„Krone“-Kommentar

Demokratie  ohne Wähler

Analysiert für die „Krone“: Andreas Mölzer

(Bild: Krone KREATIV/stock.adobe.com)

Das Ergebnis der Wiener Wahl war für die in unserer Bundeshauptstadt bisher regierenden Parteien ein überaus beruhigendes: Es kann trotz der Verdreifachung der blauen Opposition alles so weitergehen wie bisher. Weitgehend untergegangen sind da allerdings die harten Zahlen hinsichtlich der Wahlbeteiligung. Diese betrug nämlich kaum 60 Prozent.

EINERSEITS ist schon klar, dass es eben keine Wahlpflicht mehr gibt und dass das Ergebnis – wie hoch oder gering die Wahlbeteiligung auch immer sein mag – demokratisch legitim und bindend ist.

ANDERERSEITS sollte man sich vergegenwärtigen, dass die Wiener Wohnbevölkerung gegenwärtig etwas über zwei Millionen Menschen zählt. Davon waren 1,1 Millionen wahlberechtigt. Und von ihnen haben nur 59,77 Prozent, also 663.000 Menschen, gewählt. Da könnte man schon zur Ansicht kommen, dass der Demokratie die Wähler, also die Demokraten, ausgehen.

Das bedeutet nun, dass sich der regierende Wiener Bürgermeister, der das Ergebnis als große Bestätigung seiner Politik interpretiert, mit den 256.000 SPÖ-Wählern nur auf die Zustimmung von etwa 12 oder 13 Prozent der Wiener Wohnbevölkerung berufen kann. Überdies führt uns das vor Augen, dass die autochthonen Wiener, also die „angestammte“ Bevölkerung, im Vergleich zu jenen Hunderttausenden Menschen ohne Staatsbürgerschaft und zu den zahlreichen bereits Eingebürgerten mit Migrationshintergrund längst die Minderheit in ihrer eigenen Stadt sind.