Der Handelsverband und Greenpeace fordern von der Bundesregierung und der EU-Kommission Maßnahmen gegen die chinesischen Onlinehandel-Plattformen Temu, Shein und AliExpress. Die Paketflut aus Fernost gehe auf Kosten der europäischen Händler und Verbraucher sowie der Umwelt.
Das sagte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will zur APA. „Shein und Temu fluten Europa mit Billigprodukten, die oft gefährliche Chemikalien enthalten“, warnte Greenpeace-Vertreterin Ursula Bittner.
Der unangefochtene Onlinehändler in Österreich ist weiterhin der US-Konzern Amazon. Temu und Shein liegen hierzulande aber gemessen am Online-Umsatz bereits auf Platz 4 bzw. Platz 9, geht aus Zahlen des Marktforscher Nielsen IQ hervor. 2024 wurden 4,6 Milliarden Pakete mit Waren unter 150 Euro aus Fernost nach Europa geliefert, zwei Drittel davon falsch deklariert, verwies der Handelsverband auf Zahlen der EU-Kommission. Durch die hohen US-Zölle rückt Europa nun noch stärker in den Fokus der Plattformen. „Frächter haben uns informiert, dass der Umlenkungseffekt da ist“, sagte der Handelsverband-Geschäftsführer.
Vier Maßnahmen gegen Paketflut gefordert
Um den Paketboom einzudämmen, drängen Handelsverband und Greenpeace auf eine Senkung der 150-Euro-Zollfreigrenze auf 0 Euro und mehr Ressourcen für Zollbehörden sowie strenge Importkontrollen. Weiters müsse eine Paketabgabe auf unverzollte B2C-Sendungen von Drittstaaten-Plattformen eingeführt werden. Bei wiederholtem Rechtsbruch von EU-Vorgaben müsse auch eine temporäre Sperre der Plattformen möglich sein, fordern Handelsverband und Greenpeace im gemeinsamen „4-Punkte-Plan“.
Frankreich hat für kleine Warensendungen aus nicht-europäischen Ländern Gebühren in Höhe von „mehreren Euro pro Päckchen“ vorgeschlagen. Diese sollten die Importeure oder die Online-Plattformen zahlen, nicht die Verbraucherinnen und Verbraucher, sagte Haushaltsministerin Amélie de Montchalin am Dienstag. Im Visier sind vor allem Päckchen von Billigwarenanbietern wie Shein und Temu.
Waren von Fernost-Plattformen teils mangelhaft
Greenpeace hat Waren von Fernost-Plattformen gekauft und in den Proben teils gefährliche Chemikalien entdeckt, die gegen EU-Grenzwerte verstoßen. „Dieses Geschäftsmodell ist nicht nur ein Sicherheitsrisiko für die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern basiert auf unfairen Arbeitsbedingungen und gefährdet die Umwelt“, so Greenpeace-Vertreterin Bittner.
Das Schweizer Fernsehsender SRF hat kürzlich sieben Sonnencremes bei Temu erworben und im Labor untersuchen lassen. Das Resultat sei „desaströs“ gewesen, heißt es im Bericht. Auch die deutsche Stiftung Warentest hat sieben Onlineportale mit Billigware aus Fernost untersucht. „Das Risiko, für ein vermeintliches Schnäppchen Elektroschrott um die halbe Welt transportieren zu lassen, ist hoch“, heißt es im Bericht.
Den Wareneinkauf von österreichischen Händlern in China und von Privatkäufern über Fernostplattformen könne man nicht vergleichen, betonte der Handelsverband-Geschäftsführer. Der heimische Handel müsse sich „an alle Gesetze halten“ und habe chinesische Bezugskanäle, die zertifizierte Waren verkaufen. „Man kann Schrott importieren. Man kann auch Produkte importieren, die den europäischen Vorschriften genügen“, so Will. Außerdem müssten die österreichischen Händler „voll Zoll zahlen.“
Regierung sieht Handlungsbedarf
Auch für die neue Sozial- und Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) sind die Billig-Warenlieferungen von Temu, Shein & Co „ein unglaubliches Problem“. Dies könne man „nicht auf österreichischer Ebene lösen“, sondern nur gemeinsam als Europäische Union, sagte Schumann Mitte April beim Handelskolloquium des Handelsverbandes. „Das ist einer der großen Gefahren für unseren Handel.“ Auch müsse sichergestellt werden, dass die über Temu und Shein verkauften Produkte nicht gesundheitsgefährdend seien, so die Konsumentenschutzministerin. Der Handelsverband hat die Causa Shein und Temu ebenfalls beim neuen Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) deponiert. Das Thema sei auf Regierungsebene angekommen.
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