In Margareten weht ein neuer Wind – und der trägt die Farbe Grün. Erstmals übernimmt ein Vertreter der Grünen das Ruder im 5. Bezirk. Die SPÖ hat sich mit den internen Querelen keinen Gefallen getan. Nun steht auch das amtliche Endergebnis der Wien-Wahl 2025 fest.
Michael Luxenberger heißt der Mann, der künftig dort Bezirksvorsteher sein wird, wo der Durchzugsverkehr regiert und Grünflächen Mangelware sind. Der 33-Jährige steht sinnbildlich für den politischen Aufbruch. „Margareten ist ein Rohdiamant, der noch den richtigen Schliff braucht“, beschreibt Luxenberger seinen Heimatbezirk – und steckt damit die Marschrichtung ab: weniger Autos, mehr Grün, mehr Lebensqualität.
Jahrhundertchance U-Bahn-Bau
Die Grünen haben geschafft, was noch nie gelang: Die SPÖ, jahrzehntelang tonangebend in Margareten, wurde bei der Bezirksvertretungswahl überholt. Ein Erdrutsch war es keiner, eher ein politisches Seiltanzen mit sicherem Tritt. Luxenberger spricht von einer „größeren Bewegung“, die diesen Wechsel möglich gemacht habe. Während die Sozialdemokraten interne Machtkämpfe austrugen und kurz vor der Wahl die eigene Bezirksvorsteherin absetzten, punkteten die Grünen mit Bürgernähe. „Wir hatten immer ein offenes Ohr, sind zu den Leuten hingegangen und haben sie bei ihren Anliegen unterstützt“, so Luxenberger im Gespräch. Besonders der U-Bahn-Bau, der Margareten derzeit aufreißt wie ein Chirurg den Brustkorb, wird von ihm nicht als Belastung, sondern als „Jahrhundertchance“ gesehen. Die Vision: Verkehrsberuhigte Grätzel, sichere Radwege und ein grüner Margaretenplatz als pulsierendes Herzstück des Bezirks.
SPÖ im freien Fall
Der Machtwechsel ist jedoch nicht nur Ergebnis grüner Stärke, sondern auch Ausdruck sozialdemokratischer Schwäche. Zweimal innerhalb von fünf Jahren wurde eine Bezirksvorsteherin von der eigenen Partei abgesägt. Erst Susanne Schaefer-Wiery, die danach öffentlich die Grünen empfahl, nun Silvia Jankovic, die kurz vor der Wahl überraschend durch Christoph Lipinski ersetzt wurde. „Das ist nicht die Kontinuität, die sich die Menschen wünschen“, kommentiert Luxenberger die Turbulenzen der Konkurrenz nüchtern.
Ein Bezirk zwischen Stau und Sprachbarrieren
Die Herausforderungen im 5. Bezirk bleiben gewaltig. Margareten ist so dicht besiedelt wie Manhattan, doch statt Wolkenkratzern wachsen hier vor allem Verkehrsprobleme. Staus prägen das tägliche Bild, dazu kommt das Dauerthema Integration – viele Kinder können dem Unterricht sprachlich kaum folgen.
Luxenberger weiß, dass Pflastersteine allein keine Politik machen. „Es braucht ein Gesamtverkehrskonzept, eine Vision, wie der Bezirk in Zukunft aussehen soll“, fordert er. Einzelmaßnahmen hätten in der Vergangenheit nur den Verkehr von einer Gasse in die nächste verdrängt. Damit soll nun Schluss sein.
Vom Lehrer zum Bezirksschef
Luxenberger, früher Lehrer für Geografie und Englisch, zuletzt in der digitalen Kommunikation tätig, wird bald hauptberuflich Bezirksvorsteher sein. Seine politische Karriere bei den Grünen begann 2019, seit 2023 ist er Bezirksobmann. Die Zeiten innerparteilicher Querelen – wie der Abspaltung des früheren Spitzenkandidaten Thomas Kerekes – sieht er als überwunden an: „Wir haben jetzt ein diverses, stabiles Team, das gute Arbeit leistet.“ Die Margaretner haben gewählt – jetzt müssen die Grünen liefern.
Amtliches Endergebnis steht nun fest
Die SPÖ kam bei der Gemeinderatswahl damit auf 39,4 Prozent der Stimmen, was gegenüber der Wahl im Jahr 2020 ein Minus von 2,2 Prozentpunkten bedeutet. Die FPÖ, die nach ihrem Ibiza-bedingten Absturz 2020 von einem Wert von nur 7,1 Prozent startete, konnte sich nahezu verdreifachen und landete bei 20,4 Prozent der Stimmen. Ihren Stimmenanteil fast halten konnten die Grünen mit 14,5 Prozent. Sie mussten von 14,8 Prozent aus dem Jahr 2020 nur 0,3 Punkte abgeben. Zulegen konnten die NEOS – und zwar um 2,5 Punkte (2020: 7,5 Prozent). Mit 10 Prozent überholten sie die ÖVP. Die Volkspartei erlitt am Sonntag einen massiven Einbruch. Von den 20,4 Prozent aus dem Jahr 2020 verloren sie 10,8 Prozentpunkte, was das größte türkise Minus in der Hauptstadt überhaupt bedeutete und kamen auf nur mehr 9,7 Prozent.
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