Der Mozart-Mörder – dieses Etikett haftet an Antonio Salieri. Doch gerade in letzter Zeit häuften sich die Rehabilitierungsversuche. Die Mozartwoche stellte Salieris Schaffen 2024 prominent in den Fokus, und das Salzburger Landestheater versucht es nun erneut mit einem Symposium und der Aufführung von Salieris „Die verdrehte Welt“.
Anstatt Salieri immer nur als missgünstigen Neider zu sehen, lohnt sich der Blick auf das, was die beiden tatsächlich unterschied – und das war vor allem ihr Verständnis des Musikerdaseins.
Der Freischaffende gegen den Festangestellten
Während Mozart als freischaffender Komponist ständig auf der Suche nach Aufträgen, Anerkennung und einem zahlenden Publikum war, konnte Salieri sich auf seine – letztlich dreißig Jahre andauernde – Festanstellung als Kapellmeister der kaiserlichen Hofmusikkapelle in Wien verlassen. Was für den Einen Freiheit bedeutete, war für den Anderen Verlässlichkeit. Mozart vertraute auf sein Netzwerk, Salieri auf seine Jobbeschreibung.
Das Genie gegen den Meister des Systems
Mozart war das, was man später als gottgegebenes Talent verklären sollte: ein Mensch, der Regeln nicht nur beherrschte, sondern sie mit Leichtigkeit umging. Salieri hingegen war ein Meister innerhalb der Regeln. Ein musikalischer Handwerker, der Vorgaben verstand, Anforderungen präzise erfüllte und ein gefragter Lehrer war. Neben prominenten Namen wie Beethoven taucht in seiner Schülerliste tatsächlich auch der Name Mozart auf – wobei es sich um Franz Xaver Wolfgang handelt, den Sohn des Komponisten. Die Witwe Constanze Mozart hätte ihren Sohn wohl kaum in die Hände des „Vatermörders“ gegeben
Trotz all dieser Unterschiede waren sich Salieri und Mozart oft näher, als es der ewige Mythos vom Mörder und seinem Opfer glauben machen will. Wortwörtlich belegt das ein Brief Mozarts an seine Frau, in dem er berichtet, Salieri zum gemeinsamen Besuch der Zauberflöte abgeholt zu haben, worüber sich dieser anschließend überaus lobend geäußert habe. Auch auf dem Notenblatt finden sich beide nebeneinander: Zur Feier der Wiedergenesung der von beiden geschätzten Sängerin Nancy Storace komponierten sie gemeinsam ein Lied für die Sopranistin.
Salieri erlebt derzeit eine absolut verdiente Renaissance – als Komponist und kluger Kopf seiner Zeit. Doch den Mythos des „Mozart-Mörders“ wird er wohl nie ganz abstreifen können. Nicht, weil er wahr ist, sondern weil er zu gut funktioniert: Genie gegen Neid, Licht gegen Schatten – zu schön, um wahr zu sein. Und genau deshalb nie auserzählt.
Larissa Schütz
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