab’s gleich. Ane Brune. Kennen Sie die? Ich habe das von einer Taufe, die Mutter hat das immer während der Schwangerschaft gehört, das war so lässig. „Make you feel my love”, „Stay with my“ …

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