Vertreter aus Kirche und Politik nehmen am Ostermontag mit zum Teil bewegenden Worten Abschied vom verstorbenen Papst. Eine zentrale Erinnerung zieht sich durch die wichtigsten Wortmeldungen: Franziskus habe primär die Kirche verändern wollen, nicht die Menschen. Bedürftige und Außenseiter nahmen den wohl größten Teil seines Engagements ein. Und: Seine letzte Botschaft – schwer gezeichnet am Ostersonntag am Petersplatz – galt eindringlichen Worten des Friedens.
Die „Krone“ telefonierte am Ostermontag um 10.30 Uhr mit einem hörbar bewegten Kardinal Christoph Schönborn. Er, der selbst einmal als wählbarer Papst-Anwärter galt, kannte den Heiligen Vater von allen österreichischen Würdenträgern am besten – seit 1997, damals noch als Weihbischof von Buenos Aires.
Zu Franziskus‘ Tod sagt der Kardinal: „Es ist ein starkes Zeichen, dass der Papst zu Ostern gestorben ist. Er hat an das ewige Leben nach dem Tode geglaubt. Seine Krankheit hat er tapfer ge- und ertragen. Sein letzter Besuch außerhalb des Vatikans am Gründonnerstag war im Gefängnis. Um uns zu sagen: ,Achtet auf die, die aus welchem Grund auch immer, ausgegrenzt sind.‘ Sein großer Appell, das große Thema war auch: Hört auf mit dem Krieg, schließt Frieden.“
„Die Dynamik der Gewalt muss enden“
Kardinal Schönborn weiter: „Er hat den Dialog mit allen und allen Religionen gesucht. Denn wir sind alle Brüder und Schwestern. Wenn man auf seine letzte Botschaft, auch schriftlich, sein Vermächtnis hört, dann müssen die Waffen schweigen und die Dynamik der Gewalt enden.“
In einem letzten Kraftakt hatte Franziskus am Ostersonntag am Petersplatz noch einmal sämtliche Kriegsparteien beschworen, das Feuer einzustellen, die Geiseln freizulassen und den Menschen zu helfen – krone.at berichtete.
„Nicht Gläubige auf rechten Weg führen, sondern die Kirche“
Caritas-Europa-Präsident und früher langjähriger Caritas-Chef in Österreich, Michael Landau, ließ die „Krone“ wissen: „Ein zentrales Vermächtnis von Papst Franziskus wird sein, dass er nicht zuerst die Gläubigen auf den sogenannten rechten Weg führen wollte, sondern die Kirche selbst. Franziskus führte die Menschen nicht mehr in den Gerichtssaal, sondern er versteht Kirche als ein „Feldlazarett“. Papst Franziskus hat die Kirche und die Welt erinnert: Wir sind Pilger der Hoffnung. Und er schaute nicht zuerst in Bücher, sondern in die Gesichter der Menschen. Er bezeugte – vor allen anderen – die Barmherzigkeit Gottes, ein Leitmotiv der Bibel.
Er hat deutlich gemacht, dass der Platz der Kirche an der Seite der Armen sein muss. Und er ist als Papst „vom Ende der Welt“ dabei selbst an die Ränder der Gesellschaft gegangen.
Als „Inspiration für Millionen Gläubige und weit darüber hinaus“ sowie „Wegweiser der Hoffnung“ hat auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen den verstorbenen Papst gewürdigt. Er sei ein „Papst für soziale Gerechtigkeit“ gewesen und „ganz nah den Menschen“.
„Er reiste nach Lampedusa und gedachte der vielen Toten“
Van der Bellen: „Er reiste nach Lampedusa zu den Flüchtlingen und gedachte dort der vielen Toten im Mittelmeer. Er setzte sich für die Bewahrung der Schöpfung ein. Er sorgte dafür, dass Obdachlose in der Nähe des Petersplatzes duschen können. Er kritisierte menschenverachtende Worte und Gesten. ,Ich war fremd. Und ihr habt mich aufgenommen‘, diese Bibelstelle hat er nicht nur öffentlich zitiert, er hat sie gelebt.“
Franziskus habe nie weggeschaut – „er schaute hin, und mit ihm die Welt“. Immer wieder habe er einen Scheinwerfer dorthin gerichtet, wo er das Wohl der Menschen gefährdet gesehen habe. Für ihn werde der Name Franziskus immer für Nähe und Menschlichkeit stehen, schloss Van der Bellen.
