Pflegekrise

Werden wir bald von Robotern gepflegt?

Innenpolitik
22.04.2025 21:30

Das Problem fehlender Pflegekräfte wird seit vielen Jahren diskutiert, ist aber noch immer ungelöst. Ein erster Schritt wird nun mit der Anerkennung von Pflege als Schwerarbeit gesetzt. Österreich bräuchte aber eine grundsätzliche Umstellung von Geld- auf Sachleistungen. Auch künstliche Intelligenz wird in der Pflege immer wichtiger.

Roboter als Gesellschafter und für persönliche und biografische Gespräche haben ein großes Potenzial und werden jetzt schon in der Pflege eingesetzt. „Wir können sie mit Daten zu den jeweiligen Personen füttern und sie helfen uns unsere Befindlichkeit zu fördern und individualisiert unser Anliegen und Wünsche zu besprechen. Persönliche Ansprache ist auch genau das, was bei Pflegemangel immer mehr zu kurz kommt“, sagt Raphael Schönborn, Pflege- und Demenzexperte, im Gespräch mit der „Krone“. Ethische Aspekte seien aber zu berücksichtigen. Derzeit sei das noch ein Randphänomen, „für die Zukunft jedoch bestimmt relevant“.

Raphael Schönborn plädiert für eine Professionalisierung der Hauspflege (Bild: Miriam Eberhard)
Raphael Schönborn plädiert für eine Professionalisierung der Hauspflege

Japan ist Vorreiter in der Entwicklung von Pflegerobotern
So können etwa Demenzkranke durch KI unterhalten und zu Bewegung motiviert werden, sodass es zu weniger Liegezeiten kommt. Ein Thema ist auch assistiertes Wohnen, bei dem zum Beispiel überwacht wird, wo oft der Kühlschrank aufgemacht wird oder die Toilette benutzt wird. Wenn etwas nicht stimmt, schlägt die KI Alarm. In China, vor allem aber in Japan wird an echten Pflegerobotern geforscht, die tatsächlich Handarbeit machen.

Japan investiert umgerechnet zehn Milliarden Euro in Robotersysteme für Pflege. Ebenfalls in Japan entwickelt wurde vor 20 Jahren „Paro“, ein 60 cm langer Kuscheltier-Roboter, der zu therapeutischen Zwecken eingesetzt wird. Paro ist eine Puppe, die dem Jungen einer Sattelrobbe nachempfunden wurde. Sie soll einen beruhigenden Einfluss auf Demenz-Patienten haben. Die Idee geht von Erfahrungen der tiergestützten Therapie aus.

(Bild: Krone KREATIV/stock.adobe.com)

In Österreich werden noch immer 80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen zu Hause hauptsächlich von ihren Angehörigen gepflegt. In Zukunft nimmt aber nicht nur die Zahl der Pflegebedürftigen zu, sondern die Zahl der Angehörigen ab. „2050 geht man davon aus, dass sich diese Ressource halbiert, also das steigert nochmals diesen Druck auf die Pflegekräfte“, so Schönborn. Es brauche ein grundsätzliches Umdenken. In skandinavischen Ländern wird Pflege viel weniger als Privataufgabe gesehen, sondern als öffentliche Aufgabe. In Österreich werde über Pflegegeld, Pflegegeheimbonus und der gleichen viel Geld ausgeschüttet. „Das ist alles nicht treffsicher, wir müssten das Geld in professionelle Pflege investieren.“

Betreuung zu Hause muss qualifiziert werden
In den Niederlanden gibt es ein Vorzeigeprojekt namens Buurtzorg („Nachbarschaftspflege“). Bei diesem Pflegekonzept organisiert ein selbstständiges Team von etwa zehn Personen seine Arbeit eigenverantwortlich, einschließlich der Planung und der Kommunikation mit Hausärzten. Ein zentrales Ziel des Modells ist es, Familie und Nachbarschaft einzubeziehen und die Selbstständigkeit der Patienten zu unterstützen. „Die haben mit gleichem Aufwand viel besseren Output, was die Betreuungsqualität betrifft, aber auch was die Zufriedenheit der Mitarbeiter betrifft. Der Trend muss dahingegen, dass man diese mobile Betreuung zu Hause viel stärker qualifiziert, viel mehr aufwertet. Und nicht einfach den Familien Geld gibt und sie müssen selber schauen, wie sie die Pflege ihrer Angehörigen organisieren“, so Schönborn.

Österreich hat in den vergangenen Jahren in Pflegeausbildungen investiert. Zusätzlich gibt es in den Bundesländern, die ja zuständig sind, verschiedene Modelle, um ausländische Pflegekräfte ins Land zu holen. Sie kommen aus Osteuropa, Asien und sogar Südamerika. Das Burgenland hat vor einigen Jahren ein Anstellungsmodell für pflegende Angehörige eingeführt. Durch eine Anstellung bei der Pflegeservice Burgenland GmbH erhalten die Angehörigen Bezahlung, soziale Absicherung und eine Grundausbildung.

Wöginger und Schumann präsentierten die Reform (Bild: APA/HANS KLAUS TECHT)
Wöginger und Schumann präsentierten die Reform

„Einen attraktiven Arbeitsplatz zu schaffen, da tun wir uns schwer. Immer mehr Pflegekräfte verlassen frühzeitig den Beruf. Wir haben eigentlich gar nicht zu wenig Pflegekräfte, die ausgebildet sind, sondern wir haben das Problem, dass die Pflegekräfte den Beruf verlassen“, so Schönborn. Die Aufnahme der Pflege in die Schwerarbeiterverordnung soll den Beruf attraktiver machen. Schwerarbeit bedeutet, dass man mit 60 Jahren in Pension gehen kann, sofern man mindestens 45 Versicherungsjahre hat und in den letzten 20 Jahren mindestens 10 Jahre Schwerarbeit verrichtet hat.

„Für unsere Gesellschaft ist die Arbeit von Pflegekräften eine zentrale Stütze. Die Pflege ist systemrelevant. Es ist in unser aller Interesse, dass es faire Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte gibt“, so Gesundheits- und Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ). „Es ist uns bewusst, dass Pflege einer der härtesten Jobs im Lande ist – Pflege ist Schwerarbeit. Es ist also wichtig, Pflegeberufe dort einzuordnen, wo sie hingehören“, ergänzt ÖVP-Klubobmann August Wöginger.

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