krone.at hat einen Hinweis erhalten, demzufolge "von einem Scheunenfund keine Rede" sein kann. Ganz im Gegenteil, das "Egger-Lohner-Elektromobil Modell C.2 Phaeton" (von Porsche kurz "P1" genannt) habe sich sogar bis zum Jahr 2009 im Besitz des Wiener Technischen Museums befunden, das heute noch ein baugleiches "Egger-Lohner-Elektromobil" besitzt. Wohlgemerkt ein bestens erhaltenes, während es sich damals lediglich um ein Gerippe, um eine "Leiche am Depot" handelte, wie Museumsdirektorin Gabriele Zuna-Kratky im Gespräch mit krone.at bestätigt.
Alles nur ein Missverständnis?
Auf Nachfrage erklärte Porsche, es handle sich alles um ein "Missverständnis": "Wir haben kommuniziert, dass der P1 im Jahr 1902 in einer 'Arsenal Remise' abgestellt wurde. Ein entsprechender, von Ferdinand Porsche unterzeichneter Zettel befand sich beim P1." Dies sei von einigen Journalisten leider derart interpretiert worden, dass es sich um einen "Scheunenfund" handelte und der Wagen seit 112 Jahren am selben Ort stand. Über den Fundort etc. habe man jedoch keine Angaben gemacht. "Tatsächlich haben wir bis letztes Jahr nichts von der Existenz des Fahrzeugs gewusst und auch in der Fachliteratur war der P1 bislang nicht beschrieben worden." Somit sei es legitim, von einer "Wiederentdeckung" zu sprechen. Vergangenes Jahr wurde der P1 der Porsche-Familie von einem Oldtimer-Spezialisten zum Kauf angeboten.
Die ursprüngliche von der Porsche AG ausgesandte Pressemeldung lässt allerdings nicht viel Interpretationsspielraum: "Nach 116 Jahren ist das originale und unrestaurierte Fahrzeug wieder gefunden worden."
Porsche oder nicht Porsche ist die Frage
Für Museumsdirektorin Gabriele Zuna-Kratky ist der Hype um das Fahrzeug nicht nachvollziehbar. "Für mich ist das kein Porsche, sondern ein Egger-Lohner. Herr Porsche hat sicher daran mitgearbeitet, den Wagen aber nicht konstruiert. Für Porsche ist das jetzt natürlich eine Riesensache, für uns ist das baugleiche Modell mit der eingeprägten Ziffer 2 viel wertvoller."
Zwei Sachverständigengutachtern ist das "P1", etwa auf den Radnaben, nicht einmal aufgefallen. Gutachter Karl Eder erklärt, warum: "Eine solche Prägung war damals üblich, um festzuhalten, dass ein Bauteil abgenommen bzw. kontrolliert war. Man kann daraus nicht schließen, dass es sich um eine Porsche-Konstruktion handelt."
Tausch gegen zwei andere Fahrzeuge
2009 hat das technische Museum über das "Gerippe" zwei Gutachten erstellen lassen und es - nach dem Okay des Bundesdenkmalamtes - gegen zwei andere Fahrzeuge eingetauscht. Als Wert wurden 30 bis 40.000 Euro taxiert, sagt einer der beauftragten Gutachter. "Den Tausch hätten wir nie gemacht, wenn es das einzige Fahrzeug gewesen wäre, aber das Gerippe hat uns im Tausch zwei wunderbare Stücke eingebracht." Dabei handelt sich um einen Steyr V, bekannt aus "Der englische Patient", und einen Kaimann Mk IV, ein Formel-V-Rennwagen, den einst Niki Lauda am Beginn seiner Karriere gefahren hat.
Hochstimmung bei Porsche
Für Porsche ist der P1 aber dennoch unermesslich wertvoll, Scheunenfund hin oder her. Immerhin ist es das erste Fahrzeug, das (immerhin in Form des mehrfach eingeschlagenen Kürzels "P1") die Handschrift von Ferdinand Porsche trägt. Der damals 22-Jährige ließ das Kürzel in alle wichtigen Bauteile schlagen, um es klar als ersten Porsche zu kennzeichnen. Sagt Porsche.
Für Zuna-Kratky beginnt die Porsche-Geschichte etwas später, nämlich mit dem "Lohner-Porsche", einem Elektroauto, das 1900 gebaut wurde und Porsches bahnbrechende Erfindung, den Radnabenmotor, aufweist. Es steht im Wiener Technischen Museum.
Im Porsche-Museum in Stuttgart-Zuffenhausen kann man hingegen der "P1" besichtigen und diskutieren.
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