Seit Jahren versorgen nordafrikanische Banden vom Balkan aus den Wiener Drogenmarkt mit Lieferungen von hochwertigem Kokain und Cannabis. Nun gelang der AG Maghreb der Polizei ein großer Schlag gegen die organisierte Kriminalität – in Wien und der Steiermark wurden knapp 400 Kilo sichergestellt.
Schon 2015 wurde im Landeskriminalamt Wien die AG Maghreb gegründet, da Straßenhändler aus Algerien und anderen nordafrikanischen Staaten in Wien zunehmend zum Problem wurden. Die losen Banden professionalisierten sich jedoch über die letzten Jahre rasant – und schwangen sich zur dominierenden Gruppe im Drogenhandel der Bundeshauptstadt auf. Was sie bieten können, sind günstige Drogen in bester Qualität. Die Ware, so ein Ermittler zur „Krone“, weise teilweise „einen für die Konsumenten extrem gefährlichen Reinheitsgrad“ auf.
Brunnenmarkt: Stichopfer flüchtete aus Spital
Das Problem: Die Mitglieder der Banden leben äußerst integriert, fallen polizeilich kaum auf, geben sich stets freundlich zu ihrem Umfeld. Gleichzeitig tragen sie ihre Streitigkeiten mit unfassbarer Brutalität offen auf Wiens Straßen aus. So schleppte sich Ende März, wie berichtet, ein 26-Jähriger blutüberströmt mit Halsstich am Ottakringer Brunnenmarkt zur Polizei. Zuvor war er von anderen Nordafrikanern in einer Wohnung attackiert worden. Wenige Tage später „befreiten“ ihn Bekannte übrigens aus dem Spital.
Die Verdächtigen führen ein möglichst unverdächtiges Leben mitten in Wien. Sie gelten als integriert in ihren Hausgemeinschaften und schauen penibel darauf, keine Polizeieinsätze auszulösen.
Ein Ermittler zur „Krone“
„Koks“ und Cannabis zwischen Gemüse und Bohrmaschinen
Doch auch die Ermittler der AG Maghreb beobachten die Nordafrikaner. Und kamen darauf, dass jene ihr Suchtgift selbst vom Balkan aus nach Österreich transportieren lassen müssen. Wie nun klar wurde, nutzen sie dafür handelsübliche Logistikunternehmen. Versteckt zwischen Bohrmaschinen und Gemüse, werden auf Sattelschleppern Umzugskartons zwischen der legalen Ware versteckt. Deren Inhalt: Cannabisharz, Haschisch, Kokain.
Polizei beschattete Sattelschlepper von Grenze bis nach Hartberg
Am 9. April gelang den Ermittlern in den frühen Morgenstunden der erste große Zugriff. Ein Lkw wurde von Polizisten ab dem Grenzübergang Spielfeld in der Steiermark beschattet und fast bis ins oststeirische Hartberg verfolgt. Dort erfolgte unter dem Vorwand einer Kontrolle der Zugriff – in der Fahrerkabine stießen die Ermittler gleich auf ein Kilo Kokain. Der Großteil, nämlich 141 Kilo Cannabis, waren jedoch in 13 Kartons im Laderaum versteckt. Die Lieferanten, ein 47-jähriger Serbe und ein Bosnier (38), wurden festgenommen. Auch 10.000 Euro stellten die Autobahnpolizeien Hartberg und Graz West sowie die Fremdenpolizei sicher.
Niemand rutscht einfach in dieses Milieu ab. Die Köpfe der Banden kennen jedes Mitglied und sämtliche Namen aus dessen Familie. Es geht um Ehre – auch jene der Familie.
Ermittler zur Rekrutierung der Drogenbanden
Kleine Sackgasse am Wiener Liesingbach als Umschlagplatz
Auch die Osterfeiertage hindurch wurde fieberhaft im Rahmen der Operation „Backlash“ nach weiteren Lieferungen gesucht. Mit Erfolg, denn am 22. April um 21.15 Uhr konnte mit Unterstützung des EKO Cobra eine weitere Zustellung verhindert werden. Mitten in der Bundeshauptstadt suchten sich die Nordafrikaner mit der Liesinger Sulzengasse eine unscheinbare Sackgasse am Liesingbach. In einem Lkw wollten drei Montenegriner (35, 44, 46 Jahre alt) 241 Kilogramm Cannabis und ein Kilo „Koks“ mit Sporttaschen in einen Kleinlaster umladen, als die Handschellen klickten. Ein Täter befindet sich noch auf der Flucht.
Zusammenhang mit berüchtigten Clans unklar
Die Verdächtigen selbst wohnen übrigens alle in Wien – es kam in Wohnungen und Kellern in den Bezirken Landstraße, Margareten, Favoriten und Simmering zu Hausdurchsuchungen. Dabei wurden in den Drogendepots neben 20.000 Euro unter anderem auch Geldzählgeräte sichergestellt. Der Straßenverkaufswert der bisher sichergestellten Drogen beträgt um die vier Millionen Euro. Ein Zusammenhang mit den Verbrechen der berüchtigten und miteinander verfeindeten Drogenclans Kavac und Skaljari, deren Fehde sogar schon zu Morden auf offener Straße in Wien führten, wird aktuell untersucht.
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