"Habe zuvor gebetet"

“Millionenshow”-Sieger im “Krone”-Interview

Adabei
09.12.2013 21:05
Million geknackt! Ein Bummelstudent gewann Montagabend Punkt 21.05 Uhr nach sieben Jahren erstmals wieder die ORF-"Millionenshow". Mit Conny Bischofberger sprach Mathias Stockinger (27) über Glaube, Glück und Geld. In der Infobox finden Sie alle Fragen zum Nachspielen.

Bist du narrisch. Armin Assingers Nerven liegen blank. Mit dem 27-jährigen Medizinstudenten Mathias Stockinger sitzt ihm ein lebendes Lexikon gegenüber, aber auch ein Draufgänger, wild entschlossen, bis zur Million durchzuspielen. Immer wieder kokettiert er mit 500 Euro Trostgewinn, klopft sich auf die Schenkel, wenn die Antwort doch richtig war, und reißt beide Arme in die Höhe. 

"Welches dieser Tiere legt keine Eier, sondern bringt seine Jungen lebend zur Welt?" ist die Millionenfrage. Mathias Stockinger schließt mit naturwissenschaftlichen Details aus dem "Brockhaus" drei Reptilien aus und sagt: Antwort B, der Alpensalamander. Das Publikum wird noch auf die Folter gespannt, dann fallen sich Armin Assinger und Mathias Stockinger in die Arme. Ein Konfettiregen geht nieder - die Million ist geknackt.

Eine Woche vorher (die Sendung wurde bereits am 15. Oktober in Köln aufgezeichnet): Mathias Stockinger ist mit seinem silbernen BMW Z3, "dem einzigen James-Bond-Auto, das nicht vernichtet wurde", wie er betont, von Haschendorf am Neufelder See nach Wien gekommen. Aus den roten Ledersitzen schält sich ein Riese mit neugierigen braunen Augen, Typ Tom Cruise. Den 500-Euro-Schein, den uns die "Krone"-Kassa für die Fotos geborgt hat, würdigt er keines Blickes. Geld ist für den Neo-Millionär nicht viel mehr als eine mathematische Größe. 

"Krone": Acht Wochen lang zu verheimlichen, dass Sie der glückliche Gewinner der "Millionenshow" sind, war das nicht sehr schwer?
Mathias Stockinger: Ich hab's genossen, noch bis zum 9. Dezember ein Niemand zu sein. Nur meine Schwester, die auch mit im Studio war, wusste Bescheid. Aber dann hat es eine Zeitung verraten, das fand ich schade, weil ich meine Familie und meine Telefonjoker bei einem Abendessen vor dem Fernseher damit überraschen wollte.

"Krone": Wie ist es, plötzlich Millionär zu sein?
Stockinger: Ich erzähle Ihnen eine Geschichte. Vor zwei Wochen habe ich mit der Bankomatkarte an der Supermarktkassa gezahlt und hatte Angst, dass ich mein Konto überziehe. Auf dem Kontoauszug stand dann: 999.960. Ich dachte: Puh, ist sich grade noch ausgegangen. (lacht) Ich bin eigentlich ein virtueller Millionär, weil ich das Geld ja nicht habe. Es liegt auf einem Sparbuch zu 1,75 Prozent Zinsen. Mit der Summe macht die Volksbank jetzt wahrscheinlich irgendwelche Geschäfte.

"Krone": Wollten Sie es nicht anlegen?
Stockinger: Nein, nein. Erst dachte ich an mündelsichere Aktien, die mit Triple-A bewertet sind. Aber man hat ja gesehen, was mit Triple-A passiert. Das ist so mündelsicher, wie wenn ich im Casino auf Schwarz oder Rot setze. Manchmal kommt Null und du verlierst alles.

"Krone": Wieso haben Sie nicht etwas am Konto gelassen?
Stockinger: Weil ich nichts brauche. Ich habe alles, was ich zum Leben brauche.

"Krone": Haben Sie sich ausgerechnet, wieviel 500-Euro-Scheine das sind?
Stockinger: Eh nur 2.000. Ein gar nicht so hoher Stoß, 20 Zentimeter vielleicht.

"Krone": Führt Geld Sie gar nicht in Versuchung? Sie könnten sich zum Beispiel einen warmen Kashmirpulli oder einen anderen kleinen Luxus leisten...
Stocinger: Der Pullover, den ich anhabe, ist von H&M, und hat 14,90 Euro gekostet. Der schaut doch cool aus! Ich habe in einem Aufreißer-Buch gelesen, dass teure Sachen nicht besser aussehen als billige. Wichtig ist nur, dass sie passen. Ich kauf mir auch manchmal was am Flohmarkt um drei Euro. Meine Cousine sagt: Früher hast du Designersachen getragen und ausgeschaut wie ein Sandler, heute trägst du Sachen vom Flohmarkt und schaust aus wie ein Lord.

"Krone": Werden Sie Ihrer Familie etwas Geld geben?
Stockinger: Nein, denn in meiner Familie sind alle versorgt. Bill Gates vererbt seinen Kindern ja auch nur einen Pappenstiel. Den Rest hat er in eine Stiftung zum Wohle der Menschheit gesteckt. Es bringt nichts, Leuten Geld zu schenken. Das sieht man ja an den ganzen Lottomillionären: Nach drei Jahren sind sie pleite oder haben sogar noch Schulden. Eine bedrückende Statistik.

"Krone": Was werden Sie mit Bettelbriefen machen?
Stockinger: Wegschmeißen. Was soll ich damit?

"Krone": Werden Sie wenigstens spenden?
Stockinger: Auch das nicht. Da halte ich es wie Henry Ford, der gesagt hat: Ein guter Mensch ist nicht der, der spendet, sondern der, der Spenden unnötig macht. Oder wie es Konfuzius ausgedrückt hat: Der gute Mensch ist nicht der, der einem Hungrigen einen Fisch gibt, sondern der, der den hungrigen Menschen fischen lehrt.

"Krone": Könnte es sein, dass Sie einfach geizig sind?
Stockinger: Nein. Ich werde die Million als Venture-Capital für die Gründung eines weltweit agierenden Unternehmens einsetzen. Damit werde ich wahrscheinlich mehr erreichen, als wenn ich es einer Hilfsorganisation spenden würde. Es klingt vielleicht hochtrabend, aber ich möchte damit die Welt verbessern. 

"Krone": Was wird das für eine Firma sein?
Stockinger: Meine Geschäftsidee ist so aus der Welt, dass sich das niemand vorstellen kann, außer vielleicht mir. Und mein Businessplan ist noch recht vage. Deshalb möchte ich es nicht näher erläutern.

"Krone": Hatten Sie das im Hinterkopf, als Sie Armin Assinger gegenüber gesessen sind?
Stockinger: Nein. Da habe ich nach dem eisernen Grundsatz gespielt: Durchspielen bis zum Schluss! Und dabei nie ans Geld denken!

"Krone": Sondern?
Stockinger: Konzentrieren! Das ist wie beim Sezieren im Medizinstudium: Am Anfang siehst du den Menschen, der tot vor dir liegt, aber sezieren kann man ihn erst, wenn man das ausblendet. Deshalb hab' ich während der Show alle hohen Zahlen ausgeblendet, um mich zu konzentrieren. Die einzige Zahl, die ich vor Augen hatte, war 500. Denn auf 500 Euro hätte ich zurückfallen können. Deshalb dachte ich bis zur Millionenfrage immer nur an diese 500 Euro. Und ich habe auch kokettiert damit.

"Krone": Hatten Sie ein Maskottchen dabei?
Stockinger: Mein Talisman war meine Kleidung. Ich hab' ein altes Maßhemd und Socken von meinem Vater angehabt. Und den Hochzeitsanzug meines Großvaters. Ich habe mir gedacht: Der Anzug meines Großvaters ist perfekt für mein Rendezvous mit dem Schicksal. Leider hat mein Großvater das nicht mehr erlebt. Er ist im November gestorben. Zu Martini hab ich ihm noch gesagt, dass ich in seinem Anzug gespielt habe... Jetzt hat er sicher vor allen anderen erfahren, dass ich gewonnen habe.

"Krone": Sie glauben an ein Weiterleben nach dem Tod?
Stockinger: Ja, sicher. Ich bin katholischer Christ und eigentlich sehr religiös.

"Krone": Herr Stockinger, auf dem Tisch vor uns liegt dieser 500-Euro-Schein. Wirkt er anziehend auf Sie?
Stockinger: Nein. Das Wertvollste, was ich habe, ist ja nicht das Geld. Das Wertvollste sind die Ideen in meinem Kopf. Es gibt ein Sprichwort, das lautet: Reich wird man nicht vom viel Verdienen, sondern vom wenig Ausgeben. Deshalb hinterlassen alte Frauen, die nur von Kartoffeln gelebt haben, manchmal 200.000 Euro auf ihrem Konto. Michael Jackson aber, der Hunderte Millionen verdient hat, nur Schulden.

"Krone": Ist da auch die Angst, dass nach so einer Glückssträhne Pech kommen könnte?
Stockinger: Kennen Sie die Wahrscheinlichkeitstheorie? Wenn Sie sechsmal hintereinander beim Münzewerfen Kopf haben, ist beim siebten Mal die Wahrscheinlichkeit, dass Zahl kommt, nicht höher als vorher.

"Krone": Wird die Million Sie in einem Jahr verändert haben?
Stockinger: Mich wird sie sicher nach zwei Wochen aber auch alles schon wieder vorbei. Ich meine: Wer erinnert sich heute noch an den Sutterlüty? Kein Mensch. Und was hat der mit seinem Geld gemacht? Ich war einmal in einem Sutterlüty-Supermarkt und dachte: Passt, jetzt hat er endlich investiert. Aber dann habe ich gehört, dass das gar nicht seine Supermärkte sind.

"Krone": Sie studieren seit 2006 Medizin, werden Sie das Studium jetzt endlich fertig machen?
Stockinger: Mir fehlt ja nur noch die Diplomarbeit. Und da sieht man wieder, dass die Million nicht hilft. Denn die Arbeit muss ich abliefern, ob mit oder ohne Million. Viele hätten sich drüber geärgert, dass sie so lange nicht fertig geworden sind. Aber ich dachte mir immer: Das hat sicher irgendeinen Sinn.

"Krone": Und welchen?
Stockinger: Dass meine Schwester mich zur "Millionenshow" angemeldet hat. Denn wäre ich bereits im Turnus gewesen, hätte ich keine Zeit gehabt, mir zwei Wochen Urlaub zu nehmen und den "Brockhaus" auswendig zu lernen. Ich denke, das war kein Zufall.

"Krone": Hat vielleicht sogar der liebe Gott die Hand im Spiel gehabt?
Stockinger: Ich sage Nintendo. Das heißt laut Buch des unnützen Wissens "Hart arbeiten, aber die letzte Entscheidung dem Himmel überlassen". 

"Krone": Haben Sie vor der Show gebetet?
Stockinger: Ja, aber ich bin da ziemlich direkt, ich trete vor Gott nicht als Bittsteller auf. Ich habe ihm gesagt, dass es schön wäre, wenn ich die Million schaffe und dass ich alles dafür tun werde. Wenn es aber nicht in seinem Plan vorgesehen sei, dann mache es auch nichts.

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(Bild: kmm)



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