Löwe gegen Gladiator

Beweis für blutiges Duell in England entdeckt

Wissenschaft
24.04.2025 07:52

Glaubt man bildlichen Darstellungen und schriftlichen Berichten, ergötzten sich die Römer an blutigen Schauspielen, bei denen Menschen mit Löwen und anderen Raubkatzen kämpfen mussten. Archäologische Nachweise, dass es zu diesen Spektakeln nördlich des Mittelmeers kam, sind aber rar. Jetzt wollen Forscher einen solchen gefunden haben.

Ein interdisziplinäres Team aus Großbritannien und Irland glaubt nun, einen Beweis dafür zu haben, dass die Spektakel sogar in den entlegensten Winkeln des Imperiums stattfanden. Sie haben in der einstigen Römerstadt York den ersten archäologischen Beweis für einen Kampf zwischen Gladiator und Raubtier entdeckt. Der Fund gibt neue Einblicke in die Praxis römischer Tierhetzen.

Ungewöhnliche Verletzungen an Skelett
Den entscheidenden Hinweis gaben nun Bissspuren an den Knochen eines mutmaßlichen Gladiators (wissenschaftlicher Namen 6DT19, Anm.), dessen Skelett in der nordenglischen Stadt York entdeckt und der dort vor etwa 1800 Jahren begraben wurde. Die Spuren stammen demnach von einer Großkatze, wie die Forscher in einem in der Fachzeitschrift „PLOS One“ erschienenen Artikel darlegen.

Die Beckenknochen von 6DT19 weisen demnach eine Reihe von Läsionen auf, darunter Quetschungen, vor allem aber kreisrunde, mehrere eng beieinander liegende, bis zu 25 Millimeter tiefe Einbuchtungen (siehe Bild unten), die bis zu seinem Tod nicht mehr verheilten. Wahrscheinlich erlag der Mann seinen schweren Verletzungen.

Der Beckenknochen eines römischen Gladiators, der Bissspuren (Löcher) einer Raubkatze zeigt (Bild: Maynooth University/Anwen Caffell)
Der Beckenknochen eines römischen Gladiators, der Bissspuren (Löcher) einer Raubkatze zeigt

„Erstmals liegen uns physische Belege für die öffentlichen Inszenierungen des Römischen Reiches sowie die gefährlichen Gladiatorenkämpfe vor“, wird der leitende Wissenschaftler Tim Thompson von der Maynooth University in einer Mitteilung zitiert.

Eboracum, wie York damals hieß, spielte eine wichtige Rolle im römischen Britannien: als Stützpunkt verschiedener Legionen, aber auch als Siedlung und Residenz des Provinzgouverneurs. Sogar Kaiser hielten sich dort zuweilen auf. Kaiser Septimius Severus starb dort im Jahr 211. Konstantin der Große wurde in Eboracum im Jahr 306 von seiner Armee zum Kaiser ausgerufen.

Kein Amphitheater, aber ein Gladiatoren-Friedhof
Und obwohl in York bisher kein Amphitheater gefunden wurde, wird angenommen, dass auch dort Gladiatorenkämpfe stattfanden. Stärkster Hinweis darauf ist ein Friedhof aus römischer Zeit, in dem eine auffallend große Zahl von Skeletten junger Männer mit entsprechenden Kampfverletzungen gefunden wurde.

Die Forscher gehen davon aus, dass es sich dabei um Gladiatoren handelte. Eines der Skelette weist Verletzungen auf, die aller Wahrscheinlichkeit nach von einem Löwen stammen. Dass ein solches Tier über Tausende Kilometer aus seiner Heimatregion in den Norden des römischen Britanniens gebracht worden sein könnte, halten sie angesichts der Bedeutung, die Eboracum spielte, durchaus für denkbar.

Löwe hatte begonnen, sein Opfer zu fressen
Sie untersuchten die Verletzungen mithilfe von 3D-Scans und verglichen sie mit den Bissspuren von lebenden Großkatzen an Tierkadavern in Zoos. Dass sie nicht am Oberkörper, sondern am Becken verursacht wurden, weist den Wissenschaftlern zufolge darauf hin, dass es sich nicht um eine klassische Angriffswunde handelt. Falls es ein Kampf und keine Hinrichtung gewesen sein sollte, steht damit auch fest, wer ihn gewann: Der Löwe hatte bereits begonnen, sein Opfer zu fressen.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt