Um das Klischee gleich zu Beginn auszupacken – Babyshambles-Frontmann Pete Doherty ist wie ein Überraschungsei. An guten Tagen liefert er Konzerte am Rande der Indie-Rock-Genialität, an schlechten ziehen sich Skandale und Skandälchen wie ein roter Faden durch das Set, an furchtbaren kann es schon mal passieren, dass die Bühnenbretter seine Füße überhaupt nicht spüren. Im bis zum letzten Rand ausverkauften Wiener Gasometer scheint anfangs noch alles gut zu klappen. Vorfreudig-gute Stimmung im Publikum, ein nur 20 Minuten zu spät kommender Topstar und eine herzerfrischende Darbietung seines Top-Hits "Delivery" lassen auf Großes hoffen.
Dürftige Stimmleistung
Doch wirklich fit wirkt Doherty zu keiner Sekunde, torkelt immer wieder ziellos über die Bühne, wirft seinen Roadies nach "Seven Shades" die Gitarre entgegen und dem Publikum volle Bierbecher zu. Zudem glaubt man den Briten am Rande der Dehydrierung, so gierig ölt er nach jedem Song seine Kehle. Neben einer motiviert aufspielenden Backing-Band hapert es auch an der Technik. Ein völlig verzerrter Mikrofon-Sound paart sich mit der ohnehin dürftigen Stimme des Sängers und stört dabei die Energie von Songs wie "Nothing Comes To Nothing" oder "Penguins".
Natürlich setzen die Babyshambles den Fokus auf das Material des neuen Albums "Sequel To The Prequel", das nach aufkommender Kritik von Experten zumindest live einen guten Eindruck hinterlässt. Doherty zeigt sich während der Kompositionen als Meister der Gesten. Wellenrudern mit den Händen, Schwingen des Mikrofons oder kurze Sitzpausen mitten in den Songs – der 34-Jährige bietet mehr Entertainment als Qualität und liefert mit der programmatischen Strubbelfrisur und dem latenten Hang zum kurz bevorstehenden Exzess eine Performance am Beckenrand des guten Geschmacks.
Konzert kurz vor dem Abbruch
Nachdem die bisherige Tour des Exzentrikers ohne grobe Zwischenfälle verlief, musste es in Wien so weit kommen. Während "Farmer's Daughter" bekommt Doherty einen Hartplastik-Bierbecher an den Kopf, rächt sich mit einer Spuckattacke ins Publikum und verlässt samt Band nach dem professionell fertiggespielten Song die Bühne. Ob das Konzert nach nur 45 Minuten weitergehen würde, ist lange unklar, denn die Babyshambles lassen sich eine Viertelstunde Zeit, bis sie sich doch für ein "Comeback" im Gasometer entschließen.
Im zweiten Teil nimmt die Show glücklicherweise doch noch an Fahrt auf. Dohertys wacklige Bühnenpräsenz wird zwar eher noch schlimmer als besser, doch die Becher segeln glücklicherweise an den Bandmitgliedern vorbei und so mancher Klassiker aus den alten Babyshambles-Zeiten weiß die Fans in Begeisterung zu versetzen. Zwischendurch holt der Frontmann noch Wiener Freunde auf die Bühne, wirft mehrmals das Mikrofon ins Publikum und verheddert sich verwirrt wirkend im eigenen Kabelsalat.
Dumme Aktion am Ende
Die ganz großen Hits behält Doherty bis zum Konzertende unter Verschluss. "Albion" sorgt schon für großen Jubel, doch das eingängige "Fuck Forever" zelebriert der Brite oberkörperfrei und unterstützt von mitgrölenden Kehlen aus allen Ecken des Saales. Einen weiteren Fauxpas leistet sich das singende Enfant Terrible am Ende des Songs, als er mehrmals seine rechte Hand gen Publikum reckt und dabei frappant an den Hitler-Gruß erinnert. Mehr Dummheit als Provokation und ein unrühmlicher Abschluss eines maximal durchschnittlichen, aber zu keiner Sekunde langweiligen Konzertabends.
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