Für Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) wird „der unermüdliche Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und Toleranz“ des Papstes unvergessen bleiben: „Sein Wirken als Verbinder zwischen Nationen, Religionen und Kulturen hat unzählige Menschen inspiriert. Papst Franziskus‘ Glaube, seine Demut und sein Dienst an den Schwächsten der Gesellschaft werden als sein Vermächtnis weiterleben.“
Franziskus habe in seinem Dienst als Nachfolger Petri weltweit viele Menschen inspiriert, betonte auch die für Religionsfragen zuständige Kanzleramtsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) in einem Tweet (siehe oben) – „durch seine Bescheidenheit, seinen Einsatz für Gerechtigkeit & den offenen Dialog mit allen“.
Kirchenglocken läuten um 17 Uhr, Requiem im Stephansdom
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, kündigte an, dass am Ostermontag um 17 Uhr in ganz Österreich die Kirchenglocken für zehn Minuten läuten, Kirchen und kirchliche Gebäude werden schwarz beflaggt. Franziskus habe „die Kirche gezeigt, die sich den Armen zuwendet, den Benachteiligten, den Unterdrückten; die all jenen nachgeht, die ihr fern sind“, so Lackner. „Er war eine Stimme für den Frieden in einer Welt des Krieges, er weinte öffentlich um das Leid der Unschuldigen.“
Im Wiener Stephansdom wird Kardinal Christoph Schönborn ab 18 Uhr ein kleines Requiem für den verstorbenen Papst leiten.
„Mann der Überraschungen“
Franziskus habe mit seinem Auftreten nach seiner Wahl überrascht, betonte Lackner. Und zuletzt habe er nochmals überrascht, „als er noch einmal alle Kräfte sammelte, um nach schwerster Erkrankung zur Feier der Auferstehung bei den Menschen sein zu können“. Auch der Präsident der Katholischen Aktion Österreich, Ferdinand Kaineder, nannte Franziskus einen „Mann der Überraschungen“. Schon seine Namenswahl sei ein deutliches Zeichen für einen neuen Stil gewesen.
Leise Kritik an fehlendem gemeinsamem Abendmahl
Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka würdigte den Einsatz des Papstes in sozialen Fragen. Franziskus sei konsequent für Verständigung und Versöhnung eingetreten und habe sich intensiv für die Bewahrung der Schöpfung in der ganzen Welt eingesetzt. Kritisch merkte er an, dass sich in Franziskus‘ Amtszeit „die Hoffnung, dass das gemeinsame Abendmahl zwischen katholischen und evangelischen Christen möglich werde, nicht erfüllt hat“. In dieser Frage habe sich nichts Substanzielles bewegt.
Islamische Gemeinschaft würdigt „Dialog“
Die Islamische Glaubensgemeinschaft Österreichs (IGGÖ) nannte Franziskus einen „unermüdlichen Förderer des interreligiösen Dialogs“. Der griechisch-orthodoxe Metropolit von Austria und Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz in Österreich, Arsenios, nannte den Tod des Papstes auch für die Orthodoxie einen „großen Verlust“. Als „Friedenspapst“ würdigte ihn der Wiener armenisch-apostolische Bischof Tiran Petrosyan.
Freilich gab es am Ostermontag auch zahlreiche weitere Reaktionen aus der heimischen Politik, auch aus den Bundesländern. Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) schrieb: „Er stritt für Reformen und Erneuerung und wurde nie müde, Haltung zu zeigen und Ungerechtigkeiten anzusprechen.“ Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) erinnerte daran, dass Franziskus noch am gestrigen Sonntag den Ostersegen gespendet habe. Er habe sich der Reform der Kirche und dem Frieden verschrieben.
Kickl: „Klare Worte gegen Ausgrenzung“
„Tief betroffen“ äußerte sich FPÖ-Chef Herbert Kickl. Die Welt verliert mit dem verstorbenen Papst nicht nur das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, sondern auch eine „herausragende moralische Instanz unserer Zeit“. „Sein Einsatz für soziale Gerechtigkeit, seine klaren Worte gegen Ausgrenzung, Armut und Umweltzerstörung sowie sein stetiger Appell zu Frieden und Dialog haben weltweit Wirkung gezeigt.“
Grünen-Bundessprecher Werner Kogler betonte, dass die Welt mit dem Tod von Franziskus „eine große geistliche und ethische Instanz“ verliere. Unmissverständlich sei auch sein Bekenntnis und Engagement für den Umwelt- und Klimaschutz gewesen.
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