Die schweren Jungs waren zu lauter Musik direkt aus den Zellen des einstigen Hochsicherheitsgefängnisses "The Rock" auf Alcatraz gekommen. Sie schritten mit finsterer Miene die Treppe in den Innenhof, wo einst Schwerverbrecher wie Al Capone ihre Runden drehten, hinab. Im gleißenden Scheinwerferlicht waren gewaltige Muskelberge, riesige Tätowierungen, silberne Diamant-Ohrringe und aufblitzende Zahnlücken zu sehen.
Mittendrin unter den 64 Startern war Toni Blazan. Der Bundesliga-Spieler von St. Pölten, der die von der "Krone" präsentierte Österreich-Qualifikation für das Basketball-Spektakel in San Francisco gewonnen hatte, war mit 21 Jahren einer der jüngsten Teilnehmer. Der Salzburger zeigte von Beginn an, dass er völlig furchtlos war. Immer wieder klopfte er sich beim Aufwärmen auf die Brust, wippte rhythmisch zur Musik, tänzelte wie ein Boxer.
Gleich im ersten Kampf wartete mit Olushala Ajanaku aus Florida ein großes Kaliber. Es entwickelte sich ein intensiver Schlagabtausch. Toni zeigte sein ganzes Repertoire: Dreipunktwürfe, rasante Moves und Dribblings zum Korb, starke Defense. Am Ende gewann er die fünfminütige Schlacht 13:12. Am Spielfeldrand nickte ein gewisser Blake Griffin, seines Zeichens NBA-Superstar bei den Los Angeles Clippers und Botschafter des Turniers, erstmals anerkennend mit dem Kopf. Den nächsten Gegner aus Aserbaidschan vernaschte Toni mit 14:2.
"Who is that kid?"
Als der Österreicher in einem dramatischen Match auch noch den hoch gehandelten Amerikaner Yahosubia Craig mit der letzten Aktion 12:11 eliminiert hatte, fragte TV-Legende und NBA-Experte Ric Bucher begeistert: "Who is that kid?" Das fragten sich auch der zweifache Turniersieger Hugh "Baby Shaq" Jones und Vorjahresfinalist Lukas Kraus, die da schon lange ausgeschieden waren.
Als nächster Gegner wartete auf Blazan im Viertelfinale der 120 Kilogramm schwere Santwon Latunde. Der Amerikaner schickte gleich am Anfang mit einem Foul den St. Pöltener Bundesliga-Spieler auf den Asphalt, um sich Respekt zu verschaffen. Doch Toni ließ sich nicht den Schneid abkaufen. Das Verteidigen gegen den Koloss, der mit seinem mächtigen Hintern unter dem Korb die Hoheit hatte, war allerdings brutal schwer. So kam der Amerikaner immer wieder zu Korblegern. Toni hielt mit Distanzwürfen und Tempo-Basketball dagegen. Er spielte, der Gegner zerstörte. Am Ende fehlte das nötige Glück, sodass die US-Walze 12:11 gewann.
Niemand Geringerer als Blake Griffin tröstete den Österreicher als Erster. Der Superstar kam aufs Feld, klatschte mit ihm ab und sagte: "Du warst der bessere Spieler." Aber Blazan realisierte das gar nicht richtig. Minutenlang versteckte er sich nach dem Match unter einem Handtuch, murmelte immer wieder: "Wegen einem Punkt, wegen einem Punkt, das darf nicht wahr sein." Was im Semifinale möglich gewesen wäre, sah man im Anschluss. Latunde verlor erst in der Verlängerung gegen Tarron "The Beast" Williams, der dann im Finale den Spanier Sergio de la Fuente souverän bezwang.
Bei der "Flucht" von Alcatraz kurz nach Mitternacht war bei Blazan die erste Enttäuschung aber verflogen: "Ich habe Amerika gezeigt, dass auch Österreich Basketball spielen kann." "Toni the Kid" aus St. Pölten hat sich bei den ganz schweren Jungs Respekt verschafft.
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