Milde Strafen

6-Jährige gequält: „Sie haben ihre Seele ermordet“

Steiermark
28.04.2025 14:33

Das sechsjährige Mädchen hatte so große Angst vor dem gemeinsamen Essen, dass sie schon vorher erbrach. Passierte das, musste sie ihr Erbrochenes essen. Aß sie nicht, musste sie stundenlang auf einem Sessel stillsitzen. Oder ihre Stiefmutter drohte, sie auszusetzen. Beim Prozess gegen den Vater und seine Lebensgefährtin in Leoben fand der Richter am Montag klare Worte: „Ihr Verhalten kommt einem Mord an einer Kinderseele gleich.“

Schon vor Verhandlungsbeginn merkt man der 48-Jährigen an, dass sie im Selbstmitleid schwimmt. Weinend kauert sie auf einer Bank einige Meter vom Saal entfernt, ihr mitangeklagter Lebensgefährte streichelt ihr immer wieder über den Rücken. Von Reue oder Empathie fehlt auch während des Prozesses jede Spur.

Es war die leibliche Tochter der Angeklagten, die den schrecklichen Fall ins Rollen brachte. „Sie zeigte der Polizei Videos der Wahnsinnstathandlungen, die ihr ihre Mutter geschickt hatte“, beginnt Staatsanwältin Stefanie Zwertnig. Zu sehen ist ein aufgelöstes, verzweifeltes, panisches, kleines Mädchen, das von einer aggressiven Stimme aufgefordert wird zu essen. „Rea net, iss!“, schimpft die 48-Jährige im Video.

Richter Roman Weiß rang öfter mit der Fassung angesichts der Empathielosigkeit der Angeklagten. (Bild: Eva Stockner)
Richter Roman Weiß rang öfter mit der Fassung angesichts der Empathielosigkeit der Angeklagten.

Systematische Drohungen
„Das Kind erbricht sich auf den Teller, doch sie hört nicht auf“, schildert die Anklägerin. „Einmal drohte sie der Kleinen sogar, sie auf der Straße auszusetzen. Ein klares Beispiel, welche psychische Gewalt ausgeübt wurde.“ Dazu die Drohung, die Videos allen zu schicken, „damit sie wissen, welchen Zirkus du machst.“

„War das mit dem Essen normal für Sie?“, fragt Richter Roman Weiß die von oben bis unten tätowierte Angeklagte. „Nein, eh nicht. Aber es hat ihr ja nie was gepasst. Sie hat nichts gegessen.“ – „Sie haben sie unter Druck gesetzt, bis sie erbrochen hat.“ – „Erbrochen hat sie schon vor dem Essen.“ – „Nein, weil Sie sie gezwungen haben!“ „Ja, okay, das auch“, zuckt die Arbeitslose die Schultern.

Als Elend und Schande beschimpft
Der Richter zeigt der Frau ein Video, in dem sie das Mädchen als Tschopperl, Elend und Schande beschimpft. „Ich will das Video gar nicht sehen“, schaut die Angeklagte zur Seite. „Setzten Sie mich jetzt nicht unter Druck“, mault sie in aggressivem Ton in Richtung des Vorsitzenden, „Sie wissen auch nicht alles.“ Was ihr eine saftige Rüge einbringt.

„Es bricht mir das Herz, wenn ich diese Videos sehe“, sagt der Richter in Richtung Stiefmutter, „haben Sie die Kleine nicht gemocht?“ – „Doch, ich habe alles für sie getan. Vielleicht war ich betrunken und hatte Tabletten genommen.“ – „Und das rechtfertigt alles?“, poltert der Richter. „Nein, ich war überfordert und ganz alleine. Es war ein Hilfeschrei. Aber niemand hat ihn wahrgenommen.“

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Das Kind muss weg, es soll ins Heim, ich mach es fertig.

Aussage der Angeklagten gegenüber einer Freundin

„Sie ist der Teufel!“
„Das Kind muss weg, es soll ins Heim, ich mach es fertig“, soll die 48-Jährige gegenüber einer ehemaligen Freundin gesagt haben. Und dass alle glauben würden, sie sei ein liebes Kind, „dabei ist sie der Teufel!“ Zudem hätte sie die Freundin aufgefordert, gegenüber der Polizei auszusagen, dass sie eine liebe Mutter sei und immer gut zu dem Mädchen gewesen ist.

Vor Gericht windet sich die Freundin dann, blickt immer verzweifelt zur Angeklagten, will die Aussage nicht mehr bestätigen. „Muss ich antworten?“, fragt sie. Erst als Richter Roman Weiß sie mehrmals nachdrücklich auf die Wahrheitspflicht hinweist, gesteht sie alles ein. „Sie wollte nicht als böse Mutter dastehen. Früher war sie zu ihren Kindern eine liebe Mama.“ So lieb, dass die eigenen Kinder sie vor Gericht belasten …

„Der Gewinn dieses Verfahrens ist, dass das Mädchen nicht mehr in den Händen dieser beiden Menschen ist und fremduntergebracht wurde“, betont die Staatsanwältin zum Schluss, die dem mitangeklagten Kindvater das Wegschauen und zugleich Mitdemütigen zum Vorwurf macht. „Sie sind ihr Vater, sie hätten was machen müssen.“

„Mir graut vor Ihnen“
Der Einzelrichter verurteilt die Stiefmutter zu 15 Monaten auf Bewährung und den vorbestraften Vater zu einem Jahr, davon drei Monate unbedingt. „Mir blieb vom Gesetz her nichts anderes über, als eine bedingte Strafe auszusprechen“, sagt Roman Weiß in Richtung der Angeklagten. „Was Sie ihrer Stieftochter angetan haben, ist eine Sauerei. Mir graut vor Ihnen. Es stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber die richtigen Vorgaben gemacht hat. Denn das kommt einem Mord an einer Kinderseele gleich.“ Und zum Vater: „Sie hätten die Pflicht gehabt, das Verhalten zu unterbinden, stattdessen haben Sie mitgemacht.“

Das Paar nahm das Urteil an und fuhr gemeinsam nach Hause. Da die Staatsanwältin auch keine Einwände hatte, ist alles rechtskräftig.

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