Nach dem schnellen Rücktritt von ÖVP-Parteiobmann Karl Mahrer wackeln in der Kleinpartei nun schon die nächsten Sitze. Doch selbst die Neuaufstellung geht nicht ohne Querelen vor sich: Der Job des Partei-Chefs wurde erst nach einer Kampfabstimmung vergeben, als Sieger hervorging Markus Figl.
Nur knapp schrammte die Wiener Volkspartei am bisher schlechtesten Ergebnis in ihrer Parteigeschichte vorbei. 9,24 Prozent wurden im Jahr 2015 erreicht. Damals noch unter Manfred Juraczka. Jetzt waren es um mickrige 0,5 Prozentpunkte mehr. Für ÖVP-Chef und Bundeskanzler Christian Stocker ist das Wahldebakel in Wien die erste Bewährungsprobe. Denn die Wiener ÖVP ist für die kommende Legislaturperiode desaströs aufgestellt. Stocker selbst soll sich also in das Schauspiel eingeschalten und Mahrer zum Rücktritt aufgefordert haben.
Bundes-ÖVP hat Rechnung ohne Wien gemacht
Nach den herben Verlusten und dem enttäuschenden fünften Platz bei der Gemeinderatswahl musste dieser also seinen Hut nehmen. An der Spitze sollte ihm City-Bezirksvorsteher Markus Figl nachfolgen. Mahrer selbst sprach sich für ihn als Nachfolger aus.
„Wir sind stinksauer"
Doch auch das ging jetzt offenbar nicht ohne Konflikte von sich. Denn die Bundes-ÖVP hatte die Rechnung ohne den Wirtschaftsbund gemacht. Die Präsidiumsmitglieder tobten, dass sie den Nachfolger aus den Medien erfuhren. „Wir sind stinksauer“, so ein Mitglied. Vor allem der Wirtschaftsbund rebellierte. Zum Hintergrund: Seit vielen Jahren besteht eine starke Achse zwischen Wiens Bürgermeister und Walter Ruck, dem Präsident der Wiener Wirtschaftskammer. Dieser Flügel der ÖVP erhofft sich eine Regierungsbeteiligung – ihr favorisierter Kandidaten für den Chefsessel ist Daniel Resch, Bezirksvorsteher in Wien-Döbling. Doch in der ÖVP-Bundesparteizentrale ist man der Meinung, als Koalitionspartner von der Wiener SPÖ könne man sich nicht als Stadtpartei erneuern. Es ist eine Art „politischer Glaubenskrieg“ – wie die ÖVP-Stadtpartei ein Comeback schaffen könnte – der in einer Kampfabstimmung mündete.
Weitere Köpfe werden rollen
Doch nach dem schnellen Rücktritt des Parteiobmanns geht das Köpferollen bei den Schwarzen jetzt munter weiter. Auch die Politkarriere von Landesgeschäftsführer Peter Sverak ist schwer angezählt. Schließlich hat er den gewöhnungsbedürftigen Wahlkampf zu verantworten.
Die ÖVP büßte gegenüber der Wien-Wahl 2020 fast elf Prozentpunkte ein und verlor jeden zweiten Wähler.
ÖVP hat nur noch 10 Mandate im Wiener Gemeinderat
Viel weniger Stimmen heißt auch viel weniger Mandate. Statt wie mit bisher 22 Mandataren, wird die ÖVP im neuen Gemeinderat nur noch mit 10 vertreten sein. Wirtschaftsbündlerin Kasia Greco, JVP-Obmann Harald Zierfuß, Partei-Urgestein Ingrid Korosec, Hannes Taborsky und Caroline Hungerländer werden wieder einziehen. Am Wahlabend übte man sich bei der Volkspartei noch in Zweckoptimismus. Schließlich hätten immer noch 100.000 Wiener die ÖVP gewählt, wie Landesgeschäftsführer Sverak in seiner Rede freudig feststellte: „Wir sind definitiv regierungsfähig und das war ein Wahlziel.“ Seither ist es ruhig geworden. Nicht einmal ein Danke an die Wähler ging sich mehr aus. Aus dem Rennen um eine Regierungsbeteiligung dürfte die ÖVP wohl draußen sein.
Porträt: Wer ist Markus Figl?
Seit fast 10 Jahren ist Markus Figl Bezirksvorsteher der Inneren Stadt. „Mehrfach und tagtäglich habe er Kontakt mit den Bewohnern in der City“, wie er einmal gegenüber der „Krone“ erwähnte. Doch dafür könnte der 2-Meter-Mann künftig weniger Zeit haben. Nach dem desaströsen Gemeinderatswahlergebnis der Volkspartei, bei dem die Partei wieder unter die Zehnprozentmarke zurückfiel, rumort es bei den Stadtschwarzen gewaltig. Er muss die Partei jetzt konsolidieren und wieder in ruhigere Gewässer bringen.
Die Politik ist dem 51-Jährigen sozusagen in die Wiege gelegt worden. Er ist der Großneffe von Leopold Figl, dem ersten Bundeskanzler der Zweiten Republik Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach der Matura und dem Grundwehrdienst studierte er Rechtswissenschaften und Politikwissenschaften an der Uni Wien sowie an der Katholischen Universität Löwen in Belgien. Anschließend war er in einer Anwaltskanzlei tätig.Seine politische Karriere begann Figl im Jahr 1999 als parlamentarischer Mitarbeiter von Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger. Figl ist verheiratet und Vater von vier Kindern.
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