Bis in die frühen Morgenstunden waren Innsbrucker Bergretter damit beschäftigt, zwei völlig überforderte deutsche Abenteurer von der Nordkette hoch über der Tiroler Landeshauptstadt zu bergen. Das Duo traute sich bei Schlechtwetter in 2200 Metern nicht mehr weiter.
„Mädchen in psychischem Ausnahmezustand“ – so lautete die Alarmmeldung, die am Ostermontag gegen 20.45 Uhr bei der Innsbrucker Bergrettung einlangte. Wie sich herausstellte, steckte ein Paar aus der Gegend von Köln – sie 19, er 20 Jahre alt– im Bereich der Felsgestalt der „Frau Hitt“ in 2200 Metern fest.
Hubschrauberflug nicht möglich
„Ein Hubschraubereinsatz war wegen des Schlechtwetters nicht möglich, so fuhren wir mit dem Einsatzwagen auf die Nordkette und stiegen in der Nacht hinüber zu der Position, wo wir die beiden vermuteten“, schildert Innsbrucks Bergrettungschef Bruno Berloffa im Gespräch mit der „Krone“.
Schmalste Steigstelle
Die Einsatzkräfte hatten telefonischen Kontakt mit den Deutschen, sodass deren Position relativ gut ausmachbar war. Wie sich herausstellte, steckten die Wanderer zwischen Frau-Hitt-Scharte und „Frau Hitt“ fest. „Blöderweise im Bereich der schmalsten Steigstelle“, erzählt Berloffa weiter.
Motivation reicht nicht, Tourenplanung gehört auch dazu.
Bruno Berloffa, Ortstellenleiter Bergrettung Innsbruck
Bild: Alberto Bernasconi
Im Schlafsack auf Retter gewartet
Während des Einsatzes herrschte im oberen Bereich dichter Nebel, Graupelschauer setzte ein. „Das Duo war zum Glück gut ausgerüstet und hatte auch Schlafsäcke dabei. Wir haben ihnen telefonisch geraten, sich in die Schlafsäcke zu legen.“
So überstand das unverletzte Paar die Zeit bis zum Eintreffen der acht Bergretter gut. Berloffa: „Wir haben sie dann ans Seil genommen und zurück zur Seegrube geleitet.“ Im Auto wurden die Deutschen später zurück ins Tal nach Innsbruck gebracht.
Wie in der „Piefke-Saga“
Dabei erzählten die Deutschen den Bergrettern Details ihrer Tour, die in eine Folge der „Piefke-Saga“ passen würden. Der 20-Jährige gab wörtlich an, dass sie das große Abenteuer gesucht hätten.
So waren sie mit riesigen Rucksäcken und „voll motiviert“ am Montag von Innsbruck auf die Nordkette gestiegen. Über die „Frau Hitt“ wollten sie eigentlich nördlich hinunter zur Möslalm steigen, um dort zu übernachten. Die hat freilich um diese Jahreszeit geschlossen – entsprechende Informationen zu der Alm hatten sie aber keine eingeholt.
Tourenplanung katastrophal
„Die Tourenplanung war leider katastrophal“, schüttelt der erfahrene Bergretter Berloffa nur den Kopf. Immerhin hätten sie in ihrer Situation noch rechtzeitig Alarm geschlagen. Berloffa: „Das Handy des 20-Jährigen hatte gerade noch fünf Prozent Akkuleistung, im Abstieg zur Möslalm hätten sie aber ohnehin keinen Empfang gehabt.“
Der 20-Jährige versuchte die Harakiri-Aktion damit zu rechtfertigen, dass beide „voll motiviert“ gewesen seien. „Das reicht aber nicht, Tourenplanung gehört auch dazu“, entgegnete ihm Berloffa. „Sie haben halt noch sehr wenig Erfahrung und Lehrgeld gezahlt“, meint der Bergrettungschef.
Einsatzende weit nach 2 Uhr morgens
Der Einsatz endete weit nach 2 Uhr früh – es war übrigens der dritte an dem Tag für die Innsbrucker Bergretter und der siebte insgesamt an Ostern. Berloffa: „Ein großer Dank an unsere gesamte ehrenamtliche Mannschaft!“
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