Mit seinem Gemälde „Der Auferstandene“ sorgte der berühmte Osttiroler Maler Albin Egger-Lienz 1925 europaweit für Aufsehen – und auch im Vatikan wurde das Bild zum Gesprächsthema Nummer eins.
Betritt man die Kriegergedächtniskapelle am Gelände der Pfarre St. Andrä in Lienz, fallen einem sofort die Gemälde an den Wänden auf. Diese stammen vom Maler Albin Egger Lienz (gestorben 1926). Vor allem zur Osterzeit sticht ein Bild ins Auge: „Der Auferstandene“. Die Geschichte dahinter ist mehr als skurril.
Den Stein ins Rollen brachte der damalige Lienzer BM Josef Oberhueber. Er beauftragte 1925 Egger-Lienz, für die von Clemens Holzmeister entworfene Kapelle ein Gemälde zu erstellen. Als eine vierköpfige Delegation rund um Dekan Gottfried Stemberger das Bild erblickte, trauten sie ihren Augen kaum: „Der Auferstandene“ war zu sehen mit einem „Pudelkopf“, einer ungewöhnlichen Beinhaltung und einem viel zu schmalen Lendenschurz.
Kirche war sich uneins, Dekan kämpfte gegen Bild
Klerus und Bevölkerung waren über die Darstellung gespalten. Stemberger weigerte sich, das Gemälde in die Kapelle zu bringen und intervenierte bei Egger-Lienz: „Dieser war aber der Meinung, dass dies der schönste Christus ist, der jemals gemalt wurde“, weiß der Osttiroler Kunstexperte Erich Mair und erklärt, dass sich auch die Kirche uneins war, „die überwiegende Mehrheit nichts gegen die Anbringung hatte“.
Es war ein Kultur- und Kirchenskandal, der weit über die Grenzen Österreichs ging. Halb Europa berichtete darüber. Damit noch nicht genug: In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurde das Gemälde kurzerhand in die Kapelle eingemauert. Bei der Einweihung war „Der Auferstandene“ somit zu sehen. Zu diesem Zeitpunkt war auch ein hoher Kirchenvertreter aus Rom anwesend. Stemberger schilderte ihm die Vorkommnisse, kurz darauf entschied sich der Vatikan, ein Interdikt zu verhängen. Keine Feierlichkeiten durften mehr in der Kapelle abgehalten werden. Auch das Versprechen, Egger-Lienz nach seinem Tod dort zu begraben, wurde verwehrt.
Das Begräbnis musste in der Nacht stattfinden, niemand aus der Bevölkerung durfte dabei sein. Danach wurde die Kapelle wieder zugesperrt.
Kunstexperte Erich Mair
Heimliches Begräbnis und eine zweite Einweihung
Nach langem Kampf wurde er dennoch dort begraben, unter einer Bedingung: „Das Begräbnis musste in der Nacht stattfinden, niemand aus der Bevölkerung durfte dabei sein. Danach wurde die Kapelle wieder zugesperrt. Egger-Lienz war ein Gefangener seiner eigenen Grabstätte und liegt heute noch alleine dort“, so Mair.
Stemberger selbst kämpfte noch bis zu seinem Tod gegen das Gemälde. 1983 gab es eine Änderung des Kirchengesetzes in Rom, die das Interdikt in Lienz aufhob. Vier Jahre später wurde die Kapelle ein zweites Mal eingeweiht und dem Krimi damit ein Ende gesetzt.
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