Für großes Entsetzen hat die Wortwahl des FPÖ-Mandatars Peter Wurm bei der Nationalratssitzung am Donnerstag gesorgt. Jene „Horrorszenarien“, vor denen schon der ehemalige FPÖ-Chef Jörg Haider gewarnt habe, seien 40 Jahre später eingetreten – darunter auch eine „Umvolkung“ in Österreich. Weil es sich dabei um einen rechtsextremen Kampfbegriff handelt, der auch unter dem Nazi-Regime verwendet worden war, zeigten sich zahlreiche andere Fraktionen empört und forderten einen Ordnungsruf durch Nationalratspräsident Walter Rosenkranz. Doch dieser blieb aus.
Damit ließ der Parteikollege Wurms die Wogen noch höher gehen. Der Nationalratspräsident argumentierte, dass man das Wort auch in einem anderen Zusammenhang verwenden könne. Für die anderen Fraktionen war dies nicht akzeptabel, eine Sitzungsunterbrechung war die Folge. Schließlich verkündete Rosenkranz, dass man auf die Wiederkehr Wurms ins Plenum warte, der sich dann allfällig noch einmal dazu äußern könne. Später darauf angesprochen, nahm Wurm den Begriff zurück.
„Ein weiterer Tabubruch in der Amtsführung“
Dennoch forderte der ÖVP-Abgeordnete Georg Strasser, dass der Vorfall bei der nächsten Präsidiale thematisiert werden sollte. „Es ist unfassbar, dass sich ein gewählter Mandatar im Hohen Haus solcher Begrifflichkeiten aus der dunkelsten Geschichte unseres Landes bedient. Genauso unfassbar ist es, dass der Nationalratspräsident Walter Rosenkranz verweigert, einen Ordnungsruf dafür zu erteilen“, echauffierte sich der grüne Rechtsextremismus-Sprecher Lukas Hammer. „Der heutige Tag markiert einen weiteren Tabubruch in der Amtsführung durch einen Nationalratspräsidenten“, beklagte die stellvertretende Klubchefin Sigrid Maurer.
Unter „Umvolkung“ verstehen Rechtsextremisten bzw. Rechtspopulisten die angeblich gezielte „Ersetzung“ oder den „Austausch“ einer einheimischen Bevölkerung durch Menschen anderer Herkunft oder Kultur – meist im Kontext von Migration. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Zeit des Nationalsozialismus, wo er im Sinne einer „neuen Volksbildung“ durch Rassenpolitik verwendet wurde. Hier stand vor allem die Aneignung bzw. „Germanisierung“ der besetzten Gebiete in Osteuropa im Fokus.
Das Wort verharmlost oder legitimiert rassistische und fremdenfeindliche Positionen. Es suggeriert, dass Völker „rein“ und unveränderlich seien – ein völkisches Weltbild, das mit demokratischen, pluralistischen Gesellschaften nicht vereinbar ist.
SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer betonte, dass Rosenkranz‘ Aufgabe es sei, „auf die Würde des Hauses zu achten, nicht Schutzpatron für freiheitliche Abgeordnete zu sein“. NEOS-Klubobmannstellvertreter Nikolaus Scherak schaute gleich einmal im Online-Duden nach und fand unter dem Punkt Gebrauch „nationalsozialistisch“ als einzigen Eintrag vor, wie er es in seiner Wortmeldung kundtat.
Elektronisches System streikte
Abermals Aufregung herrschte, als es plötzlich zu einem technischen Problem kam. So funktionierten kurz Mikrofone und Uhr im Plenarsaal nicht. Länger offline war die Homepage des Parlaments. Aus der Parlamentsdirektion hieß es, dass es sich um keinen Angriff auf die elektronischen Systeme handle, sondern um ein internes Problem, das auch schon identifiziert worden sei. Die Systeme würden nun nach und nach wieder hochgefahren.
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