Weniger Autoverkehr, mehr Platz für Radfahrer, Fußgänger, Busse und Straßenbahnen: Das sieht der am Mittwoch präsentierte Mobilitätsplan der Grazer Stadtregierung vor. Konkrete Vorhaben beinhaltet er noch nicht, jedes Projekt muss erst einzeln beschlossen werden. Wie das in der Realität abläuft, wird zum großen Testfall für KPÖ, Grüne und SPÖ – und für die Opposition.
Das Muster ist in Graz seit Jahren ähnlich: Die Stadtregierung, allen voran Vizebürgermeisterin Judith Schwentner von den Grünen, treibt Veränderungen im Straßennetz voran, die mehr Platz für Öffis, Radfahrer und Fußgänger schaffen und den Autoverkehr zurückdrängen. Anrainer, insbesondere Unternehmer, beklagen mangelnde Kommunikation im Vorfeld. Unterstützt werden sie dabei von ÖVP und Wirtschaftskammer. Diese warnen vor dramatischen Folgen und dem Sterben der Innenstadt.
Die radfahrenden, linken „Bobos“ auf der einen, die konservative Bleifuß-Fraktion hinterm Lenkrad auf der anderen Seite: Dieses Bild entsteht in den Köpfen. Es ist aber falsch. Denn die meisten Bewohner der Stadt sind alles: Autofahrer, Öffi-Nutzer, Fußgänger, viele auch Radfahrer. Je nach Weg, Last, Wetter, Laune. Die Stadt und ihre Bewohner sind in Verkehrsfragen also nicht geteilt, nein, nur die Politik ist es.
Der neue Mobilitätsplan hat ambitionierte Ziele, er möchte den Anteil des Autoverkehrs bis 2040 um die Hälfte reduzieren. 29 Stadtgebiete sollen verkehrsberuhigt werden. Der motorisierte Verkehr werde aber nicht ausgesperrt, der Diskussionsprozess sei erst eröffnet, jedes Projekt werde einzeln beschlossen: Das versprach die Koalitionsspitze am Mittwoch. Daran wird sie gemessen werden: mit den Betroffenen reden, Pläne adaptieren, auch eingestehen, wenn sie doch nicht umsetzbar sind. Einfach gesagt: nicht drüberfahren.
Ein Stilwechsel würde aber auch der Stadt-ÖVP guttun. Sie hat den Plan gleich einmal als radikal bezeichnet, anstatt anzubieten, sich konstruktiv einzubringen. Macht die Vertreter der Volkspartei wirklich der Anblick von Autokolonnen glücklich? Definiert sich Lebensqualität in der Anzahl der Parkplätze? Diesen Umkehrschluss könnte man durchaus ziehen.
Ein neuer politischer Stil in Graz wäre wohltuend. Der Ausblick auf das Wahljahr 2026 dämpft die Hoffnung darauf allerdings gehörig.
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