Wenn sanfter Nebel durch die engen Gassen zieht, dann steht die Zeit still. So schön die "Goldene Stadt" im Sonnenschein glänzt, sobald weiße Schwaden an den mittelalterlichen Mauern und Brücken vorbeischleichen, scheinen die Geister der Geschichte wach zu werden. Prag ist zu jeder Jahreszeit zauberhaft, aber gerade im Herbst und Winter lädt das böhmische Juwel ein, auf verwunschenen Pfaden zu wandeln.
Hollywood des Ostens
Paris mag für viele das pochende Herz der Romantik sein, wir haben uns jedoch in den magischen Charme von Prag verliebt. Die wunderschön restaurierte Altstadt mit ihren dicken Steinmauern, bunten Hausfassaden und holprigem Kopfsteinpflaster ist kuscheliger und gemütlicher als die mondänen Boulevards der französischen Cité d'Amour, auf Schritt und Tritt hat man das Gefühl, in den Kulissen eines historischen Liebes-Epos zu wandeln. Kein Wunder, dass die pittoreske Stadt längst als Hollywood des Ostens gilt.
Am Abend wird Prag in warmes Licht getaucht. Um das Flair längst vergangener Tage heraufzubeschwören, imitieren die nostalgischen Straßenlaternen die Gasbeleuchtung von einst. Einige werden tatsächlich noch mit Gas betrieben. Und so kann es passieren, dass einem bei Einbruch der Dunkelheit ein Laternenanzünder in historischer Kleidung begegnet.
Bekannte und weniger bekannte Sehenswürdigkeiten
Neben den bekanntesten Sehenswürdigkeiten wie dem Hradschin, der mächtigen Burganlage, die über der Stadt thront, dem Altstädter Ring mit seinem astronomischen Uhrturm, vor dem sich zu jeder vollen Stunde Touristenscharen versammeln, um die Parade der zwölf Apostel zu beobachten, der einzigartigen Karlsbrücke, deren Figuren abends mystische Schatten werfen, oder dem jüdischen Friedhof, wo Tausende verwitternde Grabsteine morbide Schönheit versprühen, sind es gerade auch die kleineren Ecken, in denen man in liebevoller Eintracht flanieren kann.
Nach einer originellen Stadttour in einem Oldtimer-Cabrio – im Winter besonders romantisch, weil man sich unter der Decke gegen die Kälte eng zusammenkuscheln muss –, kann man das unbekanntere Prag erkunden: Zum Beispiel die Insel Kampa – das "kleine Venedig" liegt direkt zu Füßen der Karlsbrücke. Auf den Geländern der Brücken über den Mühlgraben Èertovka, wo noch heute das alte Mühlrad klappert, bringen Menschen aus aller Welt ihre Liebesschlösser an. Nur wenige Meter entfernt erstreckt sich die John-Lennon-Mauer mit ihren bunten Graffiti. Einst war das Konterfei des Beatle Protest gegen das kommunistische Regime, heute hinterlassen Sprayer hier Botschaften der Liebe und des Friedens.
"Neue Welt" einer der malerischsten Winkel der Stadt
"Neue Welt" heißt einer der malerischsten Winkel der Stadt. Lange Zeit galt Nový Svìt als Geheimtipp echter Prag-Kenner. Und noch immer verirren sich nach Einbruch der Dunkelheit wenige Touristen in das einstige Armenviertel, das im 16. Jahrhundert entlang der Burgmauern entstand. Ein wenig erinnern die kleinen Häuschen an das "Goldene Gässchen", nur ohne die Menschenmassen, die sich durch die berühmte Häuserzeile am Hradschin schieben. Heute haben sich in der alten Neuen Welt zahlreiche Künstler und gemütliche Restaurants eingenistet. Einmal in der Stunde schallt das Marienlied der Glocken der nahe liegenden Loreto-Kirche durch die engen Gassen.
Von hier ist es kein weiter Spaziergang mehr bis zum Petøín, dem Laurenziberg. Dieser höchste der "sieben Hügel" Prags ist eine Pilgerstätte für Verliebte. Über sie wacht das Denkmal des Dichters Karel Hynek Mácha. Ein Kuss vor seinem starren Auge soll die Liebe auf ewig besiegeln. Hier findet man – abseits des Pariser Boulevards, auf dem man seine(n) Liebste(n) mit Luxusgeschenken aus den feinsten Mode- und Schmuckhäusern verwöhnen kann – ein kleines Stück Paris: den "Prager Eiffelturm" – der Aussichtsturm ist eine genaue Nachbildung des Originals, nur fünfmal kleiner. Der Blick hinab auf die "Stadt der Hundert Türme" ist aber mindestens ebenso opulent wie bei seinem großen Bruder. Und der Romantik-Faktor ebenso!
